Autogipfel: Bekommen BMW, Daimler und VW Prämie für Verbrenner? ++ Lufthansa: Halbe Milliarde Euro Verlust pro Monat? ++ Hensoldt: Rüstungskonzern plant IPO

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Heute Abend dürfte es im Kanzleramt spannend werden. Sollte tatsächlich eine zusätzliche Prämie für Verbrennungsmotoren beschlossen werden, dann dürfte es eine Bankrotterklärung für die Umwelt sein, an der Börse dürfte die Entscheidung allerdings mit Sicherheit gefeiert werden. Vor dem Autogipfel sind die Meinungen zu dem Thema allerdings gespalten. An der Konferenz nehmen neben Merkel und Bundesministern auch Vertreter der Autoindustrie sowie von Gewerkschaften teil – dazu die Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg, in denen die großen Hersteller VW, BMW und Daimler ihren Sitz haben. Konkrete Beschlüsse wurden im Vorfeld nicht erwartet.

Scheuer für Prämie

Verkehrsminister Andreas Scheuer will auf dem Autogipfel im Kanzleramt eine Kaufprämie für KfZ mit Verbrennungsmotoren durchsetzen. „Es stehen viele moderne Fahrzeuge auf Halde. Die müssen vom Hof“, begründete der CSU-Politiker am Dienstag im Deutschlandfunk seine Forderung und verwies auf den 20-prozentigen Einbruch bei den Autozulassungen im August. Die Verbrenner deutscher Autobauer seien „topmodern.“ Daher dürfe eine Kaufprämie kein Tabu sein. Die Autoindustrie sei ein Schlüsselbereich in Deutschland. Wenn die Branche weiter in die Krise schlittere, habe das Auswirkungen auf ganz Europa. Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel.

Forderungen nach einer neuen Auto-Kaufprämie waren in der CSU laut geworden. „Man bräuchte eigentlich eine CO2-Prämie“, hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gesagt. Nötig sei ein Signal, dass der Autokauf belohnt werde, wenn dadurch ein Fahrzeug mit schlechterer CO2-Bilanz durch einen Neuwagen ersetzt werde. Politik und Branche wollen am Dienstagabend die Lage der Autoindustrie bei einem Spitzentreffen mit Kanzlerin Angela Merkel erörtern.

Kein Steuergeld für „alte Technologien“

Die Grünen werben vor dem Spitzengespräch von Kanzlerin Angela Merkel mit der Autobranche dafür, Investitionen in Klimaschutz staatlich zu fördern – aber kein Steuergeld in „alte Technologien“ zu stecken. „Investitionen in Klimaschutz und Automatisierung stärken die Wettbewerbsfähigkeit und sichern Arbeitsplätze in den hiesigen Industriestandorten“, sagte Bundestags-Fraktionschef Anton Hofreiter der Deutschen Presse-Agentur. „Diese Zukunftsinvestitionen müssen dringend staatlich gefördert werden. Für alte Technologien darf es hingegen keine Kaufprämien oder andere Zuschüsse geben.“

Dax: Leicht im Plus

Der Dax hat am Dienstag zum Handelsauftakt seine Vortagesgewinne verteidigt. Der Leitindex stieg um 0,10 Prozent auf 13 112,83 Punkte. Der MDax sank nach anfänglichen Gewinnen um 0,24 Prozent auf 27.499,67 Zähler. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx  gab um 0,14 Prozent auf 3309,53 Punkte nach.

Die Anleger warten laut den Experten der Helaba nach dem Feiertag in den Vereinigten Staaten am Montag nicht nur auf die Rückkehr der US-Investoren an den Markt. Mit Spannung werde auch schon der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag entgegengefiebert, hieß es.

Vorher werde es keine offiziellen Verlautbarungen der Notenbanker mehr geben, so dass es wohl bis Donnerstag offen bleibe, ob sich die EZB sich zu weiteren Lockerungen durchringen kann.

Lufthansa: Weitere Einschnitte?

Der Kranich-Airline könnten einem Pressebericht zufolge noch stärkere Kürzungen bevorstehen als gedacht. Wenn der Konzern weiterhin so viel Geld verbrenne wie derzeit, sei die Kasse trotz der neun Milliarden Euro schweren Staatshilfe in einem Jahr leer, berichtet das „Handelsblatt“ (Dienstag) unter Berufung auf Konzernkreise. Auf erneute Hilfe der Regierung wolle der Konzern aber unbedingt verzichten. Der Vorstand arbeite an einer neuen Strategie. Nun könnte die Flugzeugflotte deutlich stärker schrumpfen als bisher gedacht – mit Folgen für den Stellenabbau.

Dass die zunächst geplante Verkleinerung der Flotte um 100 auf etwa 660 Maschinen möglicherweise nicht ausreicht, hatte Lufthansa-Chef Carsten Spohr bereits Anfang August angekündigt. Seitdem geht er von einer Verringerung um „mindestens“ 100 Maschinen aus. Dem „Handelsblatt“ zufolge ist sogar mit einer „erheblich“ stärkeren Schrumpfung zu rechnen. Denn der Vorstand erwartet, dass der weltweite Luftverkehr erst im Jahr 2024 wieder das Niveau aus der Zeit vor der Pandemie erreicht.

