Daimler will gegen Corona-Krise ansparen

Reuters · Uhr

- von Ilona Wissenbach

Frankfurt (Reuters) - Daimler-Chef Ola Källenius hat wegen der Corona-Krise erneut einen verschärften Sparkurs angekündigt, bleibt Details aber zunächst schuldig.

Die bisherigen Effizienzziele hätten nur die Transformation hin zu Elektroautos abgedeckt, aber keine weltweite Rezession. "Deswegen schärfen wir unseren Kurs nach", sagte Källenius am Mittwoch auf der virtuellen Hauptversammlung. Der Vorstand habe ein Programm zur Verbesserung der Kostenstruktur im gesamten Unternehmen verabschiedet, erklärte Aufsichtsratschef Manfred Bischoff. Denn weiterhin notwendige Investitionen in Elektroautos oder Digitalisierung könnten sonst nicht mehr erwirtschaftet werden. Finanzchef Harald Wilhelm sagte, man behalte das Ziel im Blick, auch in Zukunft profitabel zu sein - etwa durch deutlich geringere Kosten und einen Abbau von Produktionskapazitäten wie etwa den Verkauf des Smart-Werks im französischen Hambach.

Im November hatte der neue Daimler-Chef Pläne vorgestellt, nach denen von 2020 bis 2022 mehr als 1,5 Milliarden Euro eingespart werden sollten. Die Personalkosten sollten durch den Wegfall von mehr als 10.000 der weltweit 300.000 Stellen um 1,4 Milliarden Euro sinken. Seither hat die Covid-19-Pandemie die Lage in der Branche drastisch verschlechtert, der Plan ist Makulatur. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) sagt einen weltweiten Pkw-Absatzrückgang um 17 Prozent auf knapp 66 Millionen Fahrzeuge für 2020 voraus. Durch frische Kreditlinien und das Anhalten der Produktion habe Daimler seine Liquidität in der Krise gesichert, erklärte Wilhelm. "Wir brauchen keine Staatshilfe."

Gespräche von Management und Betriebsräten laufen Källenius zufolge schon. Die Arbeitnehmer halten an dem vor der Krise beschlossenen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 2030 fest. Baden-Württembergs IG-Metall-Chef Roman Zitzelsberger, Mitglied im Daimler-Aufsichtsrat, bewertet die Lage nicht so dramatisch wie bei vielen kleinen Autozulieferern: "Daimler ist in der Situation, dass die Bedrohung extrem herausfordernd, aber nicht existenziell ist", sagte er vergangenen Woche.

CHINA-ABSATZ MACHT HOFFNUNG

Aktionäre sehen den Premiumautobauer dagegen in erbärmlichem Zustand: "Daimler ist ein Sanierungsfall und gibt ein schwaches Bild ab, wohin man schaut: Aktienkurs, operatives Geschäft, Elektromobilität, CO2-Emissionen, Effizienz, Marge", erklärte Janne Werning, Vertreter der Fondsgesellschaft Union Investment. Im ersten Halbjahr sei der Absatz der Pkw-Marke Mercedes-Benz um knapp 19 Prozent auf knapp 870.000 Fahrzeuge gesunken, gab Daimler bekannt. Durch den Lockdown blieben Autohäuser zu, die Produktion wurde heruntergefahren.

Einziger Hoffnungsschimmer ist China. Dort erreichte die Marke mit dem Stern im zweiten Quartal mit einem Plus von einem Fünftel gegenüber dem Vorjahreszeitraum ihren zweitbesten Quartalsabsatz. "Wir sind vorsichtig optimistisch, dass andere Märkte an diese Entwicklung Schritt für Schritt anknüpfen können", sagte Källenius. Für das zweite Quartal rechnet Daimler mit deutlichem Umsatzrückgang und operativem Verlust. Für das Gesamtjahr wagte Källenius weiterhin keine präzise Prognose. Absatz, Umsatz und das Ergebnis des Konzerns dürften unter Vorjahr liegen, bekräftigte der Daimler-Chef. "Zur Wahrheit gehört auch: Der Weg zum Vorkrisenniveau ist noch lang."

DIESEL-UNTERSUCHUNG DURCH ANWÄLTE

Viele der mehr als 400 schriftlich eingereichten Fragen kreisten um die wachsenden Kostenrisiken im Dieselskandal bei Mercedes. 2019 musste der Dax-Konzern rund vier Milliarden Euro für Rückstellungen, Bußgeld und Rückrufkosten aufwenden. Das Nettoergebnis sackte um fast zwei Drittel auf 2,7 Milliarden Euro ab, nachdem der Gewinn schon 2018 um knapp 30 Prozent gesunken war.

Bischoff erklärte, eine unabhängige Anwaltskanzlei untersuche, ob Vorstandsmitglieder für die Manipulation von Diesel-Abgasen verantwortlich seien. Aufsichtsrat und Vorstand wollten alles Erdenkliche tun, um die Sachverhalte aufzuklären und erforderliche Maßnahmen zu ergreifen. Investmentfonds aus Deutschland kritisierten wegen der Altlasten aus der Zeit von Källenius-Vorgänger Dieter Zetsche den Plan, den langjährigen Daimler-Chef 2021 zum Aufsichtsratschef zu machen. Bischoff will daran aber festhalten. Ingo Speich vom Sparkassen-Institut Deka lobte den Realitätsbezug des neuen Managements. Es verdiene einen Vertrauensvorschuss. "Die Aufräumarbeiten der Ära Zetsche haben begonnen."

Neueste exklusive Artikel