Bitcoin nach dem Halving: Eine Bestandsaufnahme und worauf man jetzt achten muss

onvista · Uhr

Gestern abend um 21:23 Uhr ist das Bitcoin-Halving mit Block Nummer 630.000 vollzogen worden und die Menge der neu erzeugten Bitcoins pro Transaktionsblock beträgt fortan nur noch 6,25 Einheiten. Die Ehre der Eintragung ging dabei an AntPool, den drittgrößten Mining-Zusammenschluss weltweit und aus 3.134 Transaktionen und einem Transaktionsvolumen von 3.311,62144322 Bitcoins ergab sich eine Belohnung von 0,90968084 Bitcoin an Transaktionsgebühren, sowie 6,25 neu erzeugten Bitcoins.

Quelle: Twitter

So viel zum Technischen, nun zum Finanziellen. Der Preis hatte schon einige Zeit vor der Halbierung für eine herbe Enttäuschung der Anleger gesorgt, denn die Kryptowährung ist von ihrem Pre-Halving-Höchststand aus den letzten Tagen von 10.100 Dollar um knapp 20 Prozent in den Bereich von 8200 Dollar abgestürzt. Am Dienstag, nachdem sich der Staub gelegt hat, konnte der Preis sich bereits wieder ein wenig erholen und liegt derzeit mit einem Plus von 2,5 Prozent wieder bei knapp 8800 Dollar.

Wie ist die Preisbewegung einzuschätzen?

Die erhöhte Aufmerksamkeit rund um das Event, die bereits einige Wochen vorher eingesetzt hat, war mit Sichereit der Hauptpreistreiber, der für eine Bewegung bis zur 10.000 Dollar Marke gesorgt hat. Den Fall kur vor dem Halving kann man als Gewinnmitnahmen der Anleger abhaken. Wer Anfang des Jahres in Bitcoin eingestiegen ist, konnte bis zu diesem Punkt einen Gewinn von etwa 40 Prozent einsacken. Wem das Kunststück gelungen ist, im Tief des Corona-Crashs bei Preisen von etwa 4000 bis 5000 Dollar einzusteigen, der konnte sein Investment sogar mehr als verdoppeln.

Wie steht der Kurs da?

Auf charttechnischer Ebene konnte der Kurs wichtige Unterstützungen halten. Sowohl die 50-Wochen- als auch die 200-Tage-Durchschnittstrendlinie haben gehalten. Der Aufwärtstrend, der seit dem Tief aus dem Corona-Crash Mitte März eingesetzt hat, ist ebenfalls intakt.

Mit der Marke von 8000 Dollar konnte der Kurs zudem eine sehr langfristige Unterstützungszone bewahren.

Worauf muss man jetzt achten?

Kurstechnisch muss man noch auf einen sehr viel längeren Zeitraum schauen, um die Auswirkungen des Halvings bewerten zu können. Nach den letzten beiden Halvings dauerte es jeweils mehrere Monate, bis die bekannten Preisanstiege mit den Peaks bei 1000, bzw. 20.000 Dollar eingesetzt haben. Fundamental bleibt das Potenzial von Bitcoin dasselbe, die anhaltende Deflation verstärkt den Aspekt des soliden Wertspeichers. Sollte sich eine entsprechende Preisbewegung wie bei den letzten beiden Halbierungen wiederholen, wird dies über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren stattfinden, mit Potenzial für jede Menge volatile Zwischenbewegungen.

Wichtig wird in den kommenden Wochen und Monaten vor allem die Entwicklung innerhalb der Mining-Industrie. Die Miner befinden sich nun in der Situation, dass ihr Umsatz und Gewinn beim derzeitigen Preisniveau aufgrund der Verknappung der Neuerzugung ihres Produkts halbiert wurde. Für einige dieser Unternehmen könnte das Mining nun zum Verlustgeschäft werden. Fällt oder stagniert der Bitcoin-Kurs über einen längeren Zeitraum, könnte das Mining im Verhältnis zu den Kosten (Hardware, Strom, Personal) nicht mehr genug Profit abwerfen, was zu Pleiten bei kleineren Mining-Firmen führen könnte.

„Durch das Halving wird das Angebot neuer Bitcoins spürbar gekürzt“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Philipp Sandner, Professor an der Frankfurt School of Finance & Management. „Das wäre so, als würden alle Goldminen auf der Welt von heute auf morgen nur noch die Hälfte an Gold produzieren. Das Mining-Volumen sinkt, und das Schürfen ist nicht mehr so profitabel“, sagt Sandner. Anbieter, die alte Hardware verwenden oder teuren Strom beziehen, werden demnach aus dem Netzwerk verdrängt, weil sie dann unprofitabel werden. „Im Netzwerk verbleiben die effizienteren Mining-Farmen, die, die über günstigen Strom verfügen oder auch die neueste Hardware einsetzen.“

Auf die Hashrate schauen

Die Rechenleistung des Bitcoin-Netzwerks insgesamt werde sich zwar reduzieren. „Es besteht aber keine Gefahr, dass die Rechenleistung nicht mehr ausreicht, um die Sicherheit des Netzwerks zu gewährleisten. Dazu ist das gesamte Bitcoin-Netzwerk inzwischen zu groß“, betont Sandner.