In der Folge könnte die Zahl der Stellen beim Kabinenpersonal abhängig von der weiteren Entwicklung im Luftverkehr statt um 2700 um knapp 4000 sinken, schreibt das „Handelsblatt“. Ein Lufthansa-Sprecher sagte am Dienstag, in Sachen Personalabbau gebe es keine neuen Pläne. Es bleibe bei dem genannten Personalüberhang von 22 000 Vollzeitstellen im Konzern, was aufgrund der hohen Teilzeitquote etwa 26 000 Beschäftigten entspricht.

Die Lufthansa hat mit der Flugbegleitergewerkschaft Ufo zwar einen Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen vereinbart. Weil sich der Flugverkehr aber langsamer erholt als gedacht und die Verhandlungen mit der Gewerkschaft Verdi und der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit nicht vorankommen, hält es Vorstandschef Spohr seit Anfang August für nicht mehr realistisch, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden.

Dem „Handelsblatt“ zufolge verbrennt die Lufthansa trotz der Hilfe durch Kurzarbeitergeld derzeit immer noch rund eine halbe Milliarde Euro pro Monat. Der Vorstand arbeite zwar daran, die Finanzierung auf neue Füße zu stellen, um die Staatshilfen wie geplant bis Ende 2023 zurückzuzahlen.

Merck: Bank of America rät zum Kauf

Die US-Investmentbank hat Merck KGaA vor dem Kapitalmarkttag am 16. September von „Neutral“ auf „Buy“ hochgestuft und das Kursziel von 125 auf 140 Euro angehoben. Die Experten der Bank sehen Chancen für die Sparte Life Science bei Covid-19-Impfstoffkandidaten, wie sie in einer am Dienstag vorliegenden Studie des Instituts schrieben. Ihre Umsatzschätzungen für die Sparte lägen bereits um sechs bis sieben Prozent über der Markterwartung und weiteres Aufwärtspotenzial sei möglich, hieß es. Der Kapitalmarkttag dürfte diesbezüglich eine bessere Sicht in die Zukunft ermöglichen.

Kurz & knapp:

Easyjet: Der britische Billigflieger fährt wegen der neuen Reisewarnungen und Quarantäneregeln für wichtige Urlaubsländer sein Flugangebot zurück. Im laufenden Quartal bis Ende September werde das Unternehmen etwas weniger als die angekündigten 40 Prozent seiner Kapazität anbieten, teilte Easyjet am Dienstag in Luton bei London mit. Die neuen Beschränkungen verunsicherten die Verbraucher weiter, sagte Easyjet-Chef Johan Lundgren. Die Nachfrage nach Flugtickets dürfte daher noch schwächer ausfallen als bisher angenommen. Die Aktie geriet im frühen Handel deutlich unter Druck. So warnen die britischen und deutschen Behörden wegen gestiegener Infektionszahlen vor Reisen nach Spanien einschließlich der Balearen und der Kanarischen Inseln. Am Montag entschied die Regierung in London zudem, dass Rückkehrer von sieben griechischen Inseln nach ihrer Ankunft 14 Tage in Quarantäne gehen müssen.

Hensoldt: Der Rüstungskonzern will an die Börse gehen. Demnach ist eine Erstnotiz (IPO) im Prime Standard an der Frankfurter Börse geplant, wie das Unternehmen am Dienstag in Taufkirchen bei München mitteilte. Der Börsengang soll bis Ende des Jahres 2020 abgeschlossen sein, hieß es.Hensoldt will den Angaben zufolge bestehende sowie neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung an der Börse platzieren. Mit dem Geld aus dem Börsengang will das Unternehmen unter anderem seinen Wachstumskurs fortsetzen und die Bilanz stärken, hieß es weiter. Wie viele Aktien platziert werden sollen, teilte Hensoldt nicht mit. Auch zur angepeilten Preisspanne machte der Konzern zunächst keine Angaben. Hensoldt ist im Bereich der Rüstungselektronik unter anderem in der Radar- und Sensortechnik tätig, das Unternehmen gehört dem Finanzinvestor KKR.

SwissRe: Der Schweizer Rückversicherer rechnet angesichts der Niedrigzinsen und hoher Belastungen im Schaden- und Unfallgeschäft mit weiteren Preiserhöhungen. Das Prämienniveau im Geschäft mit Erstversicherern dürfte in allen Bereichen weiter steigen, teilte der Schweizer Rivale des deutschen Branchenriesen Munich Re am Dienstag in Zürich mit. Dies sollte im kommenden Jahr zu weiter steigenden Prämieneinnahmen führen. Abseits der Lebensrückversicherung dürften die Prämien der Branche im kommenden Jahr um 3,3 Prozent steigen, hieß es.

Redaktion onvista / dpa-AFX

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