Daimler-Chef - China bleibt Wachstumstreiber trotz Handelsstreits

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Frankfurt (Reuters) - Der Autobauer Daimler kann sich nach Einschätzung von Vorstandschef Ola Källenius noch lange auf hohe Nachfrage am weltweit größten Automarkt China verlassen.

In den letzten zehn Jahren sei der Markt dort dramatisch gewachsen, erklärte Källenius bei einer Videokonferenz des Internationalen Clubs Frankfurter Wirtschaftsjournalisten am Montagabend. "Wir erwarten in den nächsten zehn Jahren das größte Wachstum auch in China." Neben der immer noch geringen Fahrzeugdichte in dem Land mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern nützt der Marke mit dem Stern der wachsende Wohlstand der Mittelschicht in dem Land. So sei die sehr schnelle Erholung der Nachfrage nach Premiumautos von der Corona-Krise in China auch damit zu erklären, dass Käufer ihr Geld nicht für teuren Urlaub im Ausland ausgeben konnten und sich stattdessen ein neues Auto leisteten.

Die Abkühlung der Wirtschaft in China, die vor drei Jahren wegen des Handelsstreits mit den USA unter Präsident Donald Trump begonnen hatte, belastet die exportstarke deutsche Autoindustrie zusehends. In den Jahren davor waren die Absätze von Rekord zu Rekord geeilt. Bedenken über eine zu große Abhängigkeit von China, wo die deutsche Autoindustrie etwa jedes dritte Fahrzeug verkauft, trat Källenius entgegen. "Es wäre eine falsche Entscheidung zu sagen, wir sind zu abhängig von China - da würden uns so viele Chancen entgehen."

Für Mercedes-Benz ist das Land mit einem Absatz von knapp 700.000 Pkw im vergangenen Jahr mit Abstand der größte Einzelmarkt - und gut doppelt so groß wie der zweitgrößte Markt USA mit gut 330.000 verkauften Neuwagen. Gemeinsam mit dem chinesischen Autobauer BAIC betreibt Daimler in China sein größtes Montagewerk mit mehr als einer halben Millionen Autos Jahresproduktion. Für den chinesischen Markt laufen dort Kompaktwagen, die C- und E-Klasse und künftig auch Elektroautos vom Band. Doch die gerade neu aufgelegte Luxuslimousine S-Klasse soll Källenius zufolge "made in Germany" bleiben. Bei einer Jahresproduktion von rund 100.000 Stück würde es sich nicht rechnen, alle Werkzeuge und Anlagen dafür drei Mal anzuschaffen, um auch in China und den USA zu produzieren.

Der Autobauer müsse sich auf den rauen Ton zwischen den Handelsriesen USA und China ebenso einstellen wie auf einen harten Brexit, erklärte Källenius. Beides gehe mit Zöllen auf Autoimporte einher. Denn nicht nur US-Präsident Trump, auch sein Herausforderer Joe Biden strebe an, das Defizit in der US-Handelsbilanz zu drücken. Bei einem Austritt Großbritanniens aus der EU gälten Zölle nach den Regeln der Welthandelsorganisation. Bei einem harten Brexit ein Werk in Großbritannien zu eröffnen, lohne sich für Mercedes-Benz wegen der Stückzahlen nicht. "Wir müssten mit WTO-Regeln leben", sagte Källenius.

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