Daimler: Zukunftstechnik kommt von Nvidia ++ VW: Ist Europcar das nächste Übernahmeziel? ++ Facebook: Wird das Soziale Netzwerk an den Pranger gestellt? ++ Dax startet unter 12.500 in den Tag

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Nach deutlichen Vortagesgewinnen hat der Dax am Mittwoch leicht nachgegeben. In den ersten Handelsminuten sank der deutsche Leitindex um 0,31 Prozent auf 12 485,10 Zähler. Tags zuvor noch war er zeitweise wieder über 12.600 Punkte geklettert. Mit Spannung wird nun zunächst auf die vom Ifo-Institut erhobenen Daten zum deutschen Geschäftsklima gewartet, die in Kürze bekannt gegeben werden. Die Dekabank etwa geht davon aus, dass die Corona-Rezession im April ihren Höhepunkt erreicht und sich die Lage nach einer ersten Erholung im Mai nun auch im Juni weiter verbessert hat.

Der MDax der mittelgroßen Börsenwerte verlor 0,23 Prozent auf 26.229,19 Punkte. Der Eurozone-Leitindex EuroStoxx 50 sank um 0,39 Prozent auf 3.285,98 Punkte .

Aus den USA indes kommen laut dem Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners schlechte und gute Nachrichten: Einerseits laufe die Corona-Welle ungebremst weiter, andererseits scheine das nächste US-Hilfspaket für die Wirtschaft konkreter zu werden. Den jüngsten Dax-Anstieg sieht Altmann angesichts gesunkener Handelsumsätze eher kritisch. „Die Anleger misstrauen den aktuellen Gewinnen, es gibt auf dem jetzt wieder erhöhten Kursniveau nur noch wenige Käufer, die neu in den Markt kommen. Gleichzeitig sehen wir möglicherweise bereits jetzt den Beginn des Sommerloches.“

Daimler: Software spielt eine entscheidende Rolle

Die Marke mit dem Stern setzt in einer strategischen Weichenstellung bei künftigen Mercedes-Autos auf Computer des US-Konzerns Nvidia Mit der Technik sollen Fahrassistenz-Systeme, teilweise automatisiertes Fahren sowie komplett eigenständiges Navigieren auf Parkplätzen laufen. Das erste Modell mit der gemeinsam entwickelten Fahrzeug-Architektur soll Ende 2024 auf die Straße kommen, sagte Daimler-Chef Ola Källenius am Dienstag. Mit der Zeit soll die Technologie in allen Modellreihen von Mercedes-Benz-Autos eingesetzt werden.

Ein großer Vorteil des Systems ist die Möglichkeit, es mit neuen Funktionen und Fähigkeiten zu aktualisieren. „Es ist eine neue Ära für die Automobilindustrie, die traditionell lange Entwicklungszyklen hatte“, betonte der Chef von Nvidias Autogeschäft, Danny Shapiro. Früher sei ein Auto beim Kauf am besten gewesen, jetzt könne es mit der Zeit dank Software besser werden, sagte Nvidia-Chef Jensen Huang. Autos von Mercedes könnten 10 oder 20 Jahre auf der Straße bleiben – und mit der neuen Plattform auch diese gesamte Zeit mit Software aufgefrischt werden, argumentierte er. „Das Geschäftsmodell der Autoindustrie wird sich verändern.“

Software spiele inzwischen auch in der Autobranche eine entscheidende Rolle, betonte Shapiro. „Es ist Software, die Produkte besser und besser machen kann.“ In alle Mercedes-Autos soll – unabhängig von der Modellklasse und den von Kunden erworbenen Funktionspaketen – Nvidias Ende vergangenen Jahres vorgestellter Autocomputer „Orin“ kommen. In der Nvidia-Technik sollen unter anderem die Daten verschiedener Sensoren verarbeitet werden und die Software mit künstlicher Intelligenz laufen. Das System werde auch 2024 noch auf dem aktuellen Stand der Technik sein, versicherte Shapiro. Mercedes macht noch keine Angaben dazu, welche Modellreihe die Nvidia-Systeme als erste bekommen soll.

Da es um eine komplett neue Fahrzeugarchitektur geht, wird die Technik nicht in vorherigen Modellen nachgerüstet werden können.

Bis vor kurzem loteten auch Mercedes und BMW eine gemeinsame Entwicklung von Technologie zum automatisierten Fahren aus, doch diese Partnerschaft wurde vergangene Woche ausgesetzt. BMW kooperiert mit der Intel-Tochter Mobileye, die mit ihren Computern und Software als ein Konkurrent von Nvidia auftritt. Mercedes setzte auch eine Kooperation mit Bosch mit Fokus auf Robotaxis in der Stadt auf – dieses Projekt werde aber zugunsten der Kooperation mit Nvidia zurückgestellt, sagte Källenius. Nvidia werde auch weiterhin mit anderen Unternehmen aus der Autobranche zusammenarbeiten, betonte Shapiro.

Nvidia war ursprünglich vor allem als Grafikkarten-Spezialist bekannt. Doch seit sich zeigte, dass sich Grafikkarten gut für Anwendungen mit künstlicher Intelligenz eigenen, setzt die Firma aus dem Silicon Valley verstärkt auch auf Technologie für maschinelles Lernen, darunter auch beim autonomen Fahren.

VW: Holen die Wolfsburger die einstige Tochter zurück?

Insidern zufolge wirf Wolfsburg ein Auge auf den mit der Wirtschaftsflaute ringenden Autovermieter Europcar. Die Wolfsburger erwägten eine Offerte für die Franzosen, wenngleich die Überlegungen noch in einem sehr frühen Stadium seien, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am späten Dienstagabend unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Auch andere Interessenten habe es schon gegeben, wobei ein Verkauf angesichts der Probleme durch die Corona-Krise für die Reisebranche schwierig sein könnte.

So hatten die Franzosen schon länger unter dem anstehende Brexit und der sich abkühlende Weltkonjunktur gelitten, bevor weltweite Reisebeschränkungen und Lockdowns in vielen Ländern der gesamtem Branche das Leben 2020 noch schwerer machten. An der Börse ist Europcar aktuell nur noch rund 390 Millionen Euro wert. 2017 waren es noch bis zu rund 2,2 Milliarden Euro gewesen. Zum Vergleich: der deutsche Konkurrent Sixt bringt es aktuell auf eine Marktkapitalisierung von rund 3 Milliarden Euro.

Sollte Volkswagen Europcar tatsächlich kaufen, etwa um das Geschäft mit Mobilitätsdiensten zu stärken, würde die einstige Tochter zurück in den Mutterkonzern kommen. So hatte VW das Unternehmen 2006 an den Finanzinvestor Eurazeo veräußert.

Kurz & knapp:

Facebook: Der US-Eiscremehersteller Ben & Jerry’s will aus Protest gegen Facebooks Umgang mit rassistischen, hetzerischen und manipulativen Inhalten vorerst keine Werbung mehr bei dem Online-Netzwerk schalten. Das Soziale Netzwerg müsse mehr tun, um die Nutzung seiner Plattform zur Spaltung Amerikas zu verhindern, forderte das zum Konsumgüterkonzern Unilever gehörende Unternehmen am Dienstag (Ortszeit). Ben & Jerry’s schließe sich deshalb der Initiative #StopHateForProfit an und stoppe in den USA ab 1. Juli bis auf Weiteres sämtliche bezahlten Anzeigen bei Facebook und Instagram. US-Bürgerrechtsorganisationen hatten Firmen in der vergangenen Woche zu dem Boykott aufgerufen. So soll Facebook an einer empfindlichen Stelle getroffen werden – der Konzern macht fast seinen ganzen Umsatz mit Werbeerlösen. Mit The North Face und Patagonia schlossen sich bereits andere bekannte Marken an. Die US-Protestwelle gegen Rassismus und Polizeigewalt hat die Kritik an Facebook, zu nachlässig mit kontroversen Beiträgen umzugehen, wieder stark aufflammen lassen. Dazu trug auch Zuckerberg wesentlich bei, der sich weigerte, gegen umstrittene Aussagen von US-Präsident Donald Trump einzuschreiten.

Dialog Semiconductor: Der Halbleiterhersteller wird angesichts einer hohen Nachfrage nach Computern in der Corona-Krise optimistischer für die Geschäftsentwicklung. Der Umsatz dürfte im zweiten Quartal zwischen 290 und 305 Million US-Dollar (258 bis 271 Millionen Euro) liegen, wie das Unternehmen in der Nacht zum Mittwoch in London mitteilte. Anfang Mai hatte das Management noch einen Umsatz von 260 Millionen Euro bis 290 Millionen Dollar in Aussicht gestellt. Der durch die Corona-Krise bedingte Trend zum Homeoffice sowie zum Lernen daheim hätten zu einer überraschend starken Nachfrage nach Notebooks, Tablets und ähnlichen Geräten geführt, erklärte Dialog. Das Unternehmen geht auch für das dritte Quartal von einer schwungvollen Entwicklung aus. Die vollständigen Resultate für das bis 26. Juni laufende Geschäftsquartal sollen am 5. August vorgelegt werden.

Medigene: Das auf die Entwicklung von Krebstherapien spezialisierte Biotechunternehmen kann eine Phase-I-Studie zu einer möglichen Immuntherapie gegen Blutkrebs starten. Die niederländische Aufsichtsbehörde habe die Studie mit dem TCR-T-Immuntherapiekandidaten MDG1021 bei Patienten erlaubt, die nach einer Stammzelltransplantation einen Rückfall oder einer andauernde Erkrankung erleiden, wie Medigene am späten Dienstagabend in Martinsried mitteilte. Im Fokus der Studie stünden die Sicherheit und Durchführbarkeit der Immuntherapie mit MDG1021. Sekundäre Endpunkte umfassten auch vorläufige Analysen der Wirksamkeit.

Redaktion onvista / dpa-AFX

Foto: nitpicker / Shutterstock.com

 

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