Draghi beschwichtigt Ängste und fordert Kapitalmarktunion

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Brexit-Turbulenzen, die Schuldenkrise in Italien und zuletzt schwache Konjunkurdaten – Baustellen gibt es im eurpäischen Währungsraum genug. EZB-Präsident Mario Draghi dämpft dennoch die Angst vor einem Wachstumseinbruch in Europa.

„Es gibt sicher keinen Grund, warum das Wachstum im Euroraum abrupt enden sollte“, sagte der in Deutschland aufgrund seiner Nullzins-Politik stark umstrittene EZB-Vorsitzende am Freitag auf einer Bankenkonferenz in Frankfurt. Er sieht für die Politik aber keinen Grund sich auszuruhen – im Gegenteil. Einmal mehr spricht er sich deutlich für einheitliche Regeln für Banken und Kapitalmärkte aus.

Mehr Europa ist die Antwort

„Die Vollendung der Bankenunion in all ihren Dimensionen, einschließlich der Risikominderung, und der Beginn der Kapitalmarktunion durch die Umsetzung aller laufenden Initiativen bis 2019 sind jetzt so dringend wie die ersten Schritte im Krisenmanagement des Euro-Währungsgebiets vor sieben Jahren“, sagte er. In einer Kapitalmarktunion liege die beste Antwort auf die Bedrohungen, denen sich die Währungsunion ausgesetzt sehe. „Darauf gibt es nur eine Antwort: Mehr Europa“.

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Rückendeckung von Sewing

Zustimmung für seine Worte bekommt Draghi, der kommendes Jahr aus seinem Amt scheidet, von Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing. „Einer der Hauptgründe, warum Europa hinterherhängt, ist Fragmentierung“, sagte Sewing. „Amerikanische Banken haben einen riesigen Heimatmarkt, während europäische Banken es mit 27 oder 28 nationalen Märkten mit inkonsistenter Regulierung und verschiedenen Strukturen zu tun haben.“ Deshalb müsse die Bankenunion beschleunigt und das Konzept einer Kapitalmarktunion wiederbelebt werden.

Vereinheitlichung und Erleichterungen für den Kapitalmarkt

Die Europäische Kommssion bemüht sich schon seit längerem um einheitlichere Kapitalmarktregeln. Mit der Kapitalmarktunion will die Kommission unter anderem neue Finanzierungsquellen für Unternehmen erschließen, die Kosten der Kapitalaufnahme senken und das Angebot für Sparer in der gesamten EU erweitern.

Darüberhinaus sollen grenzüberschreitende Investitionen erleichtert werden und mehr ausländische Investitionen angezogen werden. Das Finanzsystem der EU soll stabiler, widerstands- und wettbewerbsfähiger werden. Noch sind diese Ziele, die in einem Aktionsplan der Kommission zusammengefasst sind, in weiter Ferne. Nach wie vor sind die Vorgaben für den Kapitalmarktverkehr stark fragmentiert und überwiegend national ausgerichtet.

Konjunktur: Aufschwung noch nicht ganz ausgereizt

Die schwachen Konjunkturdaten erklärte Draghi damit, dass eine graduelle Verlangsamung des Wachstums normal sei, wenn der Konjunkturzyklus reife und sich das Wachstum seinem langfristigen Potenzial annähere. Allerdings sei die Wachstumsphase im Euroraum noch relativ kurz und gering in ihrem Ausmaß.

Seit 1975 hätten wirtschaftliche Aufschwünge im Gebiet des Euroraums durchschnittlich knapp acht Jahre angehalten und eine Steigerung der Wirtschaftsleistung um 21 Prozent bewirkt, sagte Draghi. Der gegenwärtige Aufschwung dauere dagegen erst fünfeinhalb Jahre an mit einem Zugewinn an Wirtschaftskraft um 10 Prozent.

OnVista/ dpa-AFX

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Foto: 360b / shutterstock.com

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