ROUNDUP 3: Fresenius und FMC wollen nach Gewinnrückgang Kosten drücken

dpa-AFX · Uhr

(neu: mehr Hintergrund, Aussagen aus Bilanzpressekonferenz, Aktienkurs aktualisiert.)

BAD HOMBURG (dpa-AFX) - Nach einem Gewinnrückgang in der Corona-Krise will der Krankenhaus- und Medizinkonzern Fresenius die Kosten senken. Da in der Pandemie vorerst wenig Licht am Ende des Tunnels in Sicht ist, steuert das Dax-Unternehmen gegen und will mit einem Bündel von Maßnahmen bis 2023 Verbesserungen beim Ergebnis nach Steuern und Minderheitsanteilen von mindestens 100 Millionen Euro jährlich erreichen, wie Fresenius am Dienstag in Bad Homburg mitteilte. Auch die Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC) kündigte ein millionenschweres Maßnahmenpaket an.

"Corona wird uns auch im laufenden Jahr noch vor manche Herausforderung stellen", sagte Fresenius-Chef Stephan Sturm. "Umso mehr gilt es, unsere Effizienz zu steigern und damit unsere Kostenbasis zu verbessern." Neben Maßnahmen zur Effizienzsteigerung wird Fresenius sein umfangreiches Konzernportfolio auf den Prüfstand stellen. Verkäufe sind damit nicht ausgeschlossen, ebenso wie personelle Konsequenzen oder die Ausdünnung des Krankenhausnetzes mit 89 Kliniken von Fresenius Helios in Deutschland. Dabei gehe es um einzelne Häuser, sofern diese kein wirtschaftlich tragbares Konzept vorwiesen. "Dies dürfte aber keine große Zahl sein", betonte Sturm auf der Bilanzpressekonferenz. Entscheidungen seien noch nicht gefallen.

Gleichzeitig will Fresenius laut Sturm Wachstumsfelder wie digitale medizinische Angebote, Heimdialyse für Nierenpatienten, das Geschäft mit Kinderwunschkliniken sowie Nachahmermedikamente von Biotech-Arzneien ausbauen. Damit rückt nach dem im Jahr 2018 geplatzten milliardenschweren Zukauf des US-Generikaherstellers Akorn womöglich wieder ein dickerer Fisch ins Visier der Bad Homburger. Fresenius werde ab 2023 dazu übergehen, "einen größeren wertsteigernden Zukauf in die Wege zu leiten", sagte der Konzernlenker. Als größere Zukäufe gelten bei Fresenius Übernahmen ab einer Milliarde Euro. Zuletzt hatte Fresenius Ende 2020 über Helios die Eugin-Gruppe übernommen, einen Anbieter von Reproduktionsmedizin.

Das angekündigte Maßnahmenpaket soll Fresenius in den Folgejahren nach 2023 noch zusätzliche Ergebnisverbesserungen bescheren. Deutlich sichtbar sollen die Früchte des Programms bereits ab dem kommenden Jahr werden. Zunächst aber rechnet der Konzern mit erheblichen Kosten für das Programm. Diese dürften sich zwischen 2021 und 2023 in Höhe von 100 Millionen Euro pro Jahr bewegen.

Mit den Plänen reagiert Fresenius auch auf die schlechte Kursentwicklung an der Börse, wo der Konzern nach mehreren Gewinnwarnungen mit viel Skepsis zu kämpfen hat. Zuletzt waren auch Forderungen nach einer Vereinfachung der Konzernstruktur mit gegenwärtig vier Sparten aufgekommen. Sturm verteidigte sich gegen die Kritik und sagte, aktuell sei es für Alternativszenarien zu früh. Es gehe nun darum, mehr Verständnis etwa für einige "versteckte Champions" im Konzern zu schaffen und damit auch die Wertschätzung an der Börse zu steigern. Sturm zeigte sich überzeugt, dass die Konzernstruktur von Fresenius auch 2023 noch bestehe. Man werde aber handeln müssen, falls sich auch trotz der Maßnahmen am Kursverlauf nichts ändere.

An der Börse legten die Fresenius-Papiere am frühen Dienstagnachmittag in einem schwachen Marktumfeld moderat zu, FMC-Papiere verloren hingegen mehr als einen Prozent. Analysten hatten sich nicht sonderlich überrascht vom eigentlichen Zahlenwerk für 2020 gezeigt, nachdem der Konzern bereits vor drei Wochen von Problemen bei FMC im Schlussquartal berichtet hatte.

