Ölmarkt: Saudi Arabien will die Reißleine noch enger ziehen – Goldman Sachs rechnet mit längerfristig niedrigerer Nachfrage

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Das führende Ölland Saudi-Arabien hat mit der Ankündigung einer weiteren und einseitigen Kürzung der Fördermenge auf den jüngsten Verfall der Ölpreise reagiert. Mit der zusätzlichen Kürzung um eine Million Barrel (je 159 Liter) pro Tag im Juni will das Königreich die in der „Opec+“ zusammengefassten Ölstaaten gemeinsam mit anderen Förderländer ermutigen, die jüngst beschlossenen Kürzungen umzusetzen, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg am Montag und berief sich auf einen namentlich nicht genannten Vertreter des saudischen Energieministeriums.

Mit der einseitigen zusätzlichen Förderkürzung hofft das Königreich darüber hinaus, dass weitere Ölstaaten ebenfalls zusätzliche Kürzungen umsetzen könnten, hieß es weiter in dem Bericht. Dies sollte hilfreich für die Stabilität der globalen Ölmärkte sein.

Wie aus dem Bericht hervorgeht, plant Saudi-Arabien im Juni eine Ölförderung von etwas weniger als 7,5 Millionen Barrel pro Tag. Dies wäre die niedrigste Ölproduktion im führenden Opec-Staat seit 18 Jahren. In der jüngsten Übereinkunft der in der Opec+ zusammengefassten Ölstaaten, darunter auch Russland, hatte sich Saudi-Arabien bereit erklärt, 8,5 Millionen Barrel pro Tag zu fördern.

Nachricht gibt dem Ölpreis Schub – Saudi Arabien erhöht auch die Mehrwertsteuer

Nach der Veröffentlichung des Berichts konnten die Ölpreise die Verluste aus dem frühen Handel umgehend wettmachen und drehten in die Gewinnzone. Der Preis für US-Öl der Sorte WTI stieg am frühen Nachmittag bis auf 25,58 Dollar je Barrel und lag damit zeitweise mehr als sieben Prozent über dem Tagestief.

Zuvor hatte Saudi-Arabien bereits mit einem Sparprogramm und einer drastischen Steuererhöhung auf den jüngsten Verfall der Ölpreise in der Corona-Krise reagiert. Vom 1. Juli an soll die Mehrwertsteuer im Königreich von derzeit 5 auf 15 Prozent verdreifacht werden, berichtete die Nachrichtenagentur Saudi Press Agency am Montag und berief sich auf Aussagen des saudischen Finanzministers Mohammed al-Dschadan. Darüber hinaus sollen die Staatsausgaben in einem Volumen von umgerechnet 26,6 Milliarden US-Dollar gesenkt werden, hieß es weiter.

Goldman rechnet erst in Zwei Jahren wieder mit Vorkrisen-Niveau bei Ölverbrauch

Goldman Sachs hat zudem eine Studie herausgegeben, die dem Öl-Sektor gar nicht gefallen dürfte. Unmittelbar hat die Corona-Pandemie zu einem dramatischen Ölpreis-Schock geführt und den globalen Reiseverkehr, sowie die allgemeine wirtschaftliche Produktion, bei der auch fossile Brennstoffe in verschiedenen Anwendungen zum Einsatz kommen, zum Erliegen gebracht. Aber auch längerfristig wird Corona eine Änderung des Verhaltens der Unternehmens mit sich bringen, so die Analysten der Großbank.

In der Analyse haben die Goldman-Analysten die Nachfrage nach Öl in drei Kategorien eingeteilt: Berufsverkehr-Nachfrage; industrielle Nachfrage und Flugzeugtreibstoff-Nachfrage. Bei den ersten beiden Kategorien dürfte man eine schnelle Erholung sehen, doch bei der Nachfrage im Flugverkehr erwarten die Analysten eine Rückkehr auf das Vorkrisen-Niveau erst im dritten Quartal 2022.

Vor allem Geschäftsreisen würden noch auf lange Zeit nicht wieder das Mittel der Wahl werden, auch da sich Alternativen wie beispielsweise der Videostreaming-Dienst Zoom als gute Alternative für die berufliche Kommunikation herausgestellt hätten. Die Analysten rechnen mit 2 bis 3 Millionen Barrel Öl am Tag weniger Verbrauch, die normalerweise in diese Kategorie geflossen wären. Entsprechend wird auch für die Flugbranche ein sehr negatives Szenario gezeichnet, trotz der billigen Ölpreise. Geschätzt wird ein Rückgang des Umsatzes der gesamten Branche im Vergleich zum Vorjahr um über 50 Prozent.

onvista/dpa-AFX

Titelfoto: Robert Lucian Crusitu / Shutterstock.com

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