Airbus: Rüstungs-Exportverbot zehrt an Gewinnen – 86 Prozent weniger als im Vorjahr – Analysten befürchten Korrektur

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Das deutsche Verbot von Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien hat dem europäischen Airbus-Konzern einen Gewinneinbruch eingebrockt. Im ersten Quartal schrumpfte der Überschuss im Vergleich zum Vorjahr um 86 Prozent auf 40 Millionen Euro zusammen. Hintergrund sei ein Großauftrag für Grenzsicherungs-Anlagen in dem Golfstaat, der nun in Gefahr sei, erläuterte der neue Airbus-Finanzchef Dominik Asam am Dienstag in Toulouse. Im Geschäft mit Passagierjets lief es für den Hersteller hingegen glänzend – ganz anders als beim Hauptrivalen Boeing, der wegen der Flugverbote für seinen meistgefragten Flugzeugtyp in einer schweren Krise steckt.

Airbus verliert 300-Millionen-Auftrag wegen Verbot

Nach der Tötung des saudischen Regierungskritikers Jamal Khashoggi hatte die Bundesregierung im Herbst ein Lieferverbot für Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien verhängt. Die Regelung wurde Ende März nur etwas gelockert. Airbus will nicht nur Anlagen zur Grenzsicherung in das Land liefern. Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern ist auch an Bau und Entwicklung des Kampfjets Eurofighter beteiligt, von dem Saudi-Arabien 48 Exemplare kaufen will.

Im ersten Quartal habe Airbus allein wegen des Grenzsicherungs-Auftrags knapp 300 Millionen Euro abschreiben müssen, sagte Asam, der kürzlich von Chiphersteller Infineon zu Airbus gewechselt war. Die Lieferungen an Saudi-Arabien waren schon länger im Gange. Die Chancen, dass sie weitergehen können, schätzt die Airbus-Führung auf „unter 50 Prozent“. Man müsse abwarten, was die Politik entscheide, sagte Asam.

Derweil konnte der neue Konzernchef Guillaume Faury für Airbus‚ Hauptgeschäft starke Zahlen vorlegen. So steigerte der Konzern seinen Umsatz im ersten Quartal dank einer brummenden Flugzeug-Produktion um 24 Prozent auf gut 12,5 Milliarden Euro. Der bereinigte operative Gewinn vervielfachte sich von 14 Millionen auf 549 Millionen Euro. Das laufende Geschäft warf damit mehr ab als von Analysten erwartet. Mit dem Einbruch des Nettogewinns wegen des Rüstungsexport-Verbots hatten Experten im Schnitt jedoch nicht gerechnet.

Airbus plant Rekord bei Auslieferungszahlen

Der Franzose Faury, der den Posten im April vom langjährigen deutschen Konzernchef Tom Enders übernommen hatte, sieht den Konzern bei seinen Jahreszielen nach den ersten Monaten auf Kurs. So soll der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn (bereinigtes Ebit) von zuletzt 5,8 Milliarden Euro um 15 Prozent steigen.

Um das zu erreichen, will der Konzern in diesem Jahr 880 bis 890 Verkehrsflugzeuge ausliefern – so viele wie nie zuvor. Wegen der Misere bei Boeing könnte Airbus den US-Konzern in diesem Jahr sogar erstmals als größten Flugzeughersteller der Welt ablösen.

So hatte Boeing hatte für 2019 eigentlich geplant, seine Auslieferungen auf 895 bis 905 Maschinen zu steigern. Doch nach dem Absturz zweier Mittelstreckenjets vom Typ 737 Max mit insgesamt 346 Toten verhängten Luftfahrtbehörden in aller Welt Flugverbote für das meistgefragte Modell des Konzerns. Die Auslieferung neuer Maschinen ist gestoppt, bis ein Software-Update für die Flugzeug-Steuerung getestet und zugelassen ist.

Die Tests sollen nach jetziger Planung bis Ende Juli dauern. Boeing hat die Produktion des Fliegers daher von 52 auf 42 Maschinen pro Monat gedrosselt und seine Produktions- und Gewinnziele für 2019 vorläufig komplett gestrichen.

Profitiert Airbus langfristig von der Boeing-Krise?

Faury wollte sich nicht dazu äußern, inwieweit Fluggesellschaften wegen des Desasters mit der Boeing 737 Max mit einem Wechsel zu Airbus liebäugeln. Das Konkurrenzmodell der „Max“, der Airbus A320neo, verkauft sich noch besser als der Boeing-Jet. Die „neo“-Produktion ist praktisch auf Jahre hinweg ausgebucht. Ab Mitte 2019 sollen pro Monat 60 Exemplare der A320neo-Familie und ihrer Vorgängerversion A320 fertig werden. Ab dem Jahr 2021 sollen es monatlich 63 Maschinen sein.

Eine stärkere Steigerung scheitere bislang an den Kapazitäten der Zulieferer, sagte Faury. Diese könnten wegen der Drosselung der Boeing-Produktion jetzt zwar etwas mehr Spielraum bekommen. Der Effekt sei aber voraussichtlich nicht von langer Dauer, schätzt der Airbus-Chef.

Aktie lässt nach

Am Finanzmarkt wurden die Nachrichten aus Toulouse mit einem Kursrückgang quittiert. An der Börse in Paris verlor die Airbus-Aktie rund 1,6 Prozent an Wert und gehörte damit zu den etwas schwächeren Werten im Eurozonen-Auswahlindex EuroStoxx 50.

Airbus Tageschart (Paris)

Seit dem Jahreswechsel liegt sie aber immer noch mit rund 45 Prozent im Plus und hat seither bereits mehrfach Rekordstände erreicht.

Das sagen die Analysten

Die Schweizer Großbank UBS hat die Einstufung für Airbus nach Zahlen auf „Buy“ mit einem Kursziel von 136 Euro belassen. Der Luftfahrtkonzern sei schleppend ins Jahr gestartet, schrieb Analystin Celine Fornaro in einer ersten Reaktion am Dienstag. Das Geschäft mit Passagierflugzeugen sei allerdings trotz des Gegenwinds von der Währungsseite erfreulich gewesen.

Das Analysehaus Kepler Cheuvreux hat die Einstufung für Airbus auf „Buy“ mit einem Kursziel von 134 Euro belassen. Analyst Christophe Menard resümierte ein gemischtes erstes Quartal des Flugzeugbauers. Das bereinigte Ergebnis sei solide, das operative jedoch habe die Erwartungen ebenso verfehlt wie der Free Cashflow.

Die NordLB hat Airbus von „Kaufen“ auf „Halten“ abgestuft, das Kursziel aber von 125 auf 135 Euro angehoben. Nach dem steilen Kursanstieg seit Jahresanfang bestehe nun eine Korrekturgefahr, begründete Analyst Wolfgang Donie das gestrichene Kaufvotum. Das höhere Kursziel basiere derweil auf günstigeren Geschäftsperspektiven und auch aus charttechnischen Aspekten.

(onvista/dpa-AFX)

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Titelfoto: vaalaa / shutterstock.com

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