Die Vertrauensfrage

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo, Leute! Wem könnt Ihr noch vertrauen - den Politikern, den Wirtschaftsbossen, den Banken, den Anlageberatern? Entscheidet selbst! Vertrauen kann man als „subjektive Überzeugung von der Richtigkeit und Wahrheit von Personen und Handlungen“ definieren. Bei genauerer Beschäftigung mit der Bedeutung des Worts stößt man auf einen Satz, der die Kapitalanleger betrifft: Vertrauen ist ein Phänomen, das in unsicheren Situationen oder bei risikobehaftetem Ausgang einer Handlung auftritt. Denn wer sich einer Sache sicher sein kann, muss nicht vertrauen. Aha. Aber wo gibt es heutzutage noch Sicherheit?

Man muss schon ein voll dickes Fell haben, um die täglichen Negativ-Nachrichten rund ums Geld abschütteln zu können. Deutschlands größte Wirtschafts- und Finanzzeitung hat dem Thema windige Geldanlagen und Betrügereien volle zehn Seiten seiner jüngsten Wochenendausgabe gewidmet. Lesenswert! Dazu kommen noch die immer wieder Misstrauen schürenden Berichte über eine Branche, die eigentlich vom Vertrauen leben sollte - die Banken. Jetzt geht‘s mal nicht um Abschreibungen, Verluste oder Personalabbau: Sagenhafte 47 Milliarden Euro mussten die größten Großbanken in Europa und den USA im vergangenen Jahr an Strafzahlungen leisten! Dazu lese ich in einem Fachdienst, welche Institute am meisten blechen hatten: Die Mega-Banken der Amis wurden mit umgerechnet 36,3 Milliarden Euro deutlich stärker zur Kasse gebeten als ihre europäischen Pendants. Diese mussten insgesamt 10,5 Milliarden Euro aufbringen. Besonders hohe Strafzahlungen werden zumeist von US-Behörden verhängt.

Den unrühmlichen ersten Rang belegt die Bank of America. Diese musste im abgelaufenen Jahr insgesamt 22,4 Milliarden Euro an Strafzahlungen löhnen. Davon fielen allein umgerechnet rund 13,75 Milliarden Euro für die Beilegung einer Untersuchung wegen Verkäufen von Hypothekenanleihen an. Citigroup auf Platz 2 mit 7,6 Milliarden Euro an Strafzahlungen. Wir können aufatmen, meine Freunde, denn die Deutsche Bank landete erst auf Platz 9 mit schlappen 786 Millionen Euro. Ach so, im laufenden Jahr ist unser Marktführer höchstwahrscheinlich ein „Aufsteiger“ allein schon mit den aufgebrummten 2,5 Milliarden Euro für Tricksereien beim Interbanken-Zins Libor.

Wir leben halt im Zeitalter der ganz großen Zahlen. Umso kleiner sind sie bei den Zinsen geworden. Krass. Man stelle sich bitte sehr mal vor, was die Strafzahlungen der Banken in Griechenland bewirken könnten, wenn man sie dort sinnvoll investieren würde. Genauso könnten diese Milliarden die den Politikern unlösbar erscheinenden Hunger- und Flüchtlingsprobleme der Welt sofort spürbar mildern.

Zurück zum Vertrauen mit Wilhelm Busch: „Wer andern gar zu wenig traut, hat Angst an allen Ecken; wer gar zu viel auf andre baut, erwacht mit Schrecken.“ In den genannten Handelsblatt-Schwerpunktseiten werden sieben Regeln aufgestellt, um den Risiken speziell am grauen Kapitalmarkt aus dem Weg zu gehen. Ganz nützlich. Trotz wissenschaftlicher Begründung will ich aber Punkt 5 so nicht hinnehmen: „Vertrauen Sie nicht Ihrem Bauchgefühl!“ Klar, Geldanlage ist Sache des Kopfes. Als alter Fuchs weiß ich aber, dass man sein Bauchgefühl nie übergehen sollte, deshalb: Hirn und Bauch sollten übereinstimmen. Und gibt’s von einer Seite Warnsignale, gilt Plan B: Lasst es vorsichtshalber sein!

boersenfuchs@onvista.de

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