Wirecard: „Qualitätsmängel“ in der Buchhaltung beheben – Übernahme durch Softbank ausgeschlossen

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Der Zahlungsdienstleister scheint aus den vergangenen Fehlern gelernt zu haben und plant zukünftig gegen weitere Missverständnisse vorzubeugen. Ab sofort will Wirecard  ein stärkeres Augenmerk auf Buchhaltungsprozesse legen. Vorstandvorsitzender Markus Braun sprach am Donnerstag auf der Bilanzpressekonferenz in Aschheim bei München vom „Elefant im Raum“, den das Unternehmen angehen müsse. Als Wachstumsunternehmen habe der Dax-Konzern „Qualitätsmängel“ in der Buchhaltung gehabt und müsse daher „Controllingprozesse nachziehen“. Eine Wachstumspause will der Manager dem Unternehmen dabei aber nicht gönnen – die Neukundenzuwächse im vergangenen Halbjahr dürften auch in diesem Jahr für gute Geschäfte sorgen.

Zahlen sprechen für sich

Wirecard wächst bei allen Problemen dank des Online-Shoppingbooms weiter rasant. Das auf der Wirecard-Plattform abgewickelte Transaktionsvolumen kletterte um gut 37 Prozent auf 124,9 Milliarden Euro, hiervon behält Wirecard Gebühren für die Abwicklung und Absicherung ein. Der Umsatz stieg daher um gut 35,4 Prozent auf gut 2 Milliarden Euro. Vorstandschef Braun betonte, das Wachstum aus eigener Kraft, also ohne Zukäufe und Wechselkursschwankungen, habe mit 27 Prozent einen neuen Höchststand erreicht.

Neue Kunden sollen das Geschäft weiter ankurbeln

Auch für das laufende Jahr seien die Aussichten gut. Im zweiten Halbjahr 2018 habe das Unternehmen neue Kunden gewonnen, die bis zu 32,3 Milliarden Euro an zusätzlichem Transaktionsvolumen bringen könnten. Rund zwei Drittel davon dürften aus Erfahrungswerten auch tatsächlich zu neuem Geschäft werden.

Der Gewinn kletterte ebenfalls deutlich. Unter dem Strich stand 2018 ein Nettoergebnis von 347,4 Millionen Euro und damit knapp 36 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Dividende will das Unternehmen um zwei Cent auf 0,20 Euro je Aktie aufstocken. Gemessen am Aktienkurs ist das aber nach wie vor eine sehr geringe Ausschüttung, Wirecard-Chef Markus Braun betont immer wieder, dass das Unternehmen sein Geld lieber in Wachstum investiert.

Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen wuchs um fast 37 Prozent auf 560,5 Millionen Euro, fiel damit aber etwas geringer aus als in den Eckdaten Ende Januar mitgeteilt. Die Prognose für das laufende Jahr, zwischen 740 und 800 Millionen Euro operativen Gewinn erwirtschaften zu wollen, behielt das Management bei. Darin seien auch Beratungsleistungen rund um die Bilanzprobleme in Singapur enthalten, sagte Braun. Finanzchef Alexander von Knoop sagte, im vergangenen und diesem Jahr belasteten diese mit einem mittleren einstelligen Millionen-Euro-Betrag.

Softbank ein neuer starker Partner

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass der japanische Mischkonzern Softbank zunächst über eine Wandelanleihe mit insgesamt 900 Millionen Euro bei Wirecard einsteigen will, woraufhin der Aktienkurs deutlich angestiegen war. Wirecard will das Vorhaben den Aktionären auf der Hauptversammlung zur Genehmigung vorlegen. Ziel für Wirecard sei es, präferierter Partner von Unternehmen im Softbank-Portfolio für Zahlungsservices und andere Dienste zu werden. Softbank gehört mit seinem Fonds zu den größten Technologieinvestoren weltweit und ist bei namhaften Partnern wie dem Fahrdienstvermittler Uber beteiligt.

Auftakt für eine Übernahme ausgeschlossen

Der geplante Einstieg des japanischen Technologieinvestors Softbank bei Wirecard soll aber nicht den Weg zu einer Übernahme des Zahlungsdienstleisters ebnen. „Das sehe ich nicht so“, sagte Vorstandschef Markus Braun am Donnerstag auf der Bilanzpressekonferenz in Aschheim bei München. Er ist mit sieben Prozent auch größter Wirecard-Aktionär. Softbank habe aber Wert darauf gelegt, in einem ersten Schritt auf mehr als fünf Prozent an Wirecard zu kommen. „Kapital ist Teil dieses strategischen Ansatzes“, sagte Braun. Die Japaner wollen eine über fünf Jahre laufende Wandelanleihe für 900 Millionen Euro zeichnen, die frühestens nach 40 Tagen in 5,6 Prozent der Wirecard-Aktien getauscht werden kann.

Neue Kunden im Visier von Wirecard

„Die 900 Millionen waren nicht unser Interesse, es war das Interesse der Softbank. Unser Interesse war die strategische Partnerschaft“, betonte Braun. Wirecard wolle unter anderem mit Unternehmen aus dem Portfolio von Softbank Lösungen für das digitale Bezahlen entwickeln. Wofür Wirecard das Geld verwenden wolle, werde er auf der Hauptversammlung erklären.

Von Markus Weingran

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Foto: Homepage Wirecard

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