Gouverneur der Bank of England kritisiert die „destabilisierende Rolle“ des Dollar für die Weltwirtschaft – Ein „Netzwerk digitaler Zentralbank-Währungen“ soll die Lösung sein

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Der Gouverneur der Bank of England, Mark Carney, hat am Freitag auf dem geldpolitischen Treffen der Zentralbanken in den USA in Jackson Hole seine Kritik gegenüber der Entwicklung des US-Dollar vorgetragen und die Idee einer alternativen Ersatzreservewährung geäußert.

Die Rolle des Dollar in der globalen Wirtschaft ist mittlerweile fragwürdig

Aus seiner Sicht habe der Dollar eine zunehmend destabilisierende Rolle im globalen Finanzsystem und erhöhe das Risiko einer Liquiditätsfalle mit extrem niedrigen Zinsen und schwachem Wachstum. „Insbesondere die zunehmende Aufwertung der dominanten Währungen (Dominant Currency Pricing [DCP]) reduziert die schockabsorbierenden Eigenschaften flexibler Wechselkurse und verändert den Kompromiss zwischen Inflations- und Produktionsvolatilität, den die Geldpolitik eingeht. Und im Grunde genommen wächst eine destabilisierende Asymmetrie im Herzen des IMFS. Während die Weltwirtschaft neu geordnet wird, bleibt der US-Dollar genauso wichtig wie beim Zusammenbruch von Bretton Woods.“

Er skizziert, dass die Schwellenländer ihren Anteil an der globalen Wirtschaftstätigkeit auf rund 60 Prozent gesteigert haben – vor der Finanzkrise vor 10 Jahren waren es noch 45 Prozent. Aber der Dollar wird immer noch für mindestens die Hälfte der internationalen Handelsrechnungen verwendet – fünfmal mehr als der Anteil der Vereinigten Staaten an den Weltwarenimporten – und das setzt vielen Ländern schädlichen Wirtschaftseffekten aus.

Carney will technologische Verbesserung des internationales Währungs- und Finanzsystems

In Anbetracht des neuen wirtschaftlichen Umfelds forderte Carney eine radikale Verbesserung der Struktur des derzeitigen IWFS (internationales Währungs- und Finanzsystem). Um ein besseres IMFS zu schaffen, riet er den Ländern, jede Gelegenheit zu prüfen, einschließlich der durch neue Technologien gebotenen.

Der beste Ansatz, um den Dollar zu ersetzen, sei seiner Meinung nach eine gemeinsame Reservewährung, sagte er während seiner Rede. Er brachte die Idee einer synthetischen hegemonialen Währung (Synthetic Hegemonic Currency, SHC) vor, die vom öffentlichen Sektor „möglicherweise über ein Netzwerk digitaler Währungen“ bereitgestellt wird. Ein solches „Netzwerk von Währungen der Zentralbanken“ könne so die beherrschende Stellung des Dollars beim Handel einschränken und die negativen Effekte ausbremsen.

„Ein SHC könnte den dominierenden Einfluss des US-Dollars auf den Welthandel dämpfen. Wenn der Anteil des in SHC in Rechnung gestellten Handels steigen würde, würden Schocks in den USA weniger starke Auswirkungen auf die Wechselkurse haben und der Handel würde zwischen den Ländern weniger synchronisiert.“

Kryptowährung als Alternative?

Carney hob zudem hervor, dass Einzelhandelsgeschäfte zunehmend online über digitale Zahlungen abgewickelt werden. Die hohen Kosten für inländische und grenzüberschreitende elektronische Zahlungen fördern die Innovation. Zum Beispiel erwähnte Carney das Libra-Projekt von Facebook. „Technologie hat das Potenzial, die externen Effekte des Netzwerks zu stören, die verhindern, dass die amtierende globale Reservewährung verdrängt wird.“

Bei Facebooks Libra ist jedoch fraglich, ob sie überhaupt jemals kommen wird, da die Widerstände in der Politik enorm sind. Nach Einwänden von Regulierern und aus der Politik kündigte das Unternehmen Mitte Juli an, die Kryptowährung nur mit Zustimmung der Behörden einzuführen. US-Finanzminister Steven Mnuchin hatte zuvor „ernsthafte Bedenken“ gegen Libra angemeldet.

Einige Regierungen arbeiten bereits aktiv an einer neuen digitalen Währung

Aktive Versuche, eine eigene Digitalwährung herauszubringen, gibt es bereits. So forscht die Zentralbank Schwedens schon länger in diesem Bereich. Auch Kanada und Uruguay arbeiten an entsprechenden Projekten - bislang jedoch hat noch kein Land es geschafft, eine nationale virtuelle Währung zu präsentieren.

Laut eigener Aussage ist jedoch China am nächsten an einer Veröffentlichung. Bereits vor einigen Wochen hat Mu Changchun, stellvertretender Leiter der Payment and Settlement Division der Peoples Bank of China, angekündigt, dass ein Prototyp einer staatlichen chinesischen Kryptowährung große Fortschritte mache. Er soll vollständig auf einem Blockchain-Infrastruktur-Back-End mit einigen geringfügigen Modifikationen lauffähig sein.

Changchun erklärte auf einem Treffen der China Finance 40-Gruppe, dass die digitale Währung der People’s Bank nun bereit sei.Die chinesische Zentralbank arbeitet seit dem Jahr 2014 an der Entwicklung einer eigenen Kryptowährung. Geplant sei, die digitale Zentralbankwährung auf zwei Ebenen auszubreiten. Zum einen sei die Nutzung für die Zentralbank selbst vorgesehen. Die zweite Ebene steht für die Nutzung durch kommerzielle Banken.

onvista-Redaktion

Titelfoto: Noska Photo / Shutterstock.com

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