ROUNDUP: Tui dampft Winterangebot noch stärker ein - Hoffen auf Sommer 2021

dpa-AFX · Uhr

HANNOVER (dpa-AFX) - Bei Tui müssen sich die Kunden angesichts neuer Corona-Reisewarnungen und hoher Unsicherheit in der weiteren Planung auf ein deutlich eingeschränktes Winter-Programm einstellen. Der weltgrößte Touristikkonzern aus Hannover strich für die bevorstehende Saison rund ein Fünftel des Angebots. Wie Tui am Dienstag mitteilte, können Urlauber in den kommenden Monaten damit noch etwa 40 Prozent der ursprünglichen Kapazitäten nutzen. Zuletzt sei das reduzierte Programm zu 30 Prozent gebucht gewesen, berichtete das Unternehmen.

Für den Sommer 2021 zeigte sich Tui zuversichtlicher. Viele Bereiche sind in großen Teilen wieder angelaufen. Auch bei Kreuzfahrten geht es schrittweise voran - nun auch mit Corona-Tests für die Passagiere.

Die Pandemie ist für die Reisebranche zu einer existenziellen Krise geworden. Nach gut dreimonatigem Stillstand fuhr Tui seit Mitte Juni den Betrieb langsam wieder hoch. "Seit der Wiederaufnahme sind 1,4 Millionen Kunden mit uns in den Urlaub gefahren", so Vorstandschef Fritz Joussen zum Zeitraum bis Ende August. Doch Reisewarnungen und -hinweise lassen viele Urlauber bei langfristigen Buchungen zögern. Auch in Spanien inklusive der Balearen und Kanaren - besonders bei Deutschen und Briten beliebte Ziele - ist die Lage angespannt. Das gesamte Marktumfeld sei unbeständig, erklärte Joussen. "Und dies wird voraussichtlich auch noch in den kommenden Quartalen so bleiben."

Für das Wintergeschäft 2020/2021 meldete Tui einen Buchungsstand, der derzeit um 59 Prozent unter dem Vorjahreswert liegt. Die Preise seien im Schnitt um 3 Prozent höher. Ziel sei es, den Kunden trotz des gekürzten Programms "weiterhin verantwortungsvoll eine Vielzahl sicherer Winterurlaubs-Optionen" anbieten zu können. Man müsse jedoch nach wie vor mit geänderten Reisehinweisen rechnen, "so dass sich der Trend zu kurzfristigen Buchungen fortsetzen wird, bis die Gäste eine größere Planungssicherheit haben". Statt pauschaler Risikobewertungen für ganze Länder seien präzisere, regionale Einschätzungen nötig.

In der Kreuzfahrtsparte sind einige Meerestouren in Europa zurück im Angebot - bei Tui Cruises sind drei von sieben Schiffen im Einsatz, bei Hapag-Lloyd Cruises drei von fünf. Joussen hatte unter anderem ein Konzept für kürzere Fahrten in der Nord- und Ostsee vorgelegt. Für sämtliche Passagiere ist inzwischen ein Covid-19-Test im Programm enthalten. Die Kunden bekommen diesen zwei oder drei Tage vor Beginn der Tour und müssen zum Check-in ein negatives Ergebnis vorweisen. 44 Prozent der konzerneigenen Hotels war bis Ende August wiedereröffnet.

Für den nächsten Sommer hält Tui an der Planung fest, 80 Prozent der ursprünglich geplanten Kapazität anzubieten. Aktuell gebe es "eine positive Buchungsentwicklung" - dem Wert von 84 Prozent über dem Vorjahresniveau liegt aber auch der Corona-Sondereffekt zugrunde: Viele Urlauber haben ihre Reisen auf das kommende Jahr umgebucht oder wollen sich frühzeitig Plätze sichern, Tui zog den Buchungsstart für die Sommersaison 2021 außerdem vor. Die Preise stiegen um 10 Prozent.

Joussen erwartet - trotz aller Unwägbarkeiten - eine Erholung, bei Urlaubs- rascher als bei Geschäftsreisen. Der Konzern nimmt zudem an, dass das Flugverbot für den Boeing -Jet 737 Max bald zurückgenommen werden könnte. Weltweit mussten Airlines das Modell nach zwei Abstürzen am Boden lassen. Nun gab es laut Tui einige Testflüge "zur Rezertifizierung (...), was auf Fortschritte bei der Wiederaufnahme des kommerziellen Betriebs bis Ende des Kalenderjahres hindeutet. Für die kommenden Wochen erwarten wir weitere Mitteilungen."

Auch bei der Konzernflotte Tuifly fährt das Management allerdings einen harten Sparkurs, der bei Gewerkschaften und Betriebsräten heftig umstritten ist. Im Gesamtkonzern könnten bis zu 8000 Stellen gestrichen werden - mehr als 300 Millionen Euro will Tui pro Jahr einsparen, ab 2023 soll dies im Ergebnis "voll wirksam" werden.

Finanziell ist das Unternehmen stark unter Druck. Möglicherweise wieder zunehmende Rückerstattungen an die Kunden wegen veränderter Reisehinweise könnten die verfügbaren Mittel weiter verknappen. Einschließlich des im August vereinbarten, bereitstehenden Staatskredits des Bundes von 1,2 Milliarden Euro hat Tui Zugriff auf eine Liquidität von rund 2 Milliarden Euro. Aufgrund der unsicheren Reiselage rechnet der Konzern aber mit einer etwas schlechteren Entwicklung der Kassenlage von Oktober bis Ende Dezember./jap/DP/nas

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