Deutsche Bank: Haben die Quartalszahlen noch Auswirkungen auf den Kurs? – Sie sind tiefrot und kommen am Mittwoch

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Spannung ist fast komplett dahin. Normalerweise wurde vor den Quartalsberichten der Deutschen Bank darüber spekuliert, ob das Frankfurter Finanzinstitut schwarze Zahlen schreibt oder nicht. Eine positive Überraschung konnte dann neue Fantasie bei den Anlegern wecken. Diesen Mittwoch, wenn die Deutsche Bank ihre Halbjahreszahlen veröffentlicht, stellt sich nicht die Frage nach schwarzen oder roten Zahlen. Die Antwort steht fest: Sie werden tiefrot sein. Der radikale Umbau fordert seinen Tribut. Nicht nur im zweiten Quartal, sondern im ganzen Geschäftsjahr und wahrscheinlich auch noch 2020.

Minus in Milliardenhöhe!

Mit aller Macht will die Deutsche Bank ihre Dauerkrise beenden – und nimmt dafür einen Milliardenverlust im zweiten Quartal dieses Jahres in Kauf. Auf Grundlage vorläufiger Zahlen rechnet die Bank, einschließlich der Belastungen für den Konzernumbau, in dem Drei-Monats-Zeitraum mit einem Verlust von etwa 500 Millionen Euro vor Steuern und 2,8 Milliarden Euro nach Steuern. Bereinigt um die Belastungen hätte es den Angaben zufolge sowohl vor als auch nach Steuern im zweiten Quartal einen Gewinn gegeben. Das hatte die Deutsche Bank vor zwei Wochen mitgeteilt, als der bis 2022 ausgelegte Sanierungsplan inklusive des Abbaus Tausender Stellen beschlossen wurde.

Keine Kapitalerhöhung geplant!

Konzernchef Christian Sewing will mit einer grundlegenden Neuausrichtung die Dauerkrise des Instituts beenden. Die Zahl der Vollzeitstellen soll bis Ende 2022 um rund 18.000 auf weltweit 74.000 gesenkt werden. Das Investmentbanking, das der Bank milliardenschwere Strafen einbrockte, wird kräftig gestutzt. Die Kosten für den Umbau in Höhe von rund 7,4 Milliarden Euro will die Bank aus eigener Kraft stemmen. Der Großteil der Lasten fällt im laufenden Jahr an.

Die roten Zahlen verschwinden nicht so schnell?

Nach drei Verlustjahren in Folge und einem Mini-Gewinn 2018 drohen der Deutschen Bank daher auch im Gesamtjahr 2019 tiefrote Zahlen. Erst im nächsten Jahr könnte es nach Einschätzung von Finanzchef James von Moltke wieder langsam aufwärts gehen: „Für 2020 gehen wir davon aus, dass wir bei plus/minus null rauskommen, vielleicht auch etwas besser“, hatte von Moltke vor zwei Wochen gesagt.

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Neue Sparte soll die Wende bringen

Kern der neuen Deutschen Bank soll nach Sewings Willen die neue Sparte Unternehmensbank werden, die sich um Mittelständler, Familienunternehmen und multinationale Konzerne kümmern soll. Im Kapitalmarktgeschäft will sich die Bank auf das Geschäft mit Krediten, Anleihen und Währungen sowie auf Beratung konzentrieren. Aus dem weltweiten Aktienhandel steigt das Institut komplett aus.

Sewing hat keine Zeit verstreichen lassen

Bereits am Tag, nachdem der Aufsichtsrat grünes Licht für Sewings Radikalkur gegeben hatte, setzte die Bank an Standorten in Asien sowie in New York und London die ersten Mitarbeiter vor die Tür. Sewing, der im April 2018 auf den Vorstandsposten befördert wurde, will bei seiner „Zeitenwende“ keine Zeit mehr verlieren.

Hierzulande zeigt die Deutsche Bank mehr Fingerspitzengefühl!

Details zum Stellenabbau in ihrem Heimatmarkt hat die Deutsche Bank bislang nicht öffentlich gemacht. „Natürlich wird auch in Deutschland eine substanzielle Zahl an Stellen wegfallen“, sagte Sewing dem „Handelsblatt“. Dabei sei „der schon zuvor geplante Abbau im Zuge der Integration der Postbank bereits in der Gesamtzahl enthalten“. Im Privatkundengeschäft, zu dem die Postbank gehört, war erst kürzlich ein weiterer Abbau von gut 2000 Vollzeitstellen vereinbart worden. Den Abbau weiterer Stellen will die Bank möglichst „sozialverträglich“ umzusetzen, wie Sewing mehrfach bekräftigte.

Letzte Chance für die Aktie?

Für die seit Jahren gebeutelten Aktionäre ist der Umbau der letzte Strohhalm – auch wenn sie für die Jahre 2019 und 2020 auf eine Dividende verzichten sollen. Der Kurs der Aktie ist vom Höchststand von mehr als 90 Euro vor der Finanzkrise 2007/2008 meilenweit entfernt. Auch die neuen Pläne kamen zunächst nicht gut bei den Anlegern an. Ihnen war der Umbau zu radikal. Allerdings gibt es ein Sprichwort, dass auf die Pläne der Deutschen Bank sehr gut passt. „Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.“

Hop oder Top!

Christian Sewing hat die Reißleine gezogen und stellt die Bank nach seinen Vorstellungen neu auf. Mit dem Umbau ist auch sein Chefposten bei den Frankfurtern eng verknüpft. Sind in den nächsten Monaten keine Fortschritte zu erkennen, dann dürfte auch sein Stuhl anfangen zu wackeln. Die Position von Christian Sewing steht und fällt mit der weiteren Entwicklung des Frankfurter Instituts.

Eins ist dabei klar: Nur durch sparen wird die Deutsche Bank nicht die Wende schaffen. Die laufenden Kosten werden zwar geringer, aber das alleine dürfte die Anleger nicht überzeugen. Die von Sewing neu ins Leben gerufene Sparte Unternehmensbank muss sich genauso wie die umstrukturierten Bereiche bewähren. Klappt dieser Plan nicht, dann hat die Deutsche Bank ihren letzten Kredit bei den Anlegern verspielt.

Aktuell läuft eine kleine Erholungs-Rallye, die unter den aktuellen Voraussetzungen durchaus bis 8 Euro gehen könnte. Ohne deutliche Fortschritte in den nächsten 6 bis 12 Monaten dürfte allerdings in diesem Bereich der Deckel drauf sein.

Von Markus Weingran / dpa-AFX

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Foto: Hadrian / Shutterstock.com

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