Warburg Bank offenbar zur Aussage in Bürgerschaftsausschuss bereit

dpa-AFX · Uhr

HAMBURG (dpa-AFX) - Die im Cum-Ex-Skandal belastete Warburg Bank ist offenbar bereit, auf das Steuergeheimnis zu verzichten und sich vor dem Haushaltsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zu Steuerforderungen zu äußern. Voraussetzung sei, dass die Sitzung nicht öffentlich stattfinde, sagte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Richard Seelmaecker der Deutschen Presse-Agentur am Freitagabend. Das habe ihm ein Vertreter der Bank kurz vor einer Sondersitzung des Ausschusses telefonisch angeboten. "Ich werde ihn jetzt bitten, dieses Angebot schriftlich an den Vorsitzenden des Ausschusses zu übermitteln", sagte er.

Konkret geht es dabei um den Verdacht der politischen Einflussnahme auf Entscheidungen des Hamburger Finanzamts für Großunternehmen im Fall Warburg. Hintergrund sind Treffen des damaligen Bürgermeisters und heutigen Vizekanzlers und Bundesfinanzministers Olaf Scholz 2016 und 2017 mit dem Warburg-Miteigentümer Christian Olearius, gegen den damals bereits Ermittlungen wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften liefen. Später ließ Hamburg eine Steuernachforderung in zweistelliger Millionenhöhe verjähren, eine weitere wurde erst nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert.

Die Treffen waren durch Berichte der "Zeit" und des NDR-Magazins "Panorama" im Februar und Anfang dieses Monats bekanntgeworden. Die Recherchen gründeten in erster Linie auf Tagebucheinträgen von Olearius, die auch eine enge Verbindung von Bankvertretern mit der zuständigen Finanzbeamtin nahelegten.

Scholz hat alle Vorwürfe in diesem Zusammenhang mehrfach zurückgewiesen, ebenso Bürgermeister Peter Tschentscher, der unter seinem Vorgänger Scholz bis 2018 Finanzsenator war. Während der Sondersitzung des Haushaltsausschusses am Freitagabend sagte auch der heutige Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), dass es keine politische Einflussnahme auf Entscheidungen des Finanzamtes gegeben habe.

Entgegen der Forderung der Opposition blieb Tschentscher der Sondersitzung fern. Der Bürgermeister habe sich bereits mehrfach zu dem Fall geäußert, sagte Dressel. "Und neue Fragen sind in diesem Zusammenhang nicht an Herrn Tschentscher gestellt worden."

Auf Einzelheiten zum Warburg-Fall ging er mit Hinweis auf das Steuergeheimnis nicht ein. Einigkeit müsse aber in der Beurteilung bestehen, dass Cum-Ex-Geschäfte illegal "und wirklich ein Schlag ins Gesicht jedes ehrlichen Steuerzahlers und jeder ehrlichen Steuerzahlerin" sind, sagte Dressel. Im Übrigen habe Hamburg bereits 2014 in einem Cum-Ex-Prozess gegen eine Beteiligungsfirma vor dem Bundesfinanzhof gezeigt, "dass wir um jeden Euro kämpfen".

Bei Cum-Ex-Geschäften nutzten Investoren eine Lücke im Gesetz. Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Am Ende war dem Fiskus nicht mehr klar, wem die Papiere gehörten. Finanzämter erstatteten Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand ein Milliardenschaden.

Seelmaecker bemängelte, dass Tschentscher "sein Kommen verweigert" habe. "Es geht klipp und klar darum, was hat der Bürgermeister, was hat der Finanzsenator getan, um da mitzusteuern." Seine Frage an Dressel, ob er erklären könne, dass Scholz und Tschentscher sich "weder strafbar gemacht haben noch rechtswidrig verhalten haben", beantworte dieser nur indirekt: "Eine Einflussnahme hat es nicht gegeben und wird es nicht geben."

Es gebe überhaupt keine Möglichkeit, auf einen Steueranspruch zu verzichten, sagte Dressel und wies Vorwürfe einer möglichen Kungelei zwischen Finanzamt und Bankhaus zurück. "Und es besteht auch nicht die Möglichkeit, Steuern wie auf einem Basar zu verhandeln." Alle Entscheidungen der Finanzbehörde seien auf Grundlage von Recht und Gesetz erfolgt.

Der Finanzexperte der Linksfraktion, Norbert Hackbusch, warf vor allem Scholz vor, immer nur dann etwas zuzugeben, wenn es durch die Tagebucheinträge bereits unterlegt sei. So seien Treffen des Ex-Bürgermeisters mit Olearius in Senatsantworten auf Kleine Anfragen noch im vergangenen Jahr bestritten worden. "Das heißt, die Glaubwürdigkeit des Senats (...) ist durchaus in Zweifel zu ziehen."

Der AfD-Abgeordnete Thomas Reich schlussfolgerte, dass die Stadt einen Steueranspruch gegen Großunternehmen auch aus Angst vor hohen Kosten und Haftungsfolgen nicht stellen würde. "Ist das die Lehre aus Cum-Ex?", fragte er.

Linke und AfD haben sich für einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) ausgesprochen. Die CDU, deren Stimmen es für die Einberufung eines solchen Gremiums braucht, wollte zunächst die Sondersitzung des Haushaltsausschusses abwarten. Fraktionschef Dennis Thering hatte ursprünglich angekündigt, dass eine Entscheidung noch am Wochenende getroffen werden soll. Dies dürfte sich jedoch nun verzögern, bis über eine Aussage der Warburg Bank im Haushaltsausschuss entschieden ist./fi/DP/fba

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