Buffett und Munger einzigartig weise und zugleich schrill

Stefan Riße · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Ich war schon auf Konzerten in großen Hallen und in Stadien, zu Depeche Mode, Lionel Richie oder auch Beyonce. Aber nie war ich bereit mich vor offizieller Öffnung in die Schlange zu stellen, um einen der vorderen Plätze zu ergattern. Doch am vergangen Samstag war es so weit. Für die Hauptversammlung von Berkshire Hatahway, dem einstigen Baumwollunternehmen, das der heute mit Abstand berühmteste Investor der Welt - Warren Buffett – zu einem Versicherungsriesen und einer Investmentholding umbaute, stellte ich mich um 6:00 Uhr an eine von mehreren schon hundert Meter langen Schlangen an. Die Türen öffneten jedoch erst um 7:00 Uhr und die eigentliche Veranstaltung begann erst um 9:00 Uhr.

Formal betrachtet Hauptversammlung, in Wirklichkeit das Popkonzert des Kapitalismus

Los ging es mit einem Film, in dem der nun fast 88jährige Warren Buffett, von Arnold Schwarzenegger in der Rolle des Drill Intructors trainiert wird, um dann im Box Ring gegen Floyd Mayweather anzutreten, mit LeBron James Basketball zu spielen und bei einem Profispiel im Baseball den entscheidenden Wurf zu machen. Dass in der Pause die leibhaftige Glenn Close (Eine verhängnisvolle Affäre) in der Halle ist, um extra im zur Hauptversammlung kreierten TV-Programm von Yahoo zu erklären, warum sie Buffett so schätzt, geht da fast unter.

Chinesen auf dem Vormarsch

Und dann beginnt sie, die sechsstündige Fragensession mit Warren Buffett und seinen langjährigen Partner Charlie Munger. Munger ist vor allem in Deutschland zwar längst nicht so berühmt wie Buffett, für diese einzigartige Entwicklung von Berkshire Hathaway aber äußert wichtig gewesen. Er ist der perfekte Sidekick für Buffett und rundet seine Kommentare und Antworten in wunderbarer Weise ab. Gefragt wird von bekannten Finanzjournalisten aus den USA, oder direkt von Aktionären, die dafür einen der extra beleuchteten Mikrofonposten besteigen. Natürlich mussten die Fragen zuvor eingereicht werden und man muss zu den Auserwählten gehören, die ihre Frage auch stellen dürfen. Für alle reichen die sechs Stunden bei weitem nicht aus. Dass die Chinesen auf dem Vormarsch sind, das wird auch hier deutlich. Nicht nur unter den Besuchern auch unter den Fragenden hatten sie einen hohen Anteil.

Optimismus geschöpft aus der eigenen Lebenserfahrung

Natürlich ist der drohende Handelskrieg ein Thema, wie auch die Gefahr von Cyberangriffen. Natürlich weiß auch Buffett nicht, wie die Zukunft aussieht. Nie würde er mit diesem Anspruch auftreten, trotz aller Erfolge. Doch seine Erfahrung macht ihn dann doch zum überzeugten Optimisten. 14 Präsidenten habe er während seines bisherigen Lebens erlebt. Krisen und Sorgen gab es immer wieder, doch am Ende hat sich das Land immer zum Positiven entwickelt, und das machte er auch anhand der ersten Aktie deutlich, die er 1942 einst als Jugendlicher erwarb. Multimillionär wäre er allein mit dieser geworden, hätte er sie nicht viel zu früh verkauft. Produktivkapital ist es, in das es zu investieren galt und auch noch heute gilt. Gold hätte seitdem nur ein Bruchteil der Rendite erzielt.

Kryptowährungen werden ein böses Ende nehmen

Wie zu erwarten war, gab es eine Frage zu den Kryptowährungen. Und wie zu erwarten war, gab es ein vernichtendes Urteil. Sie lebten einzig von der Hoffnung dass jemand bereit sei in der Zukunft einen noch höheren Preis zu zahlen. Eine innerne Wert gäbe es nicht, weil sie keinerlei Nutzen stiften würden. Buffett hatte keinen positiven Kommentar für sie über, auch als Wertaufbewahrungsmittel taugten sie nicht. Munger daraufhin nach dessen Meinung gefragt, sagte nur: Meine Meinung zu den Kryptowährungen ist noch mieser als Deine.

