Wall Street: Die Hoffnung stirbt zuletzt ++ US-Indizes geben wieder kräftig Gas ++ Beyond Meat und Qualcomm tanzen gehörig aus der Reihe

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Zinshoffnung ist tot, lang lebe die Zinshoffnung. Wenn die amerikanische Notenbank nicht so handelt wie erhofft, sondern lediglich liefert wie erwartet, dann wird halt kurzerhand eine neue Spekulation aufgebaut. Schließlich ist der nächste Zinsentscheid ja schon im September und Jerome Powell hat auf Nachfrage klargestellt, dass er sich nicht grundsätzlich gegen weitere Zinssenkungen ausgesprochen habe. „Lassen Sie mich klarstellen: Ich habe gesagt, es ist nicht der Beginn einer langen Reihe von Zinssenkungen. Ich habe nicht gesagt, dass es sich nur um eine Zinssenkung handelt,“ so Powell auf der Pressekonferenz nach der Entscheidung.

Der Dow liegt über ein Prozent im Plus und hat die 27.000 Punkte-Marke wieder zurückerobert. Der S&P 500 liegt ähnlich im Plus und ist ebenfalls wieder über 3.000 Punkte gestiegen. Die Nasdaq zieht noch kräftiger an. Hier geht es fast 1,5 Prozent in die Höhe. War da Mittwoch etwas mit der Fed? Nicht wirklich, schließlich können die Anleger schon einen Tag später auf eine weitere Zinserhöhung spekulieren. Hört sich irgendwie nach Pipi Langstrumpf an: Ich mach‘ mir die (Börsen-)Welt – Widdewidde wie sie mir gefällt.

Wer suchet, der findet

Die Stimmung in der US-Industrie hat sich im Juli zum vierten Mal in Folge verschlechtert. Der Einkaufsmanagerindex ISM sank um 0,5 Punkte auf 51,2 Zähler, wie das Institute for Supply Management (ISM) am Donnerstag in Washington mitteilte. Das ist der tiefste Stand seit August 2016, also seit knapp drei Jahren. Volkswirte hatten im Mittel mit einer leichten Verbesserung auf 52,0 Punkte gerechnet.

Der ISM-Index gilt als zuverlässiger Frühindikator für die wirtschaftliche Aktivität in den USA. Zwar erwirtschaftet die amerikanische Industrie einen wesentlich kleineren Teil als der deutlich größere Dienstleitungssektor. Allerdings hängt das Geschäft vieler Dienstleiter vom Zustand der Industrie ab. Da der ISM immer noch über der Schwelle von 50 Punkten liegt, deutet er weiter auf eine wachsende Industrieproduktion hin.

In den USA sind die Bauausgaben im Juni überraschend gefallen. Gegenüber dem Vormonat gingen sie um 1,3 Prozent zurück, wie das US-Handelsministerium am Donnerstag in Washington mitteile. Analysten hatten dagegen mit einem Anstieg von im Mittel 0,3 Prozent gerechnet. Der Rückgang im Vormonat Mai wurde von 0,8 auf 0,5 Prozent korrigiert.

Spielt jetzt am Freitag auch der US-Arbeitsmarktbericht mit und ist schlecht, dann dürfte das Spielchen von vorne losgehen. Dann wird Donald Trump wieder Druck auf die Fed aufbauen und eine Zinssenkung um 50 Basispunkte fordern. Der Markt wird 25 Basispunkte als sicher einpreisen und auf 50 hoffen. So oder so die Zinshoffnung ist wieder da und die Verärgerung von Mittwoch ist vergessen – Schwamm drüber.

Neuer Wert auf der Watchliste! – onvista-Mahlzeit

Unternehmensnachrichten gibt es ja auch noch

Hier sorgten weiter Geschäftszahlen für Schlagzeilen und Kursbewegungen. Qualcomm-Titel waren mit einem Minus von über dreieinhalb Prozent Schlusslicht im Nasdaq 100, nachdem der Chipkonzern die Anleger mit seinem Ausblick auf das laufende vierte Geschäftsquartal enttäuscht hatte.

Noch härter traf es die Aktionäre des Fleischersatzproduzenten Beyond Meat: Dessen Anteilscheine setzten ihre Achterbahnfahrt fort, diesmal mit einem Kursrutsch von fast acht Prozent auf 181,07 US-Dollar. Wenige Monate nach dem raketenartigen Börsenstart wurde nun eine zweite Aktientranche an die Börse gebracht, zu 160 US-Dollar allerdings mit einem deutlichen Abschlag zum letzten Schlusskurs bei fast 200 Dollar.

Dagegen ging es für Yum Brands am Donnerstag um knapp sechs Prozent hoch, womit die Aktie ihren Rekordkurs fortsetzte. Die Systemgastronomiekette mit bekannten Marken wie KFC, Pizza Hut und Taco Bell hatte mit dem Quartalsumsatz auf vergleichbarer Fläche positiv überrascht.

Der Autobauer General Motors (GM) sorgte für Freude, da er im zweiten Quartal trotz eines Umsatzrückgangs den Gewinn gesteigert hatte: Die Aktien zogen um fast drei Prozent an. Am Mittwoch waren schon die Zahlen des Konkurrenten Fiat Chrysler auf ein positives Echo gestoßen.

Im Dow verzeichnete Verizon Communications ein überdurchschnittliches Kursplus von mehr als ein Prozent. Der Telekomkonzern hatte im zweiten Quartal sowohl mit dem Gewinn als auch mit der Zahl der Vertragskunden die Analystenerwartungen übertroffen.

Die Titel des Spezialchemiekonzerns Dupont  gewannen dank überraschend optimistischer Jahresziele 0,72 Prozent. Auch die Resultate für das abgelaufene Quartal fanden Beifall. Der Milliardenverlust nach einem kleinen Gewinn ein Jahr zuvor hing vor allem mit der Abschreibung von Firmenwerten nach der Abspaltung zusammen. Dupont wurde erst am 1. Juni von dem im Jahr 2017 fusionierten Chemiekonzern DowDupont getrennt.

Die Papiere des Agrarchemieunternehmens Corteva, das ebenfalls aus dieser Aufspaltung entstanden ist, legten nach dem Zwischenbericht sogar um mehr als acht Prozent zu. Im ersten Quartal als eigenständiges Unternehmen war Corteva nach eigenen Angaben in nahezu allen Regionen aus eigener Kraft gewachsen. Umsatz und operatives Ergebnis waren allerdings von widrigen Wetterbedingungen in Nordamerika belastet worden.

Von Markus Weingran / dpa-AFX

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