Börse Frankfurt-News: Gegenwind für die Bullen (Wochenausblick)

dpa-AFX · Uhr

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Nach der rasanten Rallye an den Aktienmärkten
rechnen viele Analysten mit einer

Pause. Mögliche Korrekturen würden voraussichtlich durch Neupositionierungen

aufgefangen.

8. Juni 2020. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Viele reiben sich angesichts der

rasanten Erholung von Aktien rund um den Globus vermutlich die Augen und fragen

sich, ob die Pandemie damit bereits als überstanden gilt. Die Charts wichtiger

Aktienindizes entwickeln ein V-Format, das sich viele auch für die gebeutelte

Wirtschaft erhoffen. "Der von uns erwartete kräftige Anstieg der Notierungen

wurde quasi im Zeitraffer vollzogen", beschreibt Markus Reinwand von der

Helaba.

Allein vergangene Woche legte der deutsche Aktienindex rund 10 Prozent auf

12.847 Punkte zu und machte damit seit dem Tief am 18. März 4.406 Punkte gut.

Der S&P 500 erholte sich von 2.237 auf 3.193 Punkte, der japanische Nikkei 225

steht mit 23.178 Punkten rund 40 Prozent im Plus. In die neue Woche startet der

DAX mit 12.722 Punkten und damit schwächer.

Anhaltend bullish

Angesichts rekordhoher Rettungspakete und immer neuer geldpolitischer

Unterstützung blicken Aktionäre durch die Rezession hindurch, wie Chris-Oliver

Schickentanz von der Commerzbank feststellt. "Diese Entwicklung dürfte

andauern, solange die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr zur Normalität

aufrechterhalten wird." Investoren säßen nach wie vor auf hohen

Bargeldbeständen und würden etwaige Rücksetzer am Aktienmarkt mangels

Anlagealternativen rasch zum Wiedereinstieg nutzen.

.wenn nichts dazwischenkommt

Vielen geht die Erholung auch zu schnell. "Zwischenzeitliche Gewinnmitnahmen

sind insofern einzukalkulieren und auch gesund", meint Robert Halver. Die

Gefahr massiver und nachhaltiger Kursrückgänge stuft der Baader Bank-Analyst

aber als begrenzt ein. Am US-Aktienmarkt bewegten sich Optimisten und

Pessimisten gegenwärtig in neutralem Terrain.

Dennoch bezahlten die Börsen eine positive Zukunft. "Jede Rücknahme von

Lockerungen wird die Aktienmärkte enttäuschen." Auch dürfe der US-chinesische

oder der transatlantische Handelskonflikt den wirtschaftlichen Auftrieb nicht

gefährden.

US-Aktien teuer

Mit den ersten Lichtblicken konjunktureller Frühindikatoren schwächte sich

Reinwand zufolge der weltweite negative Revisionstrend bei den

Gewinnerwartungen der Unternehmen. Zwar überwiege immer noch die Anzahl

reduzierter Schätzungen. Bei den wichtigsten Indizes gebe es aber Anzeichen

einer Bodenbildung.

Nach der rasanten Erholung an den Aktienmärkten hält Reinwand zumindest US-

Titel mittlerweile für teuer. Deutsche Standardwerte hätten durch den jüngsten

Anstieg den fairen Bereich nach oben verlassen. Um dies zu rechtfertigen,

müssten die Unternehmensgewinne in den kommenden Jahren deutlich stärker

steigen als dies ohnehin schon erwartet werde. "Hier baut sich unseres

Erachtens Enttäuschungspotenzial auf."

Pause mit einkalkulieren

Aus technischer Perspektive ist der DAX nach Meinung von Christoph Geyer in den

Bereich der alten Unterstützung gelaufen. Diese Zone zwischen 13.000 und 13.500

Punkten werde nun zum Widerstand. Ein Anstieg darüber wird dem DAX nach

Auffassung des Commerzbank-Charttechnikers im ersten Anlauf sehr schwer fallen.

Im DAX-Langfristchart habe der MACD-Indikator gerade ein Kaufsignal generiert.

Somit hält Geyer die alten Höchststände für wieder erreichbar. Allerdings sei

der Anstieg in den letzten Wochen so steil geworden, dass diese Dynamik nicht

mehr lange durchhaltbar sein werde. "Eine Korrekturbewegung sollte

bevorstehen."

Federal Reserve im Fokus

Nach dem überraschend positiven Bericht zum US-Arbeitsmarkt am Freitag richten

Anleger ihren Blick Richtung Offenmarktausschuss der Federal Reserve, der am

Dienstag und Mittwoch tagen wird. Mit der Ausweitung der Bilanzsumme um 70

Prozent auf 7,15 Billionen US-Dollar in den vergangenen drei Monaten agierten

die US-Währungshüter laut Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank so

aggressiv wie keine andere Notenbank. Dem gegenüber gebe sich die Europäische

Zentralbank mit einem Bilanzanstieg von 19 Prozent geradezu vorsichtig. de la

Rubia geht davon aus, dass die Notenbank ihren eingeschlagenen Kurs zunächst

fortsetzen wird, unter anderem um die Renditen für US-Staatsanleihen niedrig zu

halten und die Kapitalmärkte nicht zu belasten.

von: Iris Merker

8. Juni 2020, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die
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