Wirecard: Jetzt ist der Gegenwind wirklich perfekt! – Ratingagentur Moody’s prüft Abstufung der langfristigen Bonität des Dax-Konzerns

onvista · Uhr

Wirecard-Anleger brauchen weiterhin ganz starke Nerven. Während der Dax furios in den Juni startet, fast 4 Prozent im Plus liegt und die Marke von 12.000 Punkte knackt, Wird das Wirecard-Papier stück für Stüch nach hinten durchgereicht und ist mittlerweile der einzige Titel im deutschen Leitindex, der ins Minus gerutscht ist. Ein Kunststück, dass man bei der guten Stimmung am Markt auch erst einmal schaffen muss. Hintergrund des Schwächeanfalls ist die Rating-Agentur Moody’s. Die stellt jetzt die langfristige Bonität von Wirecard auf den Prüftstand.

Moody’s stößt so einiges sauer auf

In Vergleich zur bisherigen Einstufung stört die amerikanische Ratingagentur mittlerweile die „anhaltenden Unsicherheiten rund um Vorwürfe bezüglich betrügerischer Buchführungspraktiken.“ Aus diesem Grund schaut Moody’s jetzt ganz genau auf die kommenden Veröffentlichungen von Wirecard.  Sollte der endgültige KPMG-Bericht oder der geprüfte Jahresabschluss für 2019 wesentliche Unregelmäßigkeiten bei der Rechnungslegung oder weitere Schwachstellen in Bezug auf Governance und Kontrolle erkennen lassen und die Überprüfung von Wirecard durch Moody’s keine der Verbesserungen im Bezug auf Compliance und Risikomanagement ergeben“, dann könnte die Bonität der Aschheimer ins Wanken geraten.

„Der wiederholt verschobene Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2019 und die offenen Fragen aus dem KPMG-Bericht wirken sich nach unserer Einschätzung negativ auf die Unternehmensführung aus.“ Zudem sieht Moody’s dadurch das Risiko, dass Kunden aus Reputationsgründen Wirecard verlassen.

Na klar! Coronakrise spielt auch eine Rolle

„Der Ausbruch des Coronavirus kann die finanzielle Leistung von Wirecard erheblich beeinträchtigen. Moody’s betrachtet den Ausbruch des Coronavirus als soziales Risiko im Rahmen der ESG. Das Händler-Akquisitionsgeschäft von Wirecard ist von der beispiellosen Unterbrechung des Handels während der Sperrfrist, insbesondere im Reisesektor, betroffen und wird voraussichtlich einen bedeutenden Umsatzrückgang verzeichnen, der teilweise durch einen anhaltenden Marktanteilsgewinn ausgeglichen wird, da die Verbraucher sich zunehmend daran gewöhnen, auch online einzukaufen.“

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Echt jetzt?

Die Hexenjagd auf Wirecard nimmt mittlerweile schon abenteuerliche Züge an. Wenn Moody’s die Corona-Pandemie auch als einen Prüfungsgrund anführt, dann kommen bei mir erste Zweifel auf. Zum einen hat Wirecard mit den vorläufigen Zahlen für das erste Quartal 2020 gezeigt, dass der Bezahldienstleister die Virus-Krise mit Zuwächsen gemeistert hat und zum anderen fallen mir bei dem Argument gefühlt 100 andere Unternehmen ein, die dringender auf ihre Bonität überprüft werden sollten.

Ramschstatus droht

Im August 2019 hatte Moody’s Wirecard mit dem Rating Baa3 und einem stabilen Ausblick eingestuft. Mit einem Moody’s-Rating von „Ba1“ oder schlechter fallen Anleihen in die Kategorie „Junk Bonds“. Eine Abstufung könnte sich daher negativ auf eine 500 Millionen Euro schwere Anleihe-Emission aus dem Vorjahr mit einer Laufzeit bis 2024 auswirken. Wirecard müsste das höher eingestufte Ausfallrisiko mit entsprechend höheren Zinsen ausgleichen. In der Zukunft wäre es dann auch für den Dax-Konzern schwieriger Anleihen zu platzieren.

Nächste Baustelle offen

Da das operative Geschäft von Wirecard bislang völlig intakt ist, verwundert der Vorstoß von Moody’s schon ein wenig. Trotzdem ist die Überprüfung der Bonität die nächste Baustelle, die sich für Wirecard auftut und die Anleger verunsichert. Sollte Wirecard tatsächlich abgestuft werden, dann wird es für noch mehr institutionelle Anleger schwieriger die Aktie zu halten.

Daher bleibt es dabei: Bei Wirecard gibt es nur zwei Meinungen. Entweder Anleger gehen mit dem Papier durch dick und dünn oder sie lassen die Finger von der Aktie.

Von Markus Weingran

Foto: Homepage Wirecard

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