Die Dialysetochter hatte Anfang Februar mit ihrem düsteren Ausblick auf 2021 die Investoren geschockt und für einen weiteren Kursrutsch beider Wertpapiere gesorgt. Hiervon haben sich die Aktien bislang nicht erholt. Die Anteile von Fresenius und FMC stehen seit einiger Zeit unter Druck. So verlor die Fresenius-Aktie seit Mitte 2017 mehr als die Hälfte an Wert. Die ebenfalls im Dax gelisteten FMC-Papiere gaben seit Ende 2017 mehr als ein Drittel nach.

Im vergangenen Jahr bekam Deutschlands größter privater Krankenhausbetreiber die Pandemie zu spüren. Operationen mussten verschoben werden, um Intensivbetten für Corona-Patienten freizuhalten. Da die Pandemie aber relativ glimpflich verlief, standen viele Betten leer. Staatliche Hilfen konnten Ausfälle nur mindern. Trotz einer Erholung im Schlussquartal in den Kliniken wurde weniger operiert, sodass weniger Arzneien der Flüssigmedizin-Tochter Fresenius Kabi zum Einsatz kamen. Und bei der Dialysetochter FMC machte sich bemerkbar, dass viele Blutwäschepatienten im Zusammenhang mit dem Coronavirus sterben und so Behandlungen ausfallen.

Fresenius konnte den Umsatz 2020 zwar leicht um zwei Prozent auf 36,3 Milliarden Euro steigern, das bereinigte Konzernergebnis sackte jedoch um 4 Prozent auf knapp 1,8 Milliarden Euro ab. Vorstandschef Sturm hatte wegen der Pandemie seine Ziele für das vergangene Jahr schon stutzen müssen. Die Aktionäre sollen dennoch eine auf 0,88 Euro je Aktie erhöhte Dividende erhalten. FMC verbuchte unterdessen einen Gewinnrückgang um 3 Prozent auf 1,16 Milliarden Euro, will den Aktionären mit 1,34 Euro pro Anteil aber ebenfalls mehr ausschütten.

Fresenius rechnet auch 2021 weiter mit Belastungen in der Pandemie. Erst in der zweiten Jahreshälfte würden sich die Bedingungen in wesentlichen Märkten verbessern, warnte der Konzern und verwies auf hohe Risiken. "Dies ist jedoch stark von der zügig voranschreitenden Durchimpfung der Bevölkerung in diesen Märkten abhängig." In diesem Jahr erwartet die Dax-Firma nunmehr währungsbereinigt einen Umsatzanstieg im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich. Das bereinigte Konzernergebnis soll "mindestens in etwa stabil" bleiben.

Auch FMC feilt an den Kosten. Bei der Dialysetochter wurden im vergangenen Jahr erhebliche Mehrkosten etwa für Personal und Schutzmaßnahmen großteils durch staatliche Hilfen aufgefangen. Im letzten Jahresviertel wurden jedoch die Probleme durch die hohe Zahl von Corona-Toten unter Blutwäschepatienten deutlich. Hinzu gesellten sich Wertminderungen für das schwierigen Lateinamerika-Geschäft, das sorgte für einen Ergebniseinbruch im Schlussquartal um fast die Hälfte. Aufs Jahr gesehen ging der Gewinn unter dem Strich um drei Prozent auf rund 1,16 Milliarden Euro ein. Um die Kosten zu senken, steckt der Konzern bis 2025 bis zu 500 Millionen Euro in den Umbau. Er erwartet für jeden investierten Euro eine Verbesserung des operativen Ergebnisses um mindestens den gleichen Betrag im Jahr 2025.

Für 2021 peilt FMC ein Umsatzwachstum im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich an. Das Konzernergebnis dürfte jedoch im hohen Zehner- bis mittleren Zwanziger-Prozentbereich zurückgehen, hieß es. Sondereffekte sind bei dieser Prognose ausgeklammert. Unklar bleibt derzeit, ob das Unternehmen noch weitere Hilfen der US-Regierung erwarten kann und wie diese beantragt werden können. "Wir bleiben im Kontakt mit der Politik", sagte FMC-Chef Rice Powell bei der Bilanzpräsentation./tav/als/mne/fba

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