Man kann die Entwicklung des Netzwerks anhand eines Werts genau nachverfolgen – Die Hashrate, das ist die Menge an Rechenleistung, die an das Bitcoin-Blockchain-Netzwerk angeschlossen ist, in Form von spezialisierter Mining-Hardware, die von den Unternehmen zur Block-Berechnung genutzt wird.

Quelle: Blockchain.com – Angabe in Terrahash pro Sekunde

Zu erkennen ist, dass die Corona-Krise und der Crash auf 3800 Dollar die Hashrate kurzzeitig hat einbrechen lassen, nachdem sie Anfang März auf einen historischen Höchststand geklettert war. Anschließend hat sie sich jedoch sehr schnell wieder erholt. Das spricht für viel Enthusiasmus innerhalb des Sektors – es spricht also viel dafür, dass die Mining-Unternehmen auch in Zukunft damit rechnen, dass das Mining lukrativ bleibt und somit ihre Mining-Ressourcen weiter ausbauen.

Fundamental deutet alles auf weiteren Wachstum hin

Trotz der Kursschwankungen glaubt Sandner, dass sich Bitcoin in den Zeiten der Corona-Pandamie und den damit verbundenen wirtschaftlichen Unsicherheiten „perfekt als Krisenwährung“ eigne. „Bitcoin ist von der Architektur her wie Gold, aber eben digital. Bitcoin ist wie Gold ein knappes Gut. Bei Bitcoin gibt es keine Inflation“, argumentiert Sandner. Deswegen eigne sich Bitcoin theoretisch für den Werterhalt.

Sandner räumt allerdings auch ein, dass es sich beim Bitcoin um ein „sehr, sehr kleines Projekt im Vergleich zu Vermögensgegenständen“ wie Gold handelt. Deswegen habe der Markt relativ gesehen eine recht geringe Liquidität. „Auch dies ist ein Grund für die hohe Volatilität.“ In der Theorie sei der Bitcoin für den Werterhalt in einer Krise geeignet. „In der Praxis ist es aber so, dass das ganze Projekt noch relativ jung ist und das Verständnis, was Bitcoin exakt ist, noch bei weitem nicht derart verbreitet ist wie bei Gold. Aufgrund der Volatilität ist Bitcoin eher etwas für erfahrene Investoren, nicht für Einsteiger.“

Dieser Einwand ist ohne Zweifel richtig: während Gold eine Marktkapitalisierung von etwa 7,5 bis 8 Billionen Dollar hat, bewegt sich Bitcoin momentan bei etwa 161 Milliarden Dollar (und macht etwa zwei Drittel des gesamten Kryptosektors aus). Doch die Adaption schreitet weiter voran, wie auch Zahlen einer kurz vor dem Halving gemachten Auswertung von Glassnode, einem Krypto-Analyseunternehmen, zeigen.

Laut Rafael Schultze-Kraft von Glassnode hat sich die Rate an täglichen neuen Nutzern seit dem letzten Halving 2016 um 68 Prozent erhöht, die täglichen Transaktionen sind um 44 Prozent gestiegen, das durchschnittliche Volumen der täglichen Transaktionen um 700 Prozent und die Hashrate, also die Rechenleistung der Miner, ist seit 2016 um über 6000 Prozent angewachsen. Dies spricht für ein anhaltendes Wachstum des Netzwerks und der Nutzerzahlen.

Quelle: Twitter

Verbraucherschützer warnen, Deutsche Bank sieht Potenzial

Die Verbraucherschützer in Deutschland warnen dagegen unisono, Geld in Kryptowährungen anzulegen, sie seien ein „hochriskantes Spekulationsobjekt“. „Kryptowährungen unterliegen starken Kursschwankungen“, warnte zuletzt die Verbraucherzentrale Hamburg. Ihr Wert hänge allein von der Nachfrage ab. „Bricht die Nachfrage ein, verliert auch die Währung an Wert.“ Die Verbraucherschützer verweisen darauf, dass Bitcoins keine zusätzlichen Zinsen abwerfen. „Weiterer Nachteil: Der Markt für Kryptowährungen ist nicht durch eine Finanzaufsicht reguliert. Es fehlen staatliche Sicherungssysteme.“

Die Befürworter des Bitcoin und anderer Kryptowährungen dagegen berufen sich auf die Studie „Imagine 2030“ der Deutschen Bank. Dort wird auf rund 80 Seiten argumentiert, warum Kryptowährungen sich zu Währungen im traditionellen Sinne entwickeln werden, in sogenanntes Fiat-Geld. Aber auch diese These blieb von höchster Stelle nicht unwidersprochen: „Angesichts der Kursausschläge eignen sich Krypto-Token weder zur verlässlichen Wertaufbewahrung noch als Recheneinheit“, sagte Bundesbank-Chef Jens Weidmann.

Von Alexander Mayer mit Material von dpa-AFX

Titelfoto: Igor Batrakov / Shutterstock.com

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