Markt-Update: Europas Börsen drehen erneut ins Minus, Rohstoffrally nimmt kein Ende – Unilever, Iberdrola und Gea unter Druck, Merck drehen ins Plus

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Die Märkte befinden sich im heutigen Handel einmal mehr unter Druck, da die Unwägbarkeiten des Ukraine-Krieges weiter auf den Nerven der Anleger lasten. Nach Gewinnen zum Auftakt sind die europäischen Börsen wieder deutlich abgesackt. Der EuroStoxx 50 verliert gegen Mittag 0,9 Prozent auf 3789,89 Punkte. Der Dax notiert mehr als 1 Prozent im Minus und ist wieder deutlich unter die Marke von 14.000 Punkten gerutscht. Der französische Cac 40 tendiert mit 0,46 Prozent auf 6468,45 Punkte ebenfalls schwächer, während der britische FTSE 100 um 0,55 Prozent auf 7388,80 Punkte nachgeben muss.

„Während russische Truppen die ukrainische Hauptstadt Kiew weiter unter Beschuss nehmen, sollen gleichzeitig die Verhandlungen beider Parteien über einen Waffenstillstand fortgesetzt werden“, skizziert Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robo Markets die widersprüchliche Situation. „Was ziemlich illusorisch klingt, quittiert die Börse mit einem Abwarten, nachdem es gestern noch eine Erholung auf die von beiden Seiten signalisierte Gesprächsbereitschaft gab.“

US-Notenbank will an Leitzinserhöhung festhalten

Mehr Klarheit gibt es dagegen über den weiteren Kurs der US-Notenbank. US-Notenbankchef Jerome Powell rechnet noch in diesem Monat mit der ersten Erhöhung des Leitzinses seit Beginn der Corona-Pandemie. Angesichts der hohen Inflation und des überaus robusten Arbeitsmarktes erwartet er, dass es bei der nächsten Sitzung des Zentralbankrats in zwei Wochen „angemessen“ sein werde, den Leitzins zu erhöhen. Er erwägt, eine Erhöhung um 0,25 Punkte vorzuschlagen.

Die Börsen reagierten darauf mit Eröffnungsgewinnen. „Spekulationen, wonach die US-Notenbank angesichts der hierdurch verursachten Unsicherheit von der bereits deutlich avisierten Leitzinswende am 16. März zurückschrecken könnte, scheinen nach jetzigem Stand unbegründet“, hieß es dazu von der Landesbank Baden-Württemberg. Das sei aber keine negative Nachricht, denn „ansonsten liefe die Fed Gefahr, bei der Inflationsbekämpfung so sehr ins Hintertreffen zu geraten, dass sie der Wirtschaft später einen regelrechten Zinsschock versetzen müsste, um die Teuerung wieder einzufangen.“ So gesehen seien kontinuierlichen Zinserhöhungen ein „geringeres Übel“.

Rohstoffrally nimmt kein Ende

Die Verluste verteilen sich im heutigen Handel über nahezu alle Sektoren. Lediglich die Rohstoffwerte ragen mit einem kräftigen Plus hervor. „Die Rally der Metallpreise nimmt kein Ende“, merkte Rohstoffanalyst Daniel Briesemann von der Commerzbank dazu an. Besonders Nickel und Aluminium klettern immer weiter. „An beiden Märkten werden schon seit Tagen Angebotsausfälle aus Russland eingepreist, die unseres Erachtens immer wahrscheinlicher werden, da es zunehmend schwieriger wird, diese Rohstoffe aus Russland zu exportieren“ so Briesemann.

Unilever unter Druck

Was die Rohstoffwerte antreibt, belastet andere Sektoren. So gehören die Nahrungsmittelproduzenten zu den Verlierern. Fondsmanager Steve Clayton von der Gesellschaft HL Select begründete die Verluste von Unilever , die um 1,8 Prozent nachgeben, mit den steigenden Preisen für landwirtschaftliche Güter. Hier belasten einerseits Sorgen über Ernteausfälle in Osteuropa und andererseits Befürchtungen geringerer Verbrauchernachfrage.

Iberdrola leidet unter Gas-Abhängigkeit

Schwach tendieren erneut die Versorger. Die Abhängigkeit von russischem Gas und die damit verbundenen Unsicherheiten schlugen sich in teilweise deutlichen Kursverlusten nieder. Das Branchenschwergewicht Iberdrola gibt bis zum Mittag um 3,5 Prozent nach.

Telecom Italia mit Kurseinbruch

Daneben haben neue Zahlen starke Kursausschläge in beide Richtungen bewirkt. Telecom Italia brachen um über 13 Prozent ein, nachdem das Unternehmen für das vierte Quartal einen Nettoverlust berichtet hatte, der höher als die Marktkapitalisierung ausfiel. Auf der anderen Seite waren die Aktien der London Stock Exchange nach besser als erwarteten Quartalszahlen gefragt. Der irische Baustoffkonzern CRH legte ebenfalls starke Zahlen vor. Die Aktie konnte sich nach