Medizinkonzern Euroimmun will Görlitzer Siemens-Standort übernehmen

dpa-AFX · Uhr

GÖRLITZ (dpa-AFX) - Medizintechnik statt Turbinenbau: Der Lübecker Medizinkonzern Euroimmun hat Interesse am Siemens-Standort in Görlitz. Wie Euroimmun-Chef Winfried Stöcker der Nachrichtenagentur dpa sagte, plant sein Unternehmen, einen Teil der Werkshallen sowie Mitarbeiter zu übernehmen. "Dass die Siemensianer nicht von heute auf morgen das Werk schließen wollen, deckt sich mit unseren Interessen, dort Stück für Stück einzusteigen", sagte der Geschäftsführer. Innerhalb der nächsten fünf Jahre könne er sich vorstellen, die Gelände, Hallen und Mitarbeiter komplett zu übernehmen. Über das Kaufinteresse hatte zuerst Radio Lausitz berichtet.

Ein entsprechendes Angebot liege Siemens vor, sagte Stöcker. Am Görlitzer Standort sollen wie in den Produktionsstätten in Bernstadt und Rennersdorf im Landkreis Görlitz vollautomatische Analysegeräte für die medizinische Labordiagnostik und Mikroskopie-Automaten hergestellt werden. Aufgrund des Wachstums des Unternehmens steige die Ingenieur- und Fertigungskapazität.

"Derzeit beschäftigt Euroimmun weltweit knapp 3000 Mitarbeiter, in fünf Jahren rechne ich mit doppelt so vielen Angestellten", sagte Stöcker. Er wolle im Kontakt zu Siemens bleiben. Sollten sich diese Pläne zerschlagen, würde er in der Oberlausitz nach einem anderen Standort suchen, an dem das Unternehmen expandieren könne.

Ein Siemens-Sprecher erklärte, das Unternehmen werde sich an den Übernahme-Spekulationen des Medizintechnik-Unternehmens Euroimmun nicht beteiligen.

Hintergrund des Interesses des Medizintechnik-Spezialisten am Görlitzer Siemens-Werk sind die Verkaufspläne des Elektrokonzerns bis zum Jahr 2023. Aufgrund des schrumpfenden Markts für konventionelle Kraftwerkstechnik sollen weltweit Tausende Arbeitsplätze in der Kraftwerks- und der Antriebssparte abgebaut werden. In Görlitz wären davon rund 720 Arbeitsplätze betroffen. Der Elektrokonzern führt derzeit Gespräche mit Politik und Gewerkschaften über die Zukunft des Görlitzer Turbinenwerks.

Der gebürtige Oberlausitzer Stöcker ist in Görlitz kein Unbekannter. Der Investor erwarb vor fünf Jahren das bekannte Jugendstilkaufhaus in der Stadt. Im kommenden Jahr soll die Sanierung beginnen. Das Warenhaus soll mit einer Verkaufsfläche von 20 000 Quadratmetern Kunden aus Deutschland, Tschechien und Polen anziehen./mis/DP/stw

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