Bitcoin: 40.000 Dollar Marke reißt erneut – Drei Belastungsfaktoren und zwei Szenarien für die nächsten Monate

onvista · Uhr

Nachdem die Kryptowährung Bitcoin zum Wochenschluss deutlich eingebrochen und bis an die Marke von 40.000 Dollar zurückgefallen war, konnte sie die runde Marke über das Wochenende nicht verteidigen und notiert derzeit bei einem Wert von gut 38.000 Dollar deutlich darunter.

Charttechnische Unterstützung hat der Kurs vorerst bei 38.000 Dollar gefunden, dem unteren Rand der langfristigen Unterstützungszone, die sich über das Jahr 2021 ausgebildet hat. Sollte diese Unterstützung reißen, rückt mittelfristig erneut die Gefahr eines Absturzes bis auf die Marke von 30.000 Dollar in den Fokus.

Bitcoin und der restliche Krypto-Markt leiden derzeit unter drei wesentlichen Belastungsfaktoren, von denen zwei mit dem traditionellen Finanzmarkt zusammenhängen.

Die Ukraine-Krise

Die geopolitische Lage an der ukrainisch-russischen Grenze bleibt weiter ein schwerer Belastungsfaktor für die Märkte, auch wenn es zwischenzeitlich immer wieder Signale der Entspannung zwischen beiden Seiten gab. Solange die Situation nicht geklärt ist, wird die Volatilität an den Finanzmärkten anhalten und auch im Krypto-Sektor immer wieder für Abverkäufe sorgen, da Investoren Hochrisiko-Assets abstoßen und die Flucht in sicheren Häfen suchen.

Die Zinswende der Federal Reserve

Anfang des letzten Jahres hat die US-Notenbank begonnen, die Märkte verbal auf eine Zinswende einzustimmen, um die immer weiter außer Kontrolle geratene Inflation zu bekämpfen. Eine erste Zinsanhebung im März gilt mittlerweile als sicher. Seitdem hat Bitcoin gut 40 Prozent eingebüßt, da es als Hochrisiko-Asset genau wie die Wachstumswerte an den Aktienmärkten enorm unter der Erwartung steigender Zinsen leidet. Diesen Faktor sieht man deutlich an der starken Korrelation zwischen Bitcoin und dem US-Tech-Sektor, der sich in den letzten Wochen herauskristallisiert hat.

Am Markt kursiert die Hoffnung, dass der Druck auf Growth- und Risk-On-Titel nachlassen wird, sobald die erste Zinserhöhung ausgeführt wurde. Speziell im Fall des Krypto-Sektors spricht zum einen die Tatsache dafür, das in den letzten Monaten bereits sehr viel Negatives eingepreist wurde und somit der Spielraum für weitere Korrekturen geringer geworden ist. Zum anderen hat der US-Dollar in der Vergangenheit dazu geneigt, mit der ersten Zinserhöhung ein lokales Top zu erreichen, was die Bewertung an den Devisenmärkten betrifft. Ein sich potenziell abschwächender Dollar wäre positiv für Bitcoin.

Die starke Korrelation zwischen Bitcoin und dem Tech-Sektor spricht jedoch gegen diese Hoffnung und skizziert weitere Monate der Schwäche, wie Robbie Liu, Forscher des Krypto-Finanzdienstleisters Babel Finance, eine Theorie gegenüber dem Branchenportal Coindesk geäußert hat: „Nachdem sich der Markt an das Tempo der Zinserhöhung der Fed angepasst hat, werden Wachstumsaktien und Bitcoin ihren Aufwärtstrend wieder aufnehmen, das heißt, wir werden in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 eine starke Performance von beiden sehen. Historisch gesehen waren Wachstumsaktien laut Goldman Sachs der Sektor mit der schlechtesten Performance in den drei Monaten vor und nach der ersten Zinserhöhung.“

Somit würden sowohl Bitcoin als auch Wachstumswerten nach dem Start der Zinswende noch mindestens drei weitere schwache Monate bevorstehen, wenn man historische Daten als Vergleichswert mit einbezieht. „Angesichts der derzeit starken Korrelation zwischen Bitcoin und Wachstumsaktien, insbesondere des synchronisierten Abwärtstrends der beiden Vermögenswerte seit Dezember, glauben wir, dass es für Bitcoin schwierig sein könnte, sich in den drei Monaten nach der ersten Zinserhöhung nach oben zu bewegen“, so die Aussage des Experten.

Angst vor umfangreichen Regulierungsmaßnahmen in den USA

Ein weiterer potenzieller Dorn im Auge, den Krypto-Investoren derzeit spüren, ist die für diese Woche erwartete Exekutivverordnung von US-Präsident Joe Biden zur Regulierung des Sektors. Die Exekutivverordnung soll laut Medienberichten eine breite Palette von Regierungsbehörden anweisen, Kryptowährungen und digitale Zentralbankwährungen (CBDC) auf deren Chancen und Risiken hin zu untersuchen und eine regierungsweite Strategie zur Regulierung von Krypto-Assets zu entwickeln.

