Wirecard: Kurs im Strudel der Spekulanten – Werden nun Teile des Konzerns verkauft? Konkurrent Adyen hat kein Interesse

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Aktien von Wirecard sind endgültig zum Spielball von Spekulanten geworden. Nach einem Verlust von knapp 99 Prozent in den vergangenen sieben Handelstagen hat sich am Montagvormittag ihr Kurs zeitweise mehr als verdreifacht bis auf über vier Euro.

Zuletzt gewannen die Papiere des Zahlungsabwicklers 142 Prozent auf gut 3 Euro, nachdem sie am vergangenen Freitag noch auf dem Weg zum Pennystock waren. Der Kurs lag mit zeitweise 1,08 Euro nur noch knapp über einem Euro. Zum Vergleich: Vor gut zwei Monaten kosteten die Papiere noch über 140 Euro und Mitte Juni notierten sie immer noch über 100 Euro.

Wirecard will weitermachen

Auslöser der Rally am Montag war die Mitteilung, dass der Vorstand trotz des Insolvenzantrags auf eine Fortführung des Geschäfts setzt. Zudem wurde betont, dass die Wirecard Bank aktuell nicht Teil des Insolvenzverfahrens und der Zahlungsverkehr der Wirecard Bank nicht betroffen ist.

So starke Kursanstiege wie in den ersten Handelsminuten am Montag sind aber nur zu einem geringen Teil mit fundamentalen Gründen zu erklären, sondern sind vielmehr ein Beleg dafür, dass das Papier auf dem inzwischen niedrigen Niveau vor allem von Investoren gekauft wird, die nach dem Kursabsturz auf eine Erholung setzen.

Bei Wirecard reihte sich in den vergangenen zwei Wochen eine Hiobsbotschaft an die nächste: Nach der abermaligen Verschiebung der Bilanz für 2019, dem Eingeständnis mutmaßlicher Luftbuchungen in Milliardenhöhe und dem Chef-Rücktritt folgte der Antrag auf Insolvenz.

Bundesregierung zieht Konsequenzen

Derweil zieht die Bundesregierung nach dem Milliarden-Bilanzskandal erste Konsequenzen. Das Bundesjustiz- und das Bundesfinanzministerium werden den Vertrag mit der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) kündigen. Der privatrechtlich organisierte Verein DPR kontrolliert im Staatsauftrag die Bilanzen. Er habe im Fall von Wirecard nach Ansicht der Ministerien versagt, schrieb die „Bild am Sonntag“.

Wird der Konzern nun verscherbelt?

Laut einem Pressebericht sind französische Bezahldienstleister und andere Parteien an Geschäftsteilen des deutschen Konkurrenten interessiert. Dies entspreche seiner Einschätzung, dass der Konkurrent Worldline samt übernommener Tochter Ingenico potenzielle Profiteure der Wirecard-Malaise seien, schrieb Paul Kratz vom Analysehaus Jefferies. Mögliche Übernahmen von Wirecard-Teilen sieht er aber skeptisch, da beide gut genug aufgestellt seien, um Wirecard-Kunden aus eigener Kraft zu sich zu holen.

Adyen, der niederländische Payment-Konzern und einer der größten Konkurrenten von Wirecard, hat auf jeden Fall kein Interesse an einer Übernahme. Auf eine Nachfrage des Branchenportals Finance Forward hat CEO Pieter van der Does eine klare Absage gegeben: „Wir machen keine Zukäufe.“ Den Kurs, dass das Unternehmen nicht über Fusionen wachsen soll, vertritt er schon seit Jahren und auch die äußergewöhnliche Lage des Konkurrenten scheint nichts daran zu ändern. Adyen dürfte wohl viel mehr ein Kandidat dafür sein, Wirecard-Kunden aus eigener Kraft abzufischen. Die Wirecard-Krise gebe nun laut van der Does erst recht „Anstoß zu weiteren Gesprächen“ mit potenziellen Kunden, heißt es in dem Bericht.

onvista/dpa-AFX

Titelfoto: Anton Garin / Shutterstock.com

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