Eine neue Chance für Gold?

Robert Halver · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Der beste Freund von Gold heißt Krise. Und Gold hat zurzeit viele beste Freunde: Der Russland-Konflikt schwelt weiter und das griechische Schuldendrama mag sich im Augenblick versteckt haben, wird aber schnell wieder entdeckt werden. Auch die überbordende Welt-Staatsverschuldung sendet freundliche Signale. Erschwerend kommen die angeschlagenen Volkswirtschaften in Asien hinzu. Beim Blick auf die Probleme der chinesischen Industrie lässt sich nicht mehr nur von China-Böllern sprechen, das reicht schon an Feuerwerk heran: Ein Vertrauensschaden in die unerschütterliche Potenz von Chinas Volkswirtschaft ist bereits eingetreten.

Im Gegensatz zu Geld ist Gold ein knappes, substanzstarkes und wertvolles Gut

Vor diesem Hintergrund betreiben die Notenbanken notgedrungen die wundersame Geldvermehrung, um über künstlich gedrückte Zinsen Schulden- und Konjunkturkrisen zu bekämpfen und Währungen zum Wohle der Exportwirtschaft abzuwerten. Selbst China ist im Sündenpfuhl dieser lasterhaften Geldpolitik angekommen, um seine Marktwirtschaft mit planwirtschaftlicher Nachhilfe vor dem Kollaps zu retten. Lange Zeit war China stolz darauf, eine amerikanische Geldpolitik nicht betreiben zu müssen. Die KP in Peking kommt jedoch mittlerweile zähneknirschend nicht mehr an dieser Sünde vorbei. Auch die asiatischen Anrainerstaaten bekommen die neue Wirtschafts-Sachlichkeit Chinas zu spüren. So hat die japanische Notenbank gar keine andere Wahl, als ihre Wirtschaft mit immer mehr billigem Geld zu stützen. Und über eine nachlassende Unterstützung der EZB muss sich auch niemand sorgen. Erst vor kurzem haben sich unsere sogenannten Währungshüter darüber beklagt, dass die Inflation nicht in die Gänge kommt. Dann muss eben noch ein bisschen mehr Liquidität her. Wie viel? Stellen Sie sich einfach den Rhein bei Schneeschmelze vor. Insgesamt, steht dem Pazifik an Geld nur ein kleiner Gartenteich an Gold entgegen. Und was ist mit der US-Fed? Ja, steigende US-Leitzinsen wären theoretisch Gift für den Goldpreis. Für eine klare Zinswende gibt es aber praktisch keinen Grund. Man muss schon die rosarote Brille aufsetzen, um konjunkturell zufrieden zu sein. Anziehende Leitzinsen führten außerdem zu höheren Kreditzinsen, einem teureren Dollar und damit schwächeren US-Exporten. Ebenso wirkte ein aufwertender US-Dollar wie ein Kapitalfluchtbeschleuniger aus den Schwellenländern. Die Hemmschwelle für Investitionen dort wird immer höher. Deren Zins- und Tilgungsdienst auf die mehrheitlich auf US-Dollar lautenden Kredite wäre auch deutlich erschwert. Nicht zuletzt führt ein starker Dollar zu schwachen Rohstoffpreisen, damit zu sinkenden Staatseinnahmen und schließlich einer schwachen Kaufkraft der Rohstoffländer zulasten der Weltwirtschaft. Man kann die Fed-Direktoriumsmitglieder kritisieren, aber geistesgestörte Welt-Deflationsbetreiber sind sie sicher nicht. Vielleicht braucht Frau Yellen eine Frisurwende, aber die Finanzwelt keine US-Leitzinswende.

Gold bekommt keine Jungen, Zinsanlagen sind aber auch unfruchtbar

Oft wird Gold vorgeworfen, es werfe keine laufende Rendite ab. Sicher, zwei nebeneinander liegende Goldmünzen werden sicherlich niemals durch Fruchtbarkeit auffallen. Aber über dieses Argument kann man nur noch schmunzeln. Zinsanlagen sind doch auch schon längst rendite-unfruchtbar . Wer spart, kann noch auf Nominalerhalt hoffen, mehr aber nicht. Seit Kriegsende liegt z.B. in Deutschland die Durchschnittsrendite von Staatspapieren bei über fünf Prozent. Solche paradiesischen Zustände für Sparer wird es im real existierenden Finanzsystem nie mehr geben. Ansonsten erhält die überschuldete Euro-Finanzwelt die letzte Ölung. Des Finanzministers Freud, des Sparers Leid.