Verschiedene Regierungsbehörden werden gebeten, einen Bericht über die Zukunft des Geldes und digitaler Zahlungssysteme zu erstellen, darunter das Finanzministerium, das Außenministerium, das Justizministerium und das Heimatschutzministerium.

Das ist vorerst weder negativ noch positiv, da man nicht weiß, wie scharf eventuelle Regulierungen ausfallen werden oder ob die US-Regierung sich gar pro Kryptowährungen aufstellen wird und dem Sektor in den USA damit wesentlich mehr Klarheit verschaffen wird. Es ist jedoch die Unsicherheit, die die Investoren nervös macht, da dieser Faktor bisher nicht eingepreist werden kann. Die Exekutivverordnung selbst wird auch wenig Erkenntnisse bringen, außer eventuelle Aussagen des Präsidenten. Alles weitere werden erst die Ergebnisse der Exekutive bringen.

Ist dieser bullische Zyklus bereits vorbei?

Pessimistische Kommentare kamen derweil von Du Jun, einem der Mitgründer von Huobi, einer der größten Krypto-Börsen der Welt. Laut dem Krypto-Experten wird Bitcoin möglicherweise erst Ende 2024 oder Anfang 2025 einen neuen Bullenmarkt erleben, wenn man vergangene Preiszyklen als Referenz hernimmt.

Er bezieht sich dabei auf den Vorgang des Bitcoin-Halvings, der alle vier Jahre stattfindet, die Neuerzugung von Bitcoin halbiert und damit großen Einfluss auf das Verhältnis von Angebot und Nachfrage und damit auf den Preis hat. Die letzten Halvings haben jeweils für einen Bullenmarkt in der Vergangenheit gesorgt. Das letzte Halving fand im Mai 2020 statt und war der Ausgangspunkt für die derzeitige bullische Marktphase, die Bitcoin bis auf ein Allzeithoch von 69.000 Dollar getrieben hat. Angesichts des Preisrückgangs von gut 40 Prozent seit dem Allzeithoch im November 2021 scheint Du Jun nicht auszuschließen, dass wir bereits das Ende dieses Bullenmarktes erlebt haben und uns in der frühen Phase eines Bärenmarktes befinden.

„Wenn sich dieser Kreislauf fortsetzt, befinden wir uns jetzt in der frühen Phase eines Bärenmarktes“, sagte Du Jun gegenüber dem Nachrichtendienst CNBC. „Es ist wirklich schwer, genau vorherzusagen, weil es so viele andere Faktoren gibt, die den Markt ebenfalls beeinflussen können – wie etwa geopolitische Probleme, einschließlich Krieg, oder der jüngste Verlauf von Covid, der den Markt ebenfalls beeinflusst“, sagte er. „Nach diesem Zyklus werden wir den nächsten Bullenmarkt für Bitcoin erst Ende 2024 bis Anfang 2025 begrüßen können.“ Das nächste Halving findet im Jahr 2024 statt.

Angesichts der derzeitigen Kursschwäche ist das von Du Jun skizzierte Szenario durchaus denkbar, jedoch sprechen auch einige Aspekte gegen ein Ende des derzeitigen Bullenmarktes. Es hat bisher, anders als in den vorherigen Bullenmärkten, noch keinen parabolischen Schlussspurt gegeben, wie 2013 oder 2017 gesehen. Auch die Preisperformance ist bisher deutlich schwächer ausgefallen, als in den vergangenen Bullen-Zyklen. Zudem lässt sich anhand der vergangenen Preisdaten die These ablesen, dass sich die bullischen Marktphasen mit jedem Halving mehr in die Länge ziehen, sich dafür jedoch in ihrer Performance abschwächen.

Das pessimistische Szenario ist der Beginn eines Bärenmarktes, der mit dem 40 Prozent Kursverfall seit Beginn diesen Jahres eingeleitet wurde. Der Ausblick in solch einem Szenario wäre eine mögliche 12 bis 18 Monate anhaltende Schwächephase, in der Anleger nach dem 200-Wochen-Trend als möglichem Boden Ausschau halten sollten, der sich in den nächsten Monaten etwa bei 20.000 Dollar einpendeln sollte. Dies würde in das vergangene Preismuster passen, dass die vorherigen Bärenmärkte ihren Voden immer beim Top des vorangegangenen Bullenmarktes gefunden haben.

Im optimistischen Szenario geht der Bullenmarkt mit der Überwindung der derzeitigen Schwächephase weiter, eventuell wie von Robbie Liu beschrieben ab dem zweiten Halbjahr des Jahres 2022. In diesem Fall ist ein Kurs von übe 100.000 Dollar weiter das Preisziel. Kurzfristig gilt es, die Unterstützungszone im Bereich zwischen 41.000 und 38.000 Dollar zu verteidigen und dass der Kur sich wieder nachhaltig über die Marke von 40.000 Dollar absetzt.

Von Alexander Mayer

Titelfoto: 99Art / shutterstock.com

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