Handelsstreit: Wird der chinesische Yuan bald zur Waffe? Laut Ex-Goldman-Sachs-CEO Jim O’Neill durchaus eine Möglichkeit

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Der Machtkampf zwischen China und den USA um die Position der Wirtschaftsnation Nummer eins ist im vollen Gange. Wo bisher vor allem Strafzölle auf diverse Handelsgüter und Druckausübung auf Unternehmen im Fokus standen, rücken nun die Währungen immer mehr in den Vordergrund. Nicht zuletzt hatte US-Präsident Trump sich auch direkt in die Zinspolitik der Europäischen Union eingemischt und EZB-Präsident Draghi nach dessen Äußerungen, wenn nötig eine noch lockerere Geldpolitik einzulegen, scharf auf Twitter kritisiert.

Diese aus seiner Sicht stattfindende Manipulation des Dollar von außen hat dem Präsidenten alles andere als gefallen, macht es doch die US-Exporte teurer und schwächt die Auswirkungen der Strafzölle (auch die geplanten auf die EU nicht zu vergessen) indirekt durch die Abwertung der anderen Währungen ab.

Der chinesische Yuan könnte zur Waffe werden

Jim O’Neill, der frühere Vorsitzende von Goldman Sachs Asset Management, hat jedoch nun eine weitere Strategie im Handelsstreit speziell für die Chinesen skizziert. In einem Interview mit der US-Nachrichtenagentur CNBC äußerte er die Möglichkeit, dass China erwägen könnte, die Rolle des Yuan weltweit auszubauen, um die Dominanz des US-Dollars in Frage zu stellen.

China hat laut dem Interview bereits einige Fortschritte bei der Internationalisierung der Verwendung seiner Währung erzielt. Chinesische A-Aktien – die auf dem chinesischen Festland gehandelt werden – wurden in die globalen und regionalen Indizes des IndexAnbieters MSCI aufgenommen. Die A-Aktien sowie chinesische Anleihen im Bloomberg Barclays Index werden ebenfalls in Yuan gehandelt. Da chinesische Vermögenswerte zunehmend auf den globalen Märkten gehandelt werden, müssen mehr Ausländer mit dem Yuan handeln, was den Bemühungen der Chinesen einer wachsenden Internationalisierung ihrer Währung zugutekommen würde.

Nach Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist der Anteil des Dollar an den offiziellen Währungsreserven der Welt im vierten Quartal 2018 von 62 Prozent auf 61,7 Prozent gefallen. Im kurzen Vergleich nur ein kleiner Rückgang (obwohl selbst das in absoluten Zahlen eine gigantische Menge an Geld ist), aber auf lange Sicht durchaus bedeutsam, denn der Anteil des Dollar ist seit mehreren Quartalen rückläufig und hat das niedrigste Niveau seit dem Jahr 2013 erreicht. Noch im Jahr 2015 stand der Dollar für 66 Prozent der Reserven. Profitiert haben hingegen vor allem der Euro und eben der Yuan. Beispielsweise die russische Zentralbank stockt ihre Reserven immer mehr mit der chinesischen Währung auf.

Ein Verfall des Dollar weg von der Weltleitwährung würde die Stellung der USA stark schwächen, denn langfristig ist ein starker Dollar immer noch existenziell für die US-Machtpolitik. Der Dollar ist die wichtigste Währung, in der Staaten Handel treiben und ihre Reserven halten. Überall in der Welt, wo Unternehmen sich in Dollar verschulden oder Rohstoffe in Dollar bezahlen, sind indirekt immer die Amerikaner als Herausgeber der Währung mit im Spiel.

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Ein schwacher Yuan keine Option für die Chinesen?

Ein schwächerer Yuan war in der Vergangenheit einer der Hauptstreitpunkte zwischen den USA und China. US-Präsident Donald Trump warf der Regierung in Peking vor, die eigene Währung absichtlich abwerten zu lassen, um die Exporte billiger zu machen und somit auch die von den USA verhängten Strafzölle abzuschwächen. Aus Sicht von O’Neill mache eine langfristige Abwertung des Yuan für die Chinesen jedoch keinen Sinn, da es das Vertrauen der Anleger untergräbt.

Es würde zudem wahrscheinlich auch zu weiterer Kapitalflucht führen, ein großes Problem der Chinesen seit mehreren Jahren. Immer mehr Unternehmer aus China versuchen, ihr Vermögen im Ausland zu parken. Allein Singapur hat in den letzten Monaten Kapitalzuflüsse in gewaltigen Höhen verzeichnet. Aber auch die Investitionsaktivität beispielsweise im europäischen Markt steigt seit Jahren. Eine starke Stellung des Yuan würde dem entgegenwirken und den chinesischen Investoren mehr Sicherheit im eigenen Land geben.

Was ist mit der „Nuclear Option“?

China ist derzeit der größte Inhaber von US-Staatsanleihen und besitzt solche im Wert von rund 1,12 Billionen US-Dollar. Analysten haben darüber diskutiert, ob Peking die sogenannte „Nuclear Option“ in seinem Handelskampf mit den USA in Betracht ziehen wird: Den schnellen Verkauf der Anleihen-Bestände und damit die Auslösung eines Zinsanstiegs seitens der FED, die in diesem Szenario der steigenden Inflation entgegenwirken müsste. Die Hebelwirkung im Handelsstreit wäre, dass dies der US-Wirtschaft extrem schaden dürfte und Druck bei den Verhandlungen ausüben würde.

„Einige Leute würden natürlich sagen, die ultimative Waffe wäre, dass China anfängt, eine sehr große Anzahl von US-Anleihen zu verkaufen … aber es würde wahrscheinlich den Wert chinesischer Investitionen beeinträchtigen“, sagte O’Neill.

O´Neill ist nicht der einzige, der diese Option für unwahrscheinlich hält, zudem hat China bereits angefangen, sich von seinen US-Anleihen zu trennen und seine Reserven mehr mit Gold und anderen Assets zu diversifizieren, auch um sich vom Dollar unabhängiger zu machen. Das hatte bisher kaum bis gar keine Auswirkungen auf die globale Wirtschaft oder auf die USA.

Onvista-Redaktion

Titelfoto: Dilok Klaisataporn / Shutterstock.com

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