Wasserstoff: Revolutioniert die Uni Lancaster die Brennstoffzellen? – Müssen sich Nel und PowerCell Sorgen machen? – Sind VW, Daimler und BMW auf dem Holzweg?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Überschrift einer Pressemitteilung der Universität Lancaster aus England hört sich vielversprechend an: „Ein neues Material könnte das Potenzial von Wasserstoff-Fahrzeugen revolutionieren.“ Sollte dem wirklich so sein, dann könnte das nicht nur Auswirkungen auf die weitere Zukunft von E-Autos haben, auch die bisherigen Börsen-Highflyer Nel, PowerCell und Ceres Power könnten starken Gegenwind zu spüren bekommen.

Was genau hat die Uni Lancaster entdeckt?

Ein internationales Forscherteam an der Lancaster Universität hat unter der Leitung von Professor David Antonelli ein neues Material aus Mangan entdeckt, dass eine neue Lösung in der Brennstoffzellen-Technologie bietet. Das neue Material wird zur Herstellung von molekularen Sieben innerhalb von Brennstofftanks verwendet die den Wasserstoff speichern und neben Brennstoffzellen in einem wasserstoffbetriebenen „System“ arbeiten.

Das Revolutionäre an der Technologie

Das Material, das KMH-1 (Kubas Manganese Hydride-1) genannt wird, soll es ermöglichen, Tanks zu entwerfen, die viel kleiner, billiger, bequemer und energiedichter sind als die vorhandenen Wasserstoffkraftstofftechnologien. Zudem sollen die Tanks eine Reichweite bieten, die deutlich über der von batteriebetriebenen Fahrzeugen liegt.

Reichweite 4 bis 5 Mal länger als mit Lithium-Ionen-Batterie

Professor Antonelli, Lehrstuhl für Physikalische Chemie an der Lancaster University und seit mehr als 15 Jahren in diesem Bereich tätig, sieht viele Vorteile von KMH-1: „Die Kosten für die Herstellung unseres Materials sind so niedrig, und die Energiedichte, die es speichern kann, ist so viel höher als bei einer Lithium-Ionen-Batterie, dass wir Wasserstoff-Brennstoffzellen-Systeme sehen könnten, die fünfmal weniger kosten als Lithium-Ionen-Batterien. Zudem bietet das Material eine viel längere Reichweite, die möglicherweise bis zu etwa vier-bis fünfmal längere Fahrten zwischen den Füllungen ermöglicht.“

Neues System nicht nur auf Fahrzeuge begrenzt

„Dieses Material kann auch in tragbaren Geräten wie Drohnen oder innerhalb von mobilen Ladegeräten verwendet werden, so dass die Menschen einwöchige Campingausflüge unternehmen können, ohne ihre Geräte aufladen zu müssen“, so Professor Antonelli weiter. „Der eigentliche Vorteil ist, dass man für längere Zeit vom Netz gehen kann, wie zum Beispiel bei Langstreckenfahrten, Drohnen oder Robotik. KMH-1 könnte auch dazu verwendet werden, ein Haus oder eine abgelegene Nachbarschaft außerhalb einer Ortschaft mit einer Brennstoffzelle zu versorgen.“

Spin-Off Kubagen

Die neue Technologie wurde von der University of South Wales lizensiert und an das Spin-out-Unternehmen Kubagen, dass zum Teil Forschungsleiter Professor Antonelli gehört, weitergereicht. Ab wann das Unternehmen die „revolutionären Brennstoffzellen“ produzieren kann, steht noch nicht fest. Aber vielleicht könnte es ja mit einem starken Partner an der Seite ziemlich schnell gehen, wenn die Brennstoffzellen von Kubagen wirklich das halten, was Professor Antonelli verspricht.

Müssen sich Nel, PowerCell und Ceres Power sorgen machen?

Sollte die neue Technologie wirklich die Reichweite für Fahrzeuge so signifikant verlängern, wie die Universität Lancaster angibt, dann könnte der Gegenwind für die Börsen-Highflyer der vergangenen Monate wirklich um einiges stärker werden. Allerdings haben sie noch den Vorteil, schon mit Produkten im Markt zu sein. Wann Kubagen mit eigenen Brennstoffzellen wirklich zur ernstzunehmenden Konkurrenz wird, ist noch nicht abzusehen. Von daher brauchen sich Nel, PowerCell und die anderen Player noch nicht direkt zu sorgen, allerdings müssen sie Kubagen genau im Auge behalten, sollten die Stacks wirklich diese große Reichweite, beziehungsweise große Energieleistung, bringen.

Automobilbranche auf dem Holzweg?

Auch die großen Autobauer müssen die Entwicklung bei Kubagen sehr genau verfolgen. Hauptkritikpunkte an der Elektromobilität sind Reichweite und Ladezeit. Die besten Batterien bieten eine Reichweite um die 400 Kilometer. Sollte die neue Brennstoffzelle von Kubagen wirklich 4 bis 5 Mal mehr Reichweite bieten, dann sprechen wir hier von einer Reichweite, die zwischen 1.600 und 2.000 Kilometern liegt. Für deutsche Autofahrer wäre damit der Italien-Urlaub in einem Rutsch zu erledigen. Aufwendige Planungen mit E-Ladestationen auf der Route wären hinfällig.

Sollte das neue Material auch tatsächlich so kostengünstig sein wie beschrieben, dann wäre auch der Preisvorteil gegenüber einer Lithium-Ionen-Batterie nicht von der Hand zu weisen. E-Flitzer könnten wesentlich billiger angeboten werden.

Pressemitteilung ist das eine - Taten sind das andere

Professor Antonelli, beziehungsweise Kubagen, muss der Pressemitteilung jetzt auch Taten folgen lassen. Solange es keine wirklichen Sachen zum Anfassen und testen gibt, welche die Inhalte der Pressemitteilung bestätigen, dürfte sich auch noch niemand von der Technologie verzaubern lassen. Wenn Kubagen allerdings tatsächlich Wort hält, dann könnte es wirklich zu einer Revolution am Markt kommen.

Von Markus Weingran

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Bild: Kaca Skokanova /Shutterstock

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