KORREKTUR/ROUNDUP/Munich Re: Weniger Tote bei Naturkatastrophen

dpa-AFX · Uhr

(Berichtigt wurde im siebten Absatz die Regenmenge: an zwei Tagen mehr als 1000 Liter Regen pro Quadratmeter.)

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Bei Naturkatastrophen kommen trotz wachsender Weltbevölkerung und steigender Siedlungsdichte immer weniger Menschen ums Leben. Das ergibt sich aus dem am Mittwoch veröffentlichten neuen Naturkatastrophenbericht des Rückversicherers Munich Re . "Erfreulicherweise sterben immer weniger Menschen durch Naturkatastrophen", sagte Ernst Rauch, Chef der Klimaforschung und Geowissenschaften bei dem Münchner Unternehmen.

2019 verloren rund um den Globus rund 9000 Menschen bei Naturkatastrophen ihr Leben. Der in humanitärer Hinsicht folgenschwerste Sturm des vergangenen Jahres war der Zyklon "Idai", der im März Mosambik, Zimbabwe und Malawi traf und mehr als 1000 Menschenleben forderte.

Im Langfristvergleich der vergangenen drei Jahrzehnte sind dies jedoch niedrige Opferzahlen - der rechnerische Durchschnittswert liegt bei 52 000 Naturkatastrophen-Toten pro Jahr. "Das ist eine Entwicklung gegen den Bevölkerungstrend. Die Welt ist in dieser Hinsicht besser geworden", sagte Rauch.

Für diesen Rückgang gibt es nach Einschätzung des Wissenschaftlers mehrere Gründe. "Ganz entscheidend sind die Warnung der Bevölkerung und die Evakuierung, die wesentlich besser funktionieren als in früheren Jahrzehnten", sagte Rauch. "In Bangladesch gab es 1991 einmal einen Zyklon mit mehr als 100 000 Todesopfern, das ist heute zum Glück viel unwahrscheinlicher."

Nicht zurückgegangen sind die materiellen Schäden. Diese summierten sich im vergangenen Jahr auf 150 Milliarden Dollar, das entspricht dem langjährigen Durchschnitt. Etwas mehr als ein Drittel davon - 52 Milliarden - übernahm die Versicherungsbranche, knapp zwei Drittel waren nicht versichert. Die Munich Re dokumentiert seit Jahrzehnten die Naturkatastrophen rund um den Globus. Die Daten sind für die Branche von Bedeutung, da Versicherungen ihre Beiträge auf Grundlage der Schäden der Vergangenheit kalkulieren.

In Europa zogen Hitzewellen und Gewitter im Sommer Schäden von 2,5 Milliarden Dollar nach sich, allein das Pfingstunwetter im Großraum München schlug mit fast einer Milliarde Dollar zu Buche.

Auffällig ist nach Einschätzung der Munich Re die Entwicklung in Japan. "Dort hatten wir im zweiten Jahr hintereinander Rekordschäden durch Taifune", sagte Rauch. Laut Munich Re fielen während des Taifuns Hagibis innerhalb von zwei Tagen mehr als 1000 Liter Regen pro Quadratmeter. "Das ist mehr als der durchschnittliche Niederschlag eines ganzen Jahres in Deutschland", so Rauch. Hagibis war mit Schäden von 17 Milliarden Dollar auch die teuerste Naturkatastrophe des vergangenen Jahres.

Die Wissenschaft geht der Frage nach, ob derart extreme Niederschläge in Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen. "Ein tropischer Wirbelsturm ist vereinfacht gesagt nur ein sehr intensives Tiefdruckgebiet", sagte Rauch. "Die Zugbahnen von Tiefs und Hochdruckgebieten haben sich in den vergangenen Jahren verlangsamt. Solche Änderungen können zu risikoreichen Wetterlagen wie Hitzewellen oder langandauernden Starkniederschlägen führen."

In Mitteleuropa und Nordamerika haben nach den Daten des Unternehmens Hagel und konvektive Ereignisse - das sind Gewitter - in einigen Regionen an Stärke und Häufigkeit zugenommen. "Die Indizienkette geht dahin, dass es sehr wahrscheinlich einen Zusammenhang mit dem Klimawandel gibt."

Eine weitere Auffälligkeit seien die Feuer in Australien, sagte Rauch. "Dort sind Buschbrände im Sommer nichts Ungewöhnliches, ungewöhnlich sind aber der frühe Start in die Feuersaison und die Dimension."

Ein Rückgang der materiellen Schäden bei Naturkatastrophen ist nach Rauchs Worten nicht zu erwarten - im Gegenteil. "Mit Blick auf die nächsten Jahre und Jahrzehnte müssen alle Risikoträger davon ausgehen, dass die Schäden aus Naturkatastrophen weiter ansteigen."

Eine zusätzliche Gefahr sei der Anstieg des Meeresspiegels. "Es wird keine Jahrzehnte mehr dauern, bis dringend Gegenmaßnahmen begonnen werden müssen", sagte der Geowissenschaftler. "Wir liegen im Moment bei einem jährlichen Anstieg zwischen drei und vier Millimetern im Jahr. Viele große Städte liegen an den Küsten."/cho/DP/jha

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