Drei Fragen an Bernecker: Nur Verlegenheitslösungen bei Siemens, wie preist die Börse das Coronavirus ein und was treibt den Dax?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

In unserer heutigen Ausgabe fragen wir nach dem Stand der Dinge bei Siemens, den Konjunkturauswirkungen durch das Coronavirus und wohin es für den Dax in nächster Zeit gehen dürfte.

onvista-Redaktion: Die Siemens-Zahlen haben die Anleger nicht gerade vom Stuhl gerissen. Wie schätzen Sie die Lage des Dax-Schwergewichts ein? Könnte die Ausgliederung der Energiesparte vielleicht für erhoffte Impulse sorgen?

Siemens wird seit dreißig Jahren umgebaut. Der größte Industriekonzern Deutschlands verbrauchte in dieser Zeit bereits 3 Chefs und der vierte steht kurz davor. Der  Umbau von Siemens ist gewiss sehr komplex und benötigt deshalb Persönlichkeiten von Format. Daran fehlte es in allen vier Fällen im Vorstand und auch im Aufsichtsrat. Auch die amerikanische Konkurrenz wie General Electric oder auch IBM und Hewlett Packard und neuerdings Boeing stehen vor dem gleichen Phänomen. Es ist also nicht neu. Die Politik der Ausgliederung im Falle Siemens erweist sich bis jetzt als wenig erfolgversprechend. Der nächste Kandidat ist die Energiesparte über einen Spin-off und Notierung an der Börse. Das sind Verlegenheitslösungen, aber keine strategischen Entscheidungen. Mithin:

Siemens bleibt vorerst eine Dauerbaustelle, bis der Mann gefunden wird, der aus einem Puzzle von verschiedenen Sektoren einen Konzern baut. Das kann die Börse dann wirklich und nachhaltig honorieren.

onvista-Redaktion: Das Coronavirus sorgt weiter für Unsicherheit. Ein Indikator, der jüngst von Marktbeobachtern beleuchtet wurde, schlägt Alarm: Der Baltic Dry Index, der die Frachtraten für Seetransporte misst, ist extrem eingebrochen. Ein Nierenschlag für die Konjunktur oder doch eher nur Unsicherheit der Unternehmen, die vorerst weniger bestellen?

Das Coronavirus schafft eine weltweite Unsicherheit. Denn betroffen ist das größte Land mit der größten Bevölkerung der Welt. Wesentliche Lieferketten werden zeitweise unterbrochen. Sie können vielfältig umgangen werden, aber nicht vollständig. Epidemien dieser Art bedürfen einer monatelangen Arbeit auf dem Gebiet der Medizin und der gleich langen Konsequenzen in den realen Wirtschaften. Beides führt zu einer leichten Abkühlung der Konjunktur in jedem Land, je nach Berührung, aber nicht der Strukturen. Wie die Börse dies bis jetzt einpreist, weist den Weg, wie er von der Öffentlichkeit richtig eingeschätzt wird.

onvista-Redaktion: Und der Dax? Hat er mit der jüngsten Erholung die Sorgen um das Coronavirus abgehakt oder war das erst der Anfang einer längeren Korrektur?

Der DAX bleibt im Sog der Wall Street bzw. Dow und S&P 500, wie in diesen Tagen gut zu besichtigen ist. Sollten die Amerikaner nach dem Freispruch für Donald Trump einen neuen Rekord erreichen, so wird auch der DAX das Gleiche tun. Eigene Ansätze gibt es dafür nur begrenzt oder gar nicht, doch immerhin: Die besondere Konstellation in Erfurt bringt die GroKo in eine Notlage. Daraus entsteht demnächst die Wette, wann sie zu Ende geht. In diesem Falle ist die seit Anfang Januar laufende Konsolidierung abzubrechen und die bekannten Zielwerte für DAX werden früher ins Visier genommen.

Vielen dank für Ihre Antworten

Foto: Bernecker

www.bernecker.info

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