Dax muss schwer einstecken – Berichtssaison, Konjunkturdaten und Trump verunsichern die Märkte zutiefst – Autosektor, Wirecard, Siltronic und HeidelbergCement mit herben Verlusten

onvista · Uhr

Der Kollaps der Wirtschaft in Deutschland und den USA sowie steigende Coronavirus-Infektionen haben die Anleger an Europas Aktienmärkten in die Flucht geschlagen.

Für zusätzliche Unruhe sorgte US-Präsident Donald Trump, der eine Verschiebung der Präsidentschafswahl ins Gespräch brachte. Der Dax gab am Donnerstag 3,5 Prozent nach auf 12.379,65 Punkte. Der EuroStoxx50 ging drei Prozent schwächer bei 3200,31 Zählern aus dem Handel. Auch an den US-Börsen gaben die Kurse nach.

Die US-Wirtschaft brach im zweiten Quartal so stark ein wie nie, auch in Deutschland kollabierte die Wirtschaftsleistung, als im Kampf gegen das Virus das öffentliche und wirtschaftliche Leben weitgehend lahm gelegt wurde. Das Bruttoinlandsprodukt fiel hierzulande im zweiten Quartal um 10,1 Prozent zum Vorquartal. „Der Rückgang war noch härter und stärker als erwartet, was auch vom Markt reflektiert wird“, sagte DZ Bank-Stratege Daniel Lenz. „Nun ist sie amtlich - die Jahrhundertrezession“, sagte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle. Experten erwarten zwar nun eine deutliche Erholung, warnen aber vor anhaltenden Unsicherheiten. Gefragt waren in dem Zusammenhang sichere Häfen: Die Rendite der zehnjährigen deutschen Bundesanleihen fiel zeitweise bis auf 0,553 Prozent, die der US-Papiere auf 0,538 Prozent.

Um den Absturz abzufedern, hatte die US-Notenbank Fed angekündigt, noch lange an ihrer Politik des billigen Geldes festzuhalten. Zugleich verpflichtete sich die US-Zentralbank, die gesamte Bandbreite ihrer Instrumente zu nutzen, um zur Bewältigung der Krise beizutragen. Die große Präsenz der Fed gebe riskanten Anlagen zwar Rückhalt, sagte Matthew Sherwood, Analyst bei der Finanzgruppe Perpetual. „Aber die Fed verfügt über keinerlei Instrumente, um eine Erholung in die Wege zu leiten, was bedeutet, dass die Fiskalpolitik zur Stützung der Haushaltseinkommen beibehalten werden muss.“

Dies gelte vor allem vor dem Hintergrund, dass die Arbeitslosigkeit in den USA in den kommenden Monaten steigen könnte. Der anhaltende Streit im US-Kongress über ein weiteres Hilfspaket trübte deshalb die Stimmung am Markt. Präsident Donald Trump sagte am Mittwoch, dass seine Regierung und die Demokraten im Kongress bei einem neuen Coronavirus-Entlastungsgesetz noch „weit voneinander entfernt“ seien.

Corona-Krise schlägt bei Firmen durch

Neben dem BIP stand vor allem eine Flut von Unternehmenszahlen im Fokus der Anleger. Unter die Räder kam insbesondere der Autosektor, Volkswagen-Aktien gaben 6,1 Prozent nach. Der weltgrößte Autobauer ist wegen der Corona-Krise tief in die roten Zahlen gerutscht. Die Ergebnisse lägen unter den Erwartungen, sagte Jürgen Pieper, Branchenanalyst der Metzler Bank. Renault fuhr im ersten Halbjahr einen Rekordverlust von 7,3 Milliarden Euro ein. Die Aktien des französischen Autobauers büßten 8,7 Prozent ein.

Schlechter im Leitindex waren nur noch Wirecard mit einem Minus von gut elf Prozent. Die Papiere des insolventen Zahlungsdienstleisters sind inzwischen zu einem kurzfristigen Spekulationsobjekt geworden.

Stark unter Druck standen ebenfalls die Anteilscheine von HeidelbergCement, die rund sechs Prozent einbüßten. Dem Baustoffkonzern haben im zweiten Quartal hohe Abschreibungen einen Milliardenverlust eingebrockt. Auch die nach dem Corona-Crash sehr stark gelaufenen Papiere der Deutschen Börse und des Dialyseanbieters Fresenius Medical Care konnten sich dem Abwärtssog am Gesamtmarkt nicht entziehen und fielen nach der Vorlage ihrer Geschäftszahlen um rund fünf beziehungsweise knapp sechs Prozent.

Zudem ließ der Banken-Sektor Federn. Die Papiere der britischen Großbank Lloyds fielen um 7,7 Prozent, nachdem das Institut für das erste Halbjahr einen Vorsteuerverlust ausgewiesen hat. Die Auswirkungen der Corona-Krise sind aus Sicht des Geldhauses deutlich größer als Ende April vorhergesehen. Die Aktien der spanischen Bank BBVA gaben nach einer Aufstockung der Vorsorge für Kreditausfälle 8,2 Prozent nach.

Ein schwacher Ausblick für die zweite Jahreshälfte setzten dem Chip-Zulieferer Siltronic zu. Die Titel des Münchner Unternehmens brachen 8,6 Prozent ein, nachdem der Hersteller von Siliziumscheiben, aus denen Chips gestanzt werden, ein schwächeres zweites Halbjahr ankündigte.

Im Nebenwerte-Index SDax ragten die Anteilscheine von Krones mit einem Minus von rund elf Prozent negativ heraus. Der Abfüll- und Verpackungsanlagenhersteller war wegen der Corona-Krise im zweiten Quartal tiefer in die roten Zahlen gerutscht.

onvista/dpa-AFX/reuters

Titelfoto: H-AB Photography / shutterstock.com

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