EZB: Hat der Rat wichtige Einwände einfach überhört? – Nimmt Christine Lagarde direkt einen Richtungswechsel vor?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Amtszeit von Mario Draghi neigt sich seinem Ende zu und Christine Lagarde steht in den Startlöchern. Kurz vor dem Wechsel an der Spitze der Europäischen Zentralbank scheinen auch andere Gremien in der EZB ihr Revier neu abzustecken. Sonst würden solche Nachrichten wohl nicht an die Öffentlichkeit dringen.

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) soll die Wiederaufnahme des Kaufprogramms für Staatsanleihen laut einem Pressebericht gegen die Einwände aus dem eigenen Haus getroffen haben. Ein Expertengremium der EZB (monetary policy committee) habe sich in einem Brief an Notenbankpräsident Mario Draghi einige Tage vor den jüngsten geldpolitischen Entscheidungen gegen die Käufe ausgesprochen, berichtet die Wirtschaftszeitung „Financial Times“ (FT) am Donnerstag unter Berufung auf drei nicht namentlich genannte Mitglieder des Expertengremiums.

Eine Mehrheit des Gremiums sei gegen die Wiederaufnahme gewesen, weil diese nicht notwendig sei, hieß es weiter. Innerhalb der achtjährigen Amtszeit des scheidenden EZB-Präsidenten sei es nur selten vorgekommen, dass die Hinweise nicht befolgt worden seien, zitiert die FT ein Mitglied des Gremiums.

Die Zeitung wertete die Weitergabe der Informationen als Zeichen der Spaltung innerhalb der Notenbank. Die Gegner von Draghis lockerer Geldpolitik innerhalb der EZB hätten mit der internen Kritik versucht, Druck auf die Nachfolgerin Christine Lagarde an der EZB-Spitze auszuüben, hieß es weiter. Diese soll nach Übernahme des Vorsitzes am 1. November einen Kurswechsel vornehmen.

In einem Interview mit Bloomberg TV hat EZB-Ratsmitglied Olli Rehn mittlerweile den Bericht der „FT“ als „stark übertrieben“ bezeichnet. Er verwies darauf, dass in dem Expertengremium lediglich Vorarbeit für geldpolitische Beschlüsse geleistet werde. Die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Anleihekäufe sei hingegen „definitiv“ Sache des EZB-Rates.

Im September hatte die EZB eine umfassende Lockerung der Geldpolitik beschlossen, darunter auch einer Neuauflage von Wertpapierkäufen. Damit will die EZB die lahmende Konjunktur anschieben. Ab 1. November sollen monatlich 20 Milliarden Euro in den Kauf von Anleihen gesteckt werden. Zudem wurde der Satz für Einlagen der Banken auf minus 0,5 Prozent gesenkt.

Redaktion onvista / dpa-AFX

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Foto: nitpicker/Shutterstock.com

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