ProSieben-Großaktionär - Stimme mich nicht mit Mediaset ab

Reuters · Uhr

- von Jason Hovet

Prag/Berlin (Reuters) - ProSiebenSat.1-Großaktionär Daniel Kretinsky macht bei dem Fernsehkonzern nach eigenen Worten keine gemeinsame Sache mit der italienischen Mediaset.

"Wir treffen keine gemeinsamen Absprachen", sagte der tschechische Milliardär in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters, bei dem er Fragen schriftlich beantwortete. Zuletzt hatte es immer wieder Spekulationen gegeben, beide Großaktionäre könnten sich zusammentun, um den TV-Konzern unter Kontrolle zu bringen. Er begrüße das Engagement der Italiener, machte Kretinsky deutlich. Zwar könne er nicht sagen, dass eine von Mediaset betriebene Übernahme von ProSiebenSat.1 "mehr Vorteile als Kosten und Komplexität schafft", doch sei eine "technische Kooperation sehr wünschenswert".

Die Investorengruppe CMI um Kretinsky hatte ihren Anteil an ProSiebenSat.1 auf mehr als zehn Prozent ausgebaut. Der zweite ProSieben-Großaktionär ist mit 20 Prozent der Mediaset-Konzern, den die Familie des ehemaligen italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi kontrolliert. Der stark in die Kritik geratene ProSiebenSat.1-Chef Max Conze verließ das Unternehmen Ende März.

Mediaset-Finanzchef Marco Giordani hatte ProSiebenSat.1 jüngst zu einem raschen Kurswechsel aufgefordert. Dem Unternehmen schwebt ein europäischer Fernsehkonzern mit ProSiebenSat.1 vor - eine Idee, gegen die sich Conze immer gesträubt hatte. In der Branche gibt es Spekulationen, dass beide Großaktionäre zur Hauptversammlung ihre Kräfte bündeln könnten, um weitere Veränderungen bei dem bayerischen Konzern rund um die Sender ProSieben und Sat.1 anzustoßen. "Wir glauben weiter an ProSiebenSat.1, auch wenn das Unternehmen negativ von der Coronakrise beeinflusst werden dürfte", betonte Kretinsky.

Der Tscheche wollte sich nicht in die Karten schauen lassen, ob er seine Aktien aufstocken will und verwies nur auf die jüngste Erklärung zu seinem Anteil von 10,01 Prozent. Damals hieß es von Czech Media Invest (CMI): "Wir beabsichtigen, innerhalb der nächsten zwölf Monate weitere Stimmrechte zu erwerben." Bei der Veröffentlichung von Ende März erklärte CMI auch, man beabsichtige entsprechend der Beteiligung "Einfluss auf die Besetzung von Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorganen der ProSiebenSat.1 Media SE zu nehmen".

ProSieben teilte derweil mit, dass die italienisch-österreichische Unternehmerin Antonella Mei-Pochtler mit Wirkung zum 13. April 2020 gerichtlich als neue Aufsichtsrätin bestellt werde. Sie war Beraterin von Österreichs Regierung und 20 Jahre bei der Boston Consulting Group mit Fokus auf Marken und Medien. Mei-Pochtler soll bei der Hauptversammlung im Juni von den Aktionären ordnungsgemäß gewählt werden. "Sie ist zu 100 Prozent von uns ausgesucht", betonte eine ProSieben-Sprecherin. Eine mit der Sache vertraute Person sagte, die Nominierung von Mei-Pochtler sei ein weiteres Zeichen für eine bessere Beziehung zwischen ProSieben und Mediaset seit dem Abschied von Conze.

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