Munich Re: Kein Gewinnziel geplant – „Ausmaß der zweiten Corona-Welle größer als angenommen“ – Rote Zahlen in Q4 nicht auszuschließen

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„Das Ausmaß der Welle, die durch Europa läuft, ist größer, als ich selbst das vor acht Wochen noch angenommen hatte.“ Mit dieser düsteren Botschaft hat Finanzvorstand Christoph Jurecka am Donnerstag in einer Telefonkonferenz mit Journalisten erklärt, warum der Rückversicherer Munich Re kein Gewinnziel für das Jahr 2020 ausgeben wird. Die neuen Beschränkungen könnten bei der Munich Re zu weiteren Versicherungsschäden führen. Und sollte die Unsicherheit die Finanzmärkte wieder stärker erfassen, drohten dem Konzern auch bei den Kapitalanlagen weitere Einbußen.

Aktie unter Druck

An der Börse kamen die Nachrichten schlecht an. Die Munich-Re-Aktie verlor heute im Tief 3,43 Prozent auf 208,20 Euro. Derzeit beläuft sich das Minus noch auf 2,2 Prozent. Seit dem Jahreswechsel hat das Papier rund ein Fünftel an Wert eingebüßt. Insgesamt wird der Konzern an der Börse derzeit mit rund 29 Milliarden Euro bewertet.

Rote Zahlen nicht auszuschließen

Jurecka wollte auf Nachfrage nicht ausschließen, dass die Munich Re im vierten Quartal in die roten Zahlen rutschen könnte. Die Vorsicht begründete er mit einem Zwiespalt. Ihm zufolge hätte der Vorstand mit einem eher niedrigen Gewinnziel auf Nummer sicher gehen können – hätte damit aber womöglich Enttäuschung ausgelöst. Eine zu große Zielspanne sah er aber auch nicht als sinnvoll an. Analysten gingen im Schnitt zuletzt von einem Jahresgewinn von rund 1,4 Milliarden Euro aus.

Wie viele andere Unternehmen hatte auch die Munich Re ihr Gewinnziel wegen der drohenden Schäden durch die Pandemie zurückgezogen. Ursprünglich hatte Konzernchef Joachim Wenning den Gewinn in diesem Jahr auf 2,8 Milliarden Euro steigern wollen.

Tatsächlich wird der Überschuss nun wohl deutlich niedriger ausfallen. So verdiente der Rückversicherer in den ersten neun Monaten rund eine Milliarde Euro und damit 60 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Dabei schlugen coronabedingte Versicherungsschäden mit rund 2,3 Milliarden Euro zu Buche.

Hannover Rück zeigt sich mutiger

Im Gegensatz zur Munich Re hatte sich der kleinere Rückversicherer Hannover Rück am Mittwoch zu einem neuen Gewinnziel durchgerungen und auch eine Prognose für das kommende Jahr abgegeben. „Die Belastungen aus der Covid-19-Pandemie sind nach dem Ende des dritten Quartals besser abschätzbar“, hatte Hannover-Rück-Chef Jean-Jacques Henchoz gesagt. Für 2020 rechnet er jetzt mit einem Gewinn von 800 Millionen Euro nach fast 1,3 Milliarden Euro ein Jahr zuvor.

Bei der Munich Re schlugen im dritten Quartal erneut der versicherte Ausfall von Großveranstaltungen und der Betriebsausfall in vielen Unternehmen negativ zu Buche. Der Nettogewinn brach im Jahresvergleich um 77 Prozent auf 202 Millionen Euro ein. Auch Schäden durch Stürme und Waldbrände in den USA und die Explosion im Hafen von Beirut zehrten am Ergebnis.

Außerdem kommt die steigende Zahl der Todesfälle in den USA infolge der Pandemie die Munich Re zunehmend teuer zu stehen. So verbuchte der Konzern im dritten Quartal eine weitere Belastung von rund 100 Millionen Euro. In den USA sind bereits mehr als 230.000 Menschen an Covid-19 gestorben, mehr als in jedem anderen Land der Welt. Anders als etwa in Deutschland müssen Rückversicherer im US-Lebengeschäft vor allem für hohe Todesfallzahlungen geradestehen.

Dass es insgesamt nicht schlimmer kam, verdankte die Munich Re seiner Erstversicherungstochter Ergo aus Düsseldorf. Das Unternehmen, das viele Jahre lang als Sorgenkind des Konzerns gegolten hatte, steigerte seinen Gewinn im dritten Quartal um 14 Prozent auf 136 Millionen Euro. Auch auf die ersten neun Monate gesehen ging es für Ergo aufwärts.

onvista/dpa-AFX

Titelfoto: Chris Redan / shutterstock.com

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