Zeitlose Grundsätze in einer Welt im Umbruch

Wer sich vollkommen neue Erkenntnisse von Buffett und Munger versprach, der wurde enttäuscht. Doch das war auch nicht zu erwarten. Alles ist in den vergangen Jahrzehnten gesagt worden, niedergeschrieben in unendlich vielen Büchern über Buffett und Munger und wieder erzählt von seinen selbsternannten Jüngern auf Konferenzen, von den in Omaha im Vorfeld einige stattfanden. Buffetts und Mungers Grundsätze des Investierens und des Unternehmertums sind für so viele zu einem Leitfaden für ihr ganzes Leben geworden, der sie einmal im Jahr in Omaha sinnbildlich verbindet. Ihre Bedeutung ist universell und sie werden im Gegensatz zu anderen Börsenregeln immer Gültigkeit haben. Denn sie basieren auf dem simplen Prinzip, dass der Kurs einer Aktie irgendwann immer wieder zu seinem inneren Wert zurück findet, der wiederum das Ergebnis des Gewinns oder genau genommen der abgezinsten Gewinne der Zukunft ist. Da spielt es keine Rolle, ob „Mr Market“ wie Buffett und Munger die Börse nennen, von Hochfrequenzhandel und sonstigen Algorithmen beeinflusst wird. Ergo muss der erfolgreiche Investor nur eine Vorstellung für die Gewinnentwicklung eines Unternehmens und dann die entsprechende Geduld haben.

Kapitalismus ohne  Kapital

Welche gigantische Gewinnentwicklung Unternehmen wie Google, Amazon oder auch Facebook haben würden, dafür hatte Buffett keine konkrete Vorstellung und so hat er all diese fantastischen Unternehmen verpasst. „Dumm“ sei das gewesen, sagt er ganz offen, so wie er stets offen mit seinen Fehlern umgegangen ist. Aus ihnen konnten seine Anhänger so manchmal mehr lernen, als aus den erfolgreichen Investments. Nur bei Apple ist er jetzt investiert und hat das Engagement zuletzt sogar erhöht. Apple ist für ihn keine Tech-Firma, die er nicht versteht, sondern gleicht für ihn mittlerweile eher einem Konsumgüterproduzenten. Apple wie auch die vorgenannten Unternehmen zeichnet aus, dass sie alle quasi kein Kapital mehr benötigen. Sie wachsen aus ihrem Cash Flow heraus. Buffett aber muss viel Kapital unterbringen. 130 Milliarden US-Dollar Cash liegen momentan herum. Er investiert es in kapitalintensive Industrien wie Eisenbahnen und Versorger. Hier werden die Renditen nicht in den Himmel schießen, aber solide sein.

Eines wird aber auch deutlich. In einer Welt, in der fast alle Geschäftsmodelle digitalisiert werden, wird auch Berkshire Hathaway sich wandeln und nach den „heiligen“ Grundsätzen des Valueinvestments mehr in Technologieunternehmen investieren müssen. Insofern ist es wahrscheinlich gar nicht verkehrt, wenn in absehbarer Zeit das Zepter an jüngere Leute aus der heute zweiten Führungsebene übergeben wird, die hier einen stärkeren Zugang finden.

Und zum Schluss noch etwas in eigener Sache. Seit Anfang Mai bin ich für die Acatis Investment www.acatis.de als Kapitalmarktstratege tätig. Ihr Gründer Hendrik Leber reist seit 1995 jedes Jahr nach Omaha und gehört zu denjenigen, die den Anlagestil Buffetts in Deutschland populär gemacht haben. In diesem Sinne wird sich „Rißes Wochenkehraus“ zukünftig auch stärker dem Valueinvestment zuwenden - langfristig das erfolgreichste Konzept.

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