Ruhig Blut!

Holger Scholze · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Eine Warnung von Goldman Sachs?
Vor drei Tagen wurde eine Warnung der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs veröffentlicht. Die Experten seien inzwischen für Aktien weniger optimistisch als bisher. Wegen der deutlich verbesserten Wachstumsraten der Wirtschaft könne ein Ausverkauf am Anleihemarkt zu steigenden Zinsen und damit zu einer scharfen Abwärtsbewegung am Aktienmarkt führen, hieß es.
Für die kommenden drei Monate bewerte man den Markt nur noch mit der Einstufung "neutral", verkündete das Portfolio-Strategie-Team unter der Leitung von Analyst Anders Nielsen. Dabei sei das Chance-/Risiko-Verhältnis kurzfristig nur wenig attraktiv.
Dennoch betrachten die Analysten von Goldman Sachs Aktien auf Sicht von zwölf Monaten als die attraktivste Anlageklasse. Für diesen Zeitraum bliebe die Einstufung bei "übergewichten". Längerfristig orientierte Anleger sollen also eine möglicherweise kurzfristige Schwäche am Aktienmarkt einfach aussitzen.
Nun stellt sich natürlich die Frage, welche Wirkung diese Warnung hinterlässt. Denn gerade in der aktuell recht angeschlagenen Marktlage, die sich allein aufgrund der geopolitischen Risiken jederzeit verschärfen könnte, werden viele Marktteilnehmer möglicherweise zusätzlich verunsichert. Dadurch neigen Investoren auch zu unüberlegten Verkäufen. Und natürlich würde dann auch eine Reihe von Spekulanten von fallenden Kursen profitieren... Doch das möchte ich an dieser Stelle gar nicht vertiefen. Viel wichtiger erscheint mir nochmals der Hinweis darauf, dass ein Einbruch am Aktienmarkt desto weniger wahrscheinlich wird, je mehr Marktteilnehmer ihn erwarten. Dies gilt vor allem dann, wenn es sich um große institutionelle Häuser handelt. Sind Aktien wirklich zu teuer? Immerhin sehen auch die Experten von Goldman Sachs auf Sicht von zwölf Monaten offensichtlich kaum eine Alternative zu Aktien. Mit ihrer kurzfristigen Einschätzung stehen sie aber nicht nicht alleine da. Kaum hat der DAX eine merkliche Korrektur absolviert, melden sich plötzlich auch wieder viele Crash-Propheten in den Medien zurück. Dort wird dann über das bevorstehende Ungemach aufgrund der übertrieben hohen Bewertungen philosophiert. Nüchtern und langfristig betrachtet sind die Bewertungskennziffern aber auf einem durchschnittlichen Niveau. Zudem dürften die Gewinnausweise der Unternehmen im Zuge der soeben laufenden Berichtsperiode für das zweite Quartal den Druck zusätzlich abbauen. Gefahr steigender Zinsen?
Viele Marktteilnehmer erwarten für den Anfang des Jahres 2015 steigende Leitzinsen in den USA. Auch die Debatte hierüber könnte in der Tat einige Börsianer zum Verkauf oder zu einer Reduzierung der eigenen Aktienbestände treiben. Fundamental betrachtet teile ich hier jedoch die hervorragende Einschätzung von Robert Halver in seiner lesenswerten OnVista-Kolumne vom 29.07.2014. US-Notenbank-Chefin Janet Yellen wird auch nach meiner Überzeugung die Zinsen allenfalls in einem für den Markt sehr verträglichen und geringen Maße anheben. Fazit Der deutsche Aktienmarkt befindet sich derzeit in einem kurzfristigen Abwärtstrend und nähert sich dabei erneut entscheidenden Marken an. Der langfristige Aufwärtstrend ist aber weiter intakt. Darüber hinaus bewegt sich das deutsche Börsenbarometer noch immer oberhalb der 200-Tage-Durchschnittslinie. Der Bereich um die Marke von 9.500 Punkten ist deshalb aktuell entscheidend. Wichtig wäre, dass sich der DAX hier kurzfristig stabilisiert. Mehr können wir wohl derzeit nicht erwarten. Sollte er dies nicht schaffen, müssten wir wohl bald mit einem Test der psychologisch wichtigen Marke von 9.000 Punkten rechnen. Ein Kaufsignal wäre charttechnisch erst dann wieder gegeben, wenn der Index über die Marke von 9.800 Zählern steigen würde. Dies scheint kurzfristig aber schwer möglich zu sein. Dafür fehlen in den Sommermonaten ganz einfach die hierfür notwendigen starken Impulse. Ich rechne deshalb für die kommenden Wochen beim DAX eher mit einer Seitwärtsbewegung zwischen 9.500 und allenfalls 9.800 Zählern. Voraussetzung hierfür ist, dass die 9.500er Marke hält. Ihr Holger Scholze

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