Drei Fragen an Bernecker: Wie geht es im Handelskonflikt weiter, Was steckt noch in der Wirecard-Story und wo liegen jetzt die Grenzen bei Gold?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

In unserer heutigen Ausgabe unseres Formats „3 Fragen an Bernecker“ fragen wir den Börsen-Veteran nach seiner Einschätzung zur jüngsten Zollstreit-Eskalation, dem Potenzial von Wirecard und Gold als Chance der Stunde.

Frage 1: Das Börsenbeben am Montag hat die Märkte an den Rand der Panik geführt. Trump hat mit seiner letzten Zoll-Drohung die Regierung in Peking zunehmend verärgert und das Resultat haben wir gesehen - Hat Trump zu hoch gepokert und den Yuan als Waffe entfesselt, oder werden die Chinesen jetzt weiter auf Zeit spielen, um die Wahl abzuwarten?

Irritationen gehören im Moment dazu. Die Abwertung des Yuan wurde in den Medien als zweite Stufe der Eskalation beschrieben. Richtig ist: Die Chinesen werden den Yuan um so viel abwerten, wie die amerikanischen Zölle chinesische Waren verteuern. Das gehört zum selbstverständlichen Verhalten jedes Exporteurs. Vorbild dafür sind die Japaner seit vielen Jahrzehnten und ein kurzer Blick auf die vergangenen vier Jahre reicht aus:

Von 2015 bis 2017 werteten die Japaner den Yen um 23 % ab und die Chinesen immerhin um 13 %. Anschließend musste kräftig korrigiert werden, die Japaner schneller, die Chinesen bis 2018. Mit dem Beginn des Zollkrieges ist mit dem Sprung über 7 Yuan per Dollar die Luft nach oben frei. Das hängt von den genannten Bedingungen ab. Beides gehört zum Normalverhalten von Nationen ohne große Aufregung.

Frage 2: Wirecard hat am Mittwoch Zahlen präsentiert und das Wachstum des Online-Zahlungsabwicklers scheint nicht zu bremsen zu sein - CEO Markus Braun hat dabei weiter ambitionierte Ziele: 2025 soll der Umsatz auf mehr als 10 Milliarden Euro klettern. Blicken wir bei Wirecard nach SAP endlich wieder auf ein aufstrebendes Dax-Unternehmen, das es an die Weltspitze schaffen kann, oder ist die Story letztendlich größer als die Realität?

Wirecard ist eine der wenigen technologisch anspruchsvollen Titel unter den großen deutschen Adressen. Neben Infineon und SAP die Nr. drei im DAX. Zweifellos sind die Perspektiven schwierig einzuordnen, weil es im Internet noch keine Grenzen gibt. Die Amerikaner machen es vor. Einen Umsatz von 10 Mrd. € für 2025 anzunehmen, ist deshalb keine Utopie. Das hängt allein von der Führung des Unternehmens unter Markus Braun ab. 18 Mrd. € aktueller Marktwert sind deshalb noch keine Grenze. Die bisherigen Topkurse von rd. 200 € müssen nicht in drei Tagen erreicht werden, aber sind bei angemessener Volatilität des Kurses eine vernünftige Zielgröße. Leider gibt es zu wenig Unternehmen dieser Art in Deutschland.

Frage 3: Vor allem nach dem schmerzhaften Start in die Woche sind die Anleger wieder in sichere Häfen geflüchtet - Gold hat ein neues Jahreshoch markiert und scheint als Portfolio-Absicherung attraktiver zu werden - Sehen Sie einen bestimmten Wirtschafts-Sektor, oder vielleicht eine andere Anlageklasse, die jetzt in Zeiten der drohenden Eskalation eine Zuflucht sein könnte? Zuletzt sprachen Experten wieder vom Yen als sicherer Fluchtwährung…

Gold hat die Preisgrenze von 1.500 $ die Unze erreicht. Die bisherigen Spitzenpreise lagen knapp um 1.860 $. Sind diese zu erreichen? Ja, und sie werden voraussichtlich übertroffen werden. Es wäre die dritte Goldrally seit 1972 mit den jeweiligen Spitzen von 810 $, anschließend 1.860 $ und demnächst deutlich mehr. Das hat nichts mit Zinsen und Angst zu tun, sondern Gold hat ein anderes Kräfteverhältnis von Angebot und Nachfrage bei sehr begrenzter Produktion/Förderung und  die entscheidenden Akteure sind ETF-Fonds, die zurzeit den Markt fest im Griff haben. Kurzer Rückblick: In der letzten Gold-Hausse übertrafen die Tagesumsätze im Termingeschäft die  Umsätze im effektiven Handel bis zum 10-Fachen. Darin liegen die Hintergründe der Preisdynamik.

Foto: Bernecker

www.bernecker.info

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