Coronavirus: Asiens Märkte stabilisieren sich vorerst – Baltic Dry Index schlägt jedoch Alarm für die Weltkonjunktur

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Nach dem von Virusängsten getriebenen schweren Rücksetzer zum Wochenstart haben sich die Börsen in Asien am Dienstag stabilisiert. Zwar breitet sich die neuartige Lungenkrankheit noch immer rasant aus. Chinesische Experten rechnen erst in etwa zwei Wochen mit einem Höhepunkt der Infektionswelle.

An den chinesischen Festlandbörsen legte der CSI 300 um 2,64 Prozent auf 3785,64 Punkte zu, nachdem er am Vortag nach einer verlängerten Handelspause um fast 8 Prozent abgesackt war. In Tokio schloss der Leitindex Nikkei 225 mit einem Plus von 0,49 Prozent bei 23.084,59 Punkten. Der Hang Seng in Hongkong kletterte zuletzt um 1,31 Prozent auf 26.703,22 Punkten.

Vorerst Ruhe, doch das Schlimmste dürfte noch nicht überstanden sein

An den Börsen habe das Coronavirus jedoch etwas an Schrecken verloren, schrieb Marktexperte Thomas Altmann von QC Partners. „Es ist beeindruckend, wie schnell die Käufer in den Markt zurückgekommen sind“, kommentierte der Experte. Zwar würden die chinesische Notenbank und die Regierung versuchen, den Schaden gering zu halten. Die Risiken blieben aber bestehen. Die Notenbank hatte zu Beginn der Woche 1,2 Billionen Yuan in die Repo-Märkte gespült, um einen Kollaps der Märkte zu verhindern. Man wolle einen Crash um jeden Preis vermeiden, hieß es.

Die Maßnahme soll die Funktionalität des chinesischen Geldmarktes und Bankensystems sicherstellen. Das Geld floss im Rahmen von Repo-Geschäften. Dabei hinterlegen Banken Wertpapiere als Sicherheiten. Laut dem Finanzdienst Bloomberg war die Geldspritze die größte seit 2004. Laut Analysten wurde ein Großteil des Geldes für die Erfüllung der am Montag fälligen Zahlungsverpflichtungen verwendet.

Wie stark diese Epidemie auf die chinesische Wirtschaft und somit auf der Weltkonjunktur unterm Strich lastet, könne derzeit noch nicht beziffert werden, hieß es an der Stelle von IG-Analyst Christian Henke. Eines steht für ihn aber fest: „Die Wirtschaftsleistung im Reich der Mitte dürfte im ersten Quartal nicht die Beste sein.“

Die Konjunktur könnte massiven Schaden erleiden

Einig sind sich die Experten mittlerweile darin, dass die Folgen diesmal schwerwiegender sind, als bei der Sars-Epidemie vor 17 Jahren. Denn Airlines fliegen nicht mehr nach China, die Bänder von VW und BMW, sowie weiteren Autobauern in dem Land stehen derzeit still und auch Unternehmen wie Apple, McDonald´s, Starbucks oder Ikea schließen dort vorübergehend ihre Geschäfte. „Mit der weiteren Ausbreitung des Coronavirus innerhalb Chinas und darüber hinaus in Asien werden auch die wirtschaftlichen Kosten zunehmen“, sagt DIW-Präsident Marcel Fratzscher.

Die wirtschaftliche Bedeutung des Landes ist seit Sars immens gewachsen. Die mittlerweile zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist ein wichtiger Exportmarkt für „Made in Germany“. Zugleich produzieren deutsche Industriefirmen dort, Hersteller beziehen Teile aus dem Land für ihre Produktion. „Was in China heute passiert, hat größere Bedeutung für die Welt als früher“, fasst Ökonom Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank zusammen.

Nach Einschätzung des Ifo-Konjunkturexperten Timo Wollmershäuser dürften „die wirtschaftlichen Folgen stärker ausfallen als bei der Sars-Epedemie“. Sars habe China damals etwa ein Prozent Wachstum des Bruttoinlandsprodukts gekostet. In den deutschen Zahlen habe sich das praktisch nicht niedergeschlagen. „Seitdem ist die wirtschaftliche Bedeutung des Landes gewachsen, die Infektionszahlen sind höher und die chinesische Regierung reagiert härter.“

Ungünstiger Zeitpunkt

Das Virus trifft die chinesische Wirtschaft – wie auch die Weltwirtschaft insgesamt – ausgerechnet in einer Schwächephase. „Je länger der Ausnahmezustand – sprich: das Reiseverbot in China – anhält und je weiter sich das Virus ausbreitet, desto gravierender werden die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft sein“, analysieren Volkswirte der Commerzbank . Keine guten Perspektiven also für die exportorientierte deutsche Wirtschaft. „Sollten die Produktionsstopps in der chinesischen Industrie länger anhalten, wären auch die internationalen Lieferketten bedroht“, erläutert Klaus-Jürgen Gern vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel. „Die Bedeutung Chinas als Lieferant für die übrige Welt ist erheblich“.

Ein längerer Stillstand könnte vor allem Lieferketten in der Chemie, im Fahrzeugbau, in der Textilbranche und der Elektronik unterbrechen, warnen Ökonomen der Allianz. Hersteller auch in Deutschland bekämen benötigte Teile nicht mehr, sie müssten andere Lieferanten finden oder ihre Produktion herunterfahren.

Baltic Dry Index bricht ein

Ein Indikator, auf den viele Experten schauen, schlägt besonders Alarm: Der Baltic Dry Index, der die Frachtraten für Seetransporte misst. Ein überragender Teil des Welthandels findet über den Seeweg statt, daher ist dieser Index einer der zuverlässigsten Indikatoren für den Zustand der weltweiten Konjunktur. Der „Capesize“-Index für sehr große Frachter ist auf minus 21 Punkte gesunken - im September 2019 lag der Wert noch bei 5000 Punkten. Das sorgt bei vielen Marktexperten für große Sorge, denn es ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Nachfrage nach Rohstoffen und Produkten extrem eingebrochen ist. Frachter der Kategorie Capesize verschiffen vor allem Rohstoffe. Der übergeordnete Baltic Dry Index, der die Daten von Frachtern aller Größen bündelt, ist von 2000 Punkten im Oktober 2019 auf heute noch knapp unter 500 Punkte abgetaucht. Unter dem Strich ist das ein weiteres Indiz für die wachsende Verunsicherung der Unternehmen weltweit, da wesentlich weniger neue Güter und Rohstoffe bestellt werden und die Frachter entsprechend leer bleiben.

DIW-Präsident Fratzscher warnt jedoch: „Die größte wirtschaftliche Sorge ist die Panikmache, die wir in Einzelfällen auch in Europa sehen.“ Die Angst vor dem Unbekannten führe bei Konsumenten und Unternehmen – vor allem in China, aber auch global – zu übertrieben starken Reaktionen. Allerdings komme das Coronavirus auch zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, „da die Risiken in der Weltwirtschaft durch Handelskonflikte, Brexit, schwache Banken und geopolitische Konflikte ohnehin schon ungewöhnlich hoch sind“.

onvista/dpa-AFX

Titelfoto: Avigator Fortuner / Shutterstock.com

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