Wieder deutlich weniger Reisende im Fernverkehr der Deutschen Bahn

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BERLIN (dpa-AFX) - Angesichts rapide steigender Infektionszahlen und schärferer Vorgaben in der Corona-Krise verzichten wieder mehr Menschen auf das Bahnfahren. "Seit Anfang Oktober registrieren wir eine zunehmende Verunsicherung unserer Kunden im Fernverkehr, während das Verkehrsaufkommen im Regionalverkehr stabil geblieben ist", teilte ein Sprecher der Deutschen Bahn auf Anfrage mit. Besonders betroffen seien im Fernverkehr Geschäftsreisen sowie längerfristige Buchungen, "was angesichts der aktuellen Entwicklungen und Diskussionen nicht verwunderlich ist".

Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) sind die Buchungszahlen im Fernverkehr der Deutschen Bahn seit Anfang Oktober um ein Drittel eingebrochen. Im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit fahren nur noch halb so viele Menschen mit ICE und IC. "Das geht alles nicht spurlos an uns vorüber", sagte Personenverkehrsvorstand Berthold Huber dem Blatt.

Im Frühjahr, als bundesweit erhebliche Reise- und Ausgehbeschränkungen galten, war die Nachfrage bei der Deutschen Bahn nahezu vollständig zum Erliegen gekommen. Dennoch hielt der bundeseigene Konzern einen Großteil des Angebots aufrecht. Im Frühjahr saßen laut Bahn nur noch 10 bis 15 Prozent der Fahrgäste in den Zügen. Mit den Lockerungen im Sommer stieg auch die Nachfrage wieder. Zwischenzeitlich lag das Verkehrsaufkommen im Fernverkehr laut dem Sprecher wieder bei rund 75 Prozent des vor Corona üblichen Niveaus. Nun geht der Trend wieder in die andere Richtung.

"Durch die Verschärfung der Lage seit Anfang Oktober und auch durch den Appell der Bundesregierung, möglichst nicht zu reisen, sind wir hier jetzt sehr schnell auf 50 Prozent zurückgefallen", sagte Huber. Umgerechnet auf die Auslastung bedeutet das, dass in den Fernzügen im Schnitt nur noch etwa ein Drittel der Sitzplätze besetzt ist.

Derzeit fährt die Bahn 90 bis 95 Prozent der Fernzüge des Fahrplans aus Vor-Corona-Zeiten. "Wir wollen das auch nicht voreilig verringern", sagte Huber. "Die Kunden sollen in der Pandemie die Chance haben, sich in den Zügen zu verteilen. Bei einer Auslastung von 35 Prozent ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass der benachbarte Platz frei bleibt." Die Masken-Disziplin sei in den vergangenen Wochen größer geworden. Es gebe zudem "keinerlei Nachweis über eine besondere Ansteckungsgefahr in Zügen".

Im Weihnachtsreiseverkehr will die Bahn nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" die Sicherheit erhöhen, indem mehr Plätze angeboten werden. "Sicheres Reisen mit bestmöglichem Abstand wollen wir in jedem Fall gewährleisten", sagte ein DB-Sprecher dem Blatt. "In diesem Jahr werden wir für die Reisezeit vor den Weihnachtsfeiertagen über eine noch größere Zugflotte verfügen." Man plane mit mehr Verbindungen, dichteren Zugfolgen und mehr neuen Zügen mit täglich 13 000 zusätzlichen Sitzplätzen.

Um den besonders starken Rückgang bei Geschäftsreisen besser abzufedern, prüft die Deutsche Bahn eine engere Zusammenarbeit mit der Lufthansa . "Gerade in diesen schwierigen Zeiten könnte mancher Fluggast auf den Zug umsteigen", sagte Huber der FAZ. "Deshalb prüfen wir, wie wir Flug und Zug noch besser vernetzen können - besonders am Knotenpunkt Frankfurt."

Auch aufgrund der niedrigen Nachfrage wird für dieses Jahr ein Milliardenverlust bei dem Staatskonzern erwartet. Der Bund unterstützt das eigene Unternehmen mit einer Eigenkapitalerhöhung von fünf Milliarden Euro, die aber von Wettbewerbern kritisiert wird und von der EU-Kommission geprüft werden muss. Um einen eigenen Sparbeitrag zu leisten, verhandelt die Bahn derzeit mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) in einem Schlichtungsverfahren über Möglichkeiten./maa/DP/he

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