Die Notenbanken machen dem Goldpreis einen Strich durch die Rechnung

Das sind alles schlagende Argumente für Gold. Und trotzdem ist der Gleichlauf von zusammengefasster Staatsverschuldung der G7-Länder und Entwicklung des Goldpreises gestört. Der Goldpreis spielt nicht mehr mit.
Und wer trägt Schuld an dieser Renitenz? Schuld daran sind ausgerechnet die Hohepriester des Geldes, die Zentralbanken. Theoretisch hätte mit der Ausweitung ihrer Liquiditätsschwemme auch der Edelmetallindex steigen müssen.
Doch praktisch ist das Gegenteil passiert. Warum? Weil die Notenbanken Gold an den Terminmärkten indirekt über befreundete Geschäftsbanken unterdrücken. Wenn man so wie sie die Finanzwelt konsequent mit viel heißem Geld retten will, muss man den Preis der Alternativwährung Gold kalt machen. Ansonsten wäre die Rettungsmission gescheitert. Und somit wird Gold keine massive Kursbefestigung wie zwischen 2008 bis 2012 erleben können, so sehr sie auch fundamental gerechtfertigt ist.

Es geht um die Kapitalschutzfunktion von Gold

Mich lässt diese mangelnde Goldpreisdynamik kalt. Ich erinnere mich gerne an die Aussage meines Großvaters, wonach Vermögen eigentlich nur das sei, was man entweder essen oder anfassen kann. Gold bleibt eine solide Vermögensversicherung. Wenn die Finanzwelt und die (Geld-)Politiker das fortsetzen, was sie im Augenblick betreiben, wird es kein Happy End geben. Historisch sind nachhaltige Schuldensysteme immer eingegangen wie die Dinosaurier nach dem Meteoriteneinschlag. Das professionelle Abfangsystem der Geldpolitik ist bislang zwar noch erfolgreich. Doch sollte sich die Schuldenmania bei gleichzeitiger Reformverweigerung unvermindert fortsetzen, geht selbst den Abfangjägern der Fed, der EZB, der Bank of Japan, usw. irgendwann das Kerosin aus. Gold wird dann wie immer in der Finanzgeschichte überlebt haben. Es ist einfach nicht totzukriegen: Es ist zwar ein Weichmetall, aber krisentechnisch betrachtet hart wie Granit. Gold ist eine harte Alternativwährung, eine Kapitalschutzversicherung, die auch im systemischen Schadensfall nicht ausfällt. Mit Gold geht man durch dick und dünn. Im Krisenextremfall gehen die schönen Dinge des Lebens bzw. Lebensmittel für Gold immer noch über den Tresen. Versuchen Sie das dann mal mit Baumwollwährungen.

Was für Notenbanken richtig ist, kann für Anleger nicht falsch sein

Und technisch gesprochen: Wenn sich alle doch so einig sind, dass Gold nur fallen kann, haben wir es mit einem Kontraindikator par excellence zu tun. Vergleichen wir diese Einschätzung mit 2011. Damals gingen alle von einem Goldpreis von 2.000 US-Dollar und mehr aus. Passiert ist genau das Gegenteil. Immerhin, die Unterstützungsmarke von 1.000 US-Dollar pro Unze scheint nicht kaputtzukriegen zu sein. Beim Gold ist es grundsätzlich wichtig zu beobachten, was die Notenbanken tun: Sie kaufen zu den von ihnen selbst gedrückten Preisen Gold auf. Da sie die Probleme der Finanzwelt am besten kennen, kann man sich einen Reim darauf machen, warum.
Die Stunde von Gold wird noch kommen. Ich bleibe Gold als einem Element des sachkapitalistischen Trios (Aktien, Immobilien, Edelmetall) treu und höre auf meinen Opa. Bei Gold zählt der langfristige Besitz, nicht die kurzfristige Rendite.

Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG:

http://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128

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