Deutsche Bank will Wirecard Bank helfen - Aldi kündigt

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Frankfurt (Reuters) - Die Deutsche Bank will der Wirecard Bank zur Seite springen.

Das Geldhaus prüfe in Abstimmung mit der Finanzaufsicht BaFin, dem Insolvenzverwalter der Obergesellschaft Wirecard AG und dem Vorstand der Wirecard Bank mögliche finanzielle Hilfen, erklärte die Deutsche Bank am Donnerstag. "Wir können uns grundsätzlich vorstellen, im Rahmen der Fortführung der Geschäftsaktivitäten diese Unterstützung zu gewähren, sofern es erforderlich werden sollte." Insidern zufolge bringt sich die Deutsche Bank damit in eine gute Ausgangsposition für eine möglicher Übernahme der Wirecard Bank. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing hat immer wieder betont, wie wichtig das Zahlungsverkehrsgeschäft für sein Institut sei. Damit lassen sich in der Regel stabile Erträge erzielen.

Die Wirecard Bank ist im Gegensatz zu ihrer Mutter bisher nicht insolvent. Die BaFin hat dort die Bundesbank als Sonderbeauftragten eingesetzt, die dafür sorgen soll, dass keine Gelder an die AG abfließen und die Geschäfte weiterhin laufen. Die Wirecard Bank hat eine Vollbanklizenz und darf sämtliche Finanzdienstleistungen anbieten. Sie wirbt seit Anfang des Jahres mit einem Zins von 0,75 Prozent für Giro-Guthaben auf der Banking-App "Boon Planet", während andere Institute selbst für Festgeld kaum Zinsen zahlen oder sogar Strafgebühren verlangen.

Laut Geschäftsbericht 2018 lag die Bilanzsumme der Wirecard Bank bei 1,6 Milliarden Euro - etwa so viel wie eine mittelgroße deutsche Sparkasse. Ende 2018 lagen demnach Spareinlagen von knapp 1,4 Milliarden Euro bei der Bank. Diese sind durch die gesetzliche Einlagensicherung und den Einlagensicherungsfonds der Privatbanken geschützt. Nach Angaben des Bankenverbands BdB lag der Schutzumfang jedes Kunden bei 19,7 Millionen Euro (Stand: Juni 2020). Zudem ist die Bank Mitglied im Einlagensicherungsfonds der privaten Banken.

Wichtige Kunden laufen der Wirecard Bank bereits davon. So wickelt Aldi Süd Kreditkartenzahlungen seiner Kunden seit Anfang Juli über den Konkurrenten Payone ab, der zum Zahlungsanbieter Ingenico gehört, wie der Discounter mitteilte. Künftig werde nur noch die Aldi-Geschenkkarte über die Wirecard Bank abgerechnet. Das Guthaben darauf sei "sicher und gedeckt". Aldi hatte die Kooperation mit Wirecard erst im Herbst verkündet. Aldi Nord arbeitet ebenfalls mit Wirecard, will sich aber weiterhin nicht äußern. Auch der japanische Technologiekonzern Softbank will einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge seine auf fünf Jahre angelegte Kooperation kündigen. Von Wirecard und Softbank waren keine Stellungnahmen zu erhalten.

"MASSIVE STRAFTAT"

Die 1999 gegründete Wirecard wickelt Zahlungen von Kunden an Händler ab und garantiert den Unternehmen, dass sie ihr Geld von Kunden auch erhalten. Dafür kassiert sie eine Gebühr und ist den veröffentlichten Zahlen zufolge in den vergangenen Jahren so stark gewachsen, dass sie es bis in den deutschen Leitindex Dax geschafft hatte. Nachdem in der Bilanz ein Loch von 1,9 Milliarden Euro auftauchte, meldete sie Insolvenz an.

BaFin-Präsident Felix Hufeld bezeichnete den Bilanzskandal als "massive Straftat". Mit einer enormen kriminellen Energie seien Unterlagen gefälscht worden, sagte er. Jetzt müsse man aufklären, wer wen hinters Licht geführt habe. "Wer sind die Bösen und wer sind die Guten, die der Herausforderung einfach nicht gewachsen waren?" Bislang wisse niemand die Antwort. Eine der Lehren aus dem Skandal sei, die Bilanzkontrolle zu verbessern. Die BaFin, die Hufeld seit 2015 leitet, ist wegen des Wirecard-Skandals selbst massiv in die Kritik geraten. SPD-Digitalexperte Jens Zimmermann forderte als Konsequenz aus dem Bilanzskandal mehr Befugnisse für die Bafin. Sie habe ganz offensichtlich nicht alle Zugriffsmöglichkeiten.

Inzwischen hat Wirecard für sechs weitere Dienstleistungs-Tochterfirmen in Deutschland mit 1270 Mitarbeitern Insolvenz angemeldet. Sie sollten nach Möglichkeit fortgeführt werden, erklärte Insolvenzverwalter Michael Jaffe. Mit dem Antrag kommen auch ihre Beschäftigte für die Monate Juni bis August in den Genuß des Insolvenzgeldes, ebenso wie die 250 Mitarbeiter der AG. Die Auszahlung für Juni sei in der kommenden Woche zu erwarten. Weitere Insolvenzanträge seien nicht auszuschließen.

Meistgelesene Artikel