Dax erringt leichtes Plus – Flug- und Reisebranche unter erheblichem Druck, Wirecard verliert vor Dax-Abgang deutlich, Infineon an der Spitze

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Die immer weiter steigende Zahl der Reisewarnungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus verdirbt Europas Anlegern die Sommerlaune.

Dax und EuroStoxx50 schafften am Montag bei geringen Umsätzen nur ein leichtes Plus von je 0,2 Prozent auf 12.920 beziehungsweise 3310 Punkten. In Europa steige die Zahl der Infektionen wieder stärker, sagte Milan Cutkovic, Marktanalyst beim Brokerhaus AxiTrader. Für einige südliche Länder, die stark vom Tourismus abhängig seien, könne die Urlaubssaison früher als gedacht enden. „Die Investoren fürchten, dass es im Herbst zu deutlich strengeren Restriktionen kommt.“

Die Bundesregierung hat fast ganz Spanien als Risikogebiet eingestuft. Auch die Quarantäne-Anordnung der britischen Regierung für Reisende aus Frankreich drückte die Stimmung im Reisesektor. Der europäische Branchenindex lag 1,5 Prozent im Minus.

Unter die Räder kamen vor allem Tui-Aktien, die sowohl in Frankfurt als auch in London bis zu rund fünf Prozent einbüßten. Deutschlands größter Touristikkonzern kritisierte die Reisewarnung für die gesamte Balearen-Insel Mallorca als zu pauschal, weil große Teile der Insel von der Pandemie kaum betroffen seien. Aktien der British-Airways-Mutter IAG verloren 4,7 Prozent. Ryanair streicht nun seinen Flugplan wieder zusammen, die Aktien verloren 7,5 Prozent.

Im Dax sackten die vor dem Ausscheiden aus der Index-Familie stehenden Aktien der insolventen Wirecard als klares Schlusslicht um rund elf Prozent ab. Für den Zahlungsabwickler wird ab kommenden Montag voraussichtlich Delivery Hero in den Leitindex einziehen. Die Anteilscheine des Online-Essenslieferdienstes gewannen 3,6 Prozent.

Spitzenreiter im Dax waren die Papiere des Chipherstellers Infineon mit plus 3,5 Prozent. Dahinter zogen die Aktien von Covestro um rund 2 Prozent an. Der Kunststoff-Spezialist blickt angesichts einer Nachfrageerholung optimistisch in die Zukunft. Die Aussichten seien deutlich besser als noch vor vier bis sechs Wochen erwartet, sagte ein Unternehmenssprecher.

Für die erst im Juni in den SDax aufgestiegenen Papiere des Herstellers von Personalmanagement-Software Atoss ging es um gut drei Prozent nach oben. Am Wochenende hatte sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) dafür ausgesprochen, die Bezugsdauer für Kurzarbeitergeld auf 24 Monate zu verlängern. Das könne Atoss Software zugute kommen, sagte ein Börsianer. Denn dessen Produkte setzten Unternehmen in die Lage, das Arbeitsmarktinstrument intern korrekt umzusetzen.

Die Anteilscheine von Dr. Hönle schnellten um mehr als acht Prozent in die Höhe. Der Ultraviolett-Spezialist übernimmt die Sterilsystems GmbH und baut damit die Aktivitäten im Segment Life Science aus. Diese entwickelt UVC-Systeme zur Luft- und Oberflächenentkeimung.

In den USA notierten die Börsen uneinheitlich. Der S&P flirtete mit seinem Rekordhoch. Beim Thema Corona-Hilfspaket in den USA hätten sich viele Marktteilnehmer damit abgefunden, eine Wartezeit in Kauf zu nehmen, sagte Timo Emden vom gleichnamigen Analysehaus. „Hier wird mittlerweile frühestens im September, wenn überhaupt, mit einer Kompromisslösung gerechnet.“

Am Anleihemarkt griffen Anleger zu italienischen Bonds. Der Risikoaufschlag zu deutschen Papieren sank entsprechend auf 144 Basispunkte und damit auf das niedrigste Niveau seit Ende Februar. Rainer Guntermann, Zinsexperte von der Commerzbank, sagte, die europäische Arbeitslosenunterstützung treibe die Kurse der südeuropäischen Anleihen in die Höhe. Die Hilfe beginnt im September. Auch der europäische Hilfsfonds komme den italienischen Bonds zugute. Italien war besonders früh von der Corona-Pandemie getroffen worden, steht inzwischen aber vergleichsweise gut da.

Frisches Geld aus China beflügelt Bergbauwerte

Positive Impulse kamen aus China, wo die Zentralbank dem Finanzsystem mehr mittelfristige Kredite zur Verfügung stellte und damit für Rückenwind an den Börsen vor Ort sorgte. Kupfer verteuerte sich um bis zu 1,9 Prozent auf 6489,50 Dollar je Tonne, Zink kostete mit 2445 Dollar je Tonne so viel wie seit fast sieben Monaten nicht. Das motivierte Anleger auch, zu Bergbau-Aktien in Europa zu greifen. Europas Branchenindex zog 1,7 Prozent an. Aktien des anglo-australischen Bergbaukonzerns Rio Tinto sowie des Branchenprimus BHP legten in London je 1,7 Prozent zu.

onvista/dpa-AFX/reuters

Titelfoto: anathomy / Shutterstock.com

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