Bayer: Analysten feiern Glyphosat-Vergleich  ++ Lufthansa: Großaktionär Thiele lenkt wohl ein ++ Dax: Leitindex wieder unter 12.000

onvista · Uhr

Das Rettungspaket der Lufthansa wird heute wohl durchgewunken und Bayer hat endlich seinen Glyphosat-Vergleich. Damit kommt das nachrichtentechnische Sommerloch immer näher. Es bleibt noch der Fall Wirecard und Donald Trump. Der hat am Mittwoch wieder Giftpfeile Richtung EU abgeschossen - mögliche Strafzölle in Spiel gebracht.

Die USA erwägen neue Strafzölle auf Produkte aus Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien. Wie aus einer Mitteilung des US-Handelsbeauftragten vom späten Dienstagabend hervorgeht, könnten unter anderem Bier, Schokolade, Oliven und Gin betroffen sein. Die ausgewählten Waren hätten im Jahr 2018 einen Importwert von 3,1 Milliarden Dollar (2,8 Milliarden Euro) gehabt, heißt es in der Mitteilung.

Grundlage der neuen Strafzoll-Überlegungen der USA ist ein WTO-Urteil wegen jahrelanger rechtswidriger Subventionen für den Flugzeugbauer Airbus. Es ermöglicht es Washington, Zusatzabgaben von bis zu 100 Prozent auf Waren im Wert von 7,5 Milliarden Dollar (6,7 Milliarden Euro) zu erheben. Bereits im vergangenen Oktober waren von den USA deswegen Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf zahlreiche Produkte aus Europa erlassen worden. Betroffen sind zum Beispiel Wein aus Deutschland und Frankreich, Parmesan aus Italien und Olivenöl aus Spanien. Auf Flugzeugeimporte gibt es eine Sonderabgabe in Höhe von 15 Prozent.

Die geltende Produktliste soll nun nach der Mitteilung des US-Handelsbeauftragten einer Überprüfung unterzogen und möglicherweise angepasst werden. Möglich sind neben neuen Zöllen auf Waren aus Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien demnach auch weitere Zollerhöhungen auf bereits ausgewählte Produkte. Zudem könnten auch Zölle auf Produkte erhobenen werden, die schon in Erwägung gezogen wurden, aber noch nicht für Zusatzzölle ausgewählt worden waren.

Von den US-Überlegungen betroffene Unternehmen oder andere interessierte Parteien können bis zum 26. Juli eine Stellungnahme abgeben. Danach soll es eine Entscheidung geben.

Dax bricht vorbörslichen Stabilisierungsversuch wieder ab

Der deutsche Leitindex konnte den Handelstag zwar im grünen Bereich starten, aber es dauerte nicht sehr lange, bis das Plus von 0,1 Prozent aufgebraucht war. Mittlerweile ist der Dax rund 0,8 Prozent im Minus und die Marke von 12.000 Punkten ist auch schon wieder gefallen.

Bayer: Kursziele rauschen nach oben

Die Leverkusener nehmen umgerechnet mehr als zehn Milliarden Euro in die Hand, um den Großteil seiner rechtlichen Probleme in den USA zu lösen. Der Agrarchemie- und Pharmakonzern teilte am Mittwoch in Leverkusen mit, sich mit zahlreichen US-Klägern auf Vergleiche geeinigt zu haben. Es geht vor allem um angebliche Krebsrisiken des Unkrautvernichters Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat, aber auch um andere Vorwürfe. Durch den Kompromiss sollen laut Bayer etwa 75 Prozent der aktuellen Roundup-Verfahren abgeschlossen werden – mit insgesamt etwa 125 000 eingereichten und nicht eingereichten Klagen.

Bayer ist nach eigenen Angaben bereit, bei dem Kompromiss insgesamt 10,1 Milliarden bis 10,9 Milliarden US-Dollar (9,1 Mrd bis 9,8 Mrd Euro) zu zahlen. Damit solle der überwiegende Teil der vielen Glyphosat-Verfahren in den USA aus der Welt geschafft und zugleich drohenden Rechtsrisiken in der Zukunft vorgebeugt werden. In der Summe enthalten sei eine Pauschale, mit der Ansprüche abgedeckt werden sollen, die noch nicht beigelegt sind sowie 1,25 Milliarden Dollar (1,1 Mrd Euro), um eine separate Vereinbarung für potenzielle künftige Klagen zu ermöglichen.

Der Schritt sei kein Schuldeingeständnis, sondern die vernünftigste Lösung für das Unternehmen, sagte Konzernchef Werner Baumann in einer Telefonkonferenz mit Journalisten am Abend. Man wolle nach vorne blicken und sich auf das Kerngeschäft konzentrieren.

Morgan Stanley findet das Vorgehen vernünftig

Die US-Investmentbank Morgan Stanley hat das Kursziel für Bayer nach dem Glyphosat-Vergleich in den USA von 83 auf 88 Euro angehoben und die Einstufung auf „Overweight“ belassen. Analyst Mark Purcell sprach in einer am Donnerstag vorliegenden Studie von einer aus finanzieller Sicht vernünftigen Einigung mit den Klägern. Damit ließen sich auch die weiteren Rechtsstreitigkeiten erfolgreich klären, zudem habe der Konzern für die Entschädigungssumme eine Grenzmarke gesetzt. Die Belastung der Aktie durch die hohe Unsicherheit entfalle damit und Bayer könne sich auf seine Ziele für 2023 konzentrieren.

UBS sieht Kursziel bei 110 Euro

Die Schweizer Großbank UBS hat die Einstufung für Bayer nach Milliarden-Vergleichen in den USA auf „Buy“ mit einem Kursziel von 110 Euro belassen. Nach der dreifachen Einigung im Glyphosat-, Dicamba- und PCB-Streit sei die Aktie für Investoren wieder eine investierbare Anlage geworden, schrieb Analyst Michael Leuchten in einer am Donnerstag vorliegenden Studie.

Deutsche Bank sagt weiterhin „Buy“

Die Deutsche Bank hat die Einstufung für Bayer nach Milliardenvergleichen in den USA auf „Buy“ mit einem Kursziel von 85 Euro belassen. Die Summe für die Vergleiche im Glyphosat-, Dicamba- und PCB-Streit in Höhe von bis zu 12,1 Milliarden US-Dollar scheine auf den ersten Blick etwas höher als erwartet, schrieb Analyst Falko Friedrichs in einer am Donnerstag vorliegenden Studie. Es sei aber eine positive Überraschung, dass alle drei Dispute auf einmal ausgeräumt worden seien.

HSBC stuft auf „Buy“ hoch

Die britische Investmentbank HSBC hat Bayer nach einem Milliardenvergleich mit US-Klägern von „Hold“ auf „Buy“ hochgestuft. Das Kursziel hob Analyst Stephen McGarry in einer am Donnerstag vorliegenden Studie von 70 auf 85 Euro an. Er habe bisher mit einer Belastung von 20 Milliarden Euro kalkuliert, die er nun deutlich auf zwölf Milliarden Euro senken könne.

Das ganze Analystenlob hat der Bayer-Aktie aber nur kurzfristig geholfen. Mittlerweile hat sich der Wert der allgemeinen Marktstimmung angeschlossen und ist in Minus abgetaucht.

Lufthansa: Gleich einige Brocken aus dem Weg geräumt

Signale von Großaktionär Heinz Hermann Thiele für eine mögliche Zustimmung zur staatlichen Rettung der Lufthansa haben die Aktien der Airline vor der außerordentlichen Hauptversammlung an diesem Donnerstag befeuert. Anleger zeigten sich erleichtert. Die inzwischen im MDax der mittelgroßen Werte notierten Papiere schnellten zu Handelsbeginn um rund 20 Prozent in die Höhe, kommen mittlerweile aber ein gutes Stück zurück.

Gut kam am Markt auch an, dass sich der Konzern und die Gewerkschaft Ufo inzwischen auf ein Krisenpaket für die Flugbegleiter mit Einsparungen von mehr als einer halben Milliarde Euro verständigt hat.

Analyst Michael Kuhn von der französischen Großbank Societe Generale rechnet mit einer Kurserholung auf das Niveau vor der Thiele-Intervention bei etwa 12 Euro, sollte bei der Hauptversammlung alles glatt laufen und Thiele zustimmen.

Ab 12 Uhr entscheiden die Anleger darüber, ob sie den Staat als Anteilseigner einsteigen lassen oder nicht. Damit fest verbunden ist das neun Milliarden Euro schwere Rettungspaket, das in den Wochen zuvor mühsam zwischen Frankfurt, Berlin und Brüssel ausgehandelt worden ist. Platzt der Staatseinstieg, ist auch das übrige Paket aus stiller Beteiligung und KfW-Kredit erst einmal hinfällig. Thiele hatte sich erst gegen den Einstieg des Staates zu den Bedingungen stark gemacht, scheint nun aber umzuschwenken. Der Milliardär hält mehr als 15 Prozent der Lufthansa-Anteile und könnte damit den Staatseinstieg im Alleingang verhindern.

Bei einer Ablehnung des Rettungspakets durch Thiele droht der Lufthansa die Insolvenz und Anleger müssten mit hohen Kursverlusten rechnen. Es sehe so aus, als sei das Kursrisiko für Thiele in Verbindung mit einer Insolvenz zu hoch, sagte ein Händler.

Kurz & knapp:

BASF: Der weltgrößte Chemiekonzern will die Vorschläge des Wettbewerbers Bayer zu den US-Klagen wegen des umstrittenen Unkrautvernichters Dicamba prüfen. Eine Vereinbarung dazu mit Bayer gebe es allerdings noch nicht, teilte der Konzern aus Ludwigshafen in einer E-Mail am Donnerstagmorgen mit.

Bayer hatte am Mittwochabend einen Milliarden-Vergleich angekündigt, um die meisten rechtlichen Probleme in den USA beizulegen. Dabei ging es auch um Verfahren in Zusammenhang mit Dicamba. Wegen Verwehungen des Herbizids sollen Ernteschäden angefallen sein, so die Kläger. Bayer wird nach eigenen Angaben 400 Millionen Dollar zahlen, erwartet aber auch einen Beitrag des mitverklagten Wettbewerbers BASF, hieß es.

Disney: Der US-Unterhaltungskonzern hat die für Mitte Juli geplante Wiedereröffnung seiner pandemiebedingt geschlossenen Vergnügungsparks in Kalifornien verschoben. Der Staat Kalifornien habe noch keine Richtlinien für die Inbetriebnahme von Themenparks vorgelegt, hieß es am Mittwoch in einer Mitteilung. Sie benötigten Vorlaufzeit, um Tausende von Mitarbeitern zurückzubringen. Daher blieben die Themenparks und Hotels in der Anlage in Anaheim vorerst geschlossen. Ein neues Datum für die Eröffnung wurde nicht genannt. Anfang Juni hatte der Konzern zunächst angekündigt, Disneyland Resort am 17. Juli zu eröffnen. Das Unternehmen will allerdings weiter daran festhalten, die Shoppingmeile Downtown Disney District ab dem 9. Juli für Besucher zugänglich zu machen.

Alphabet: Google wird erstmals in seiner Geschichte mit Zeitungsverlagen Lizenzverträge abschließen und Geld für die Präsentation von journalistischen Inhalten ausgeben. Das kündigte der Internet-Konzern am Donnerstag in einem Blogeintrag an. Die Inhalte sollen auf Google News und Google Discover erscheinen. Wie die Präsentation der Inhalte für die Nutzer genau aussehen wird, teilte Google noch nicht mit. Das Programm startet in Deutschland, Australien und Brasilien. Hierzulande sind in der frühen Phase unter anderen die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und der „Der Spiegel“ als Partner dabei.

Redaktion onvista / dpa-AFX

Foto: Sirada Wichitaphornkun/ Shutterstock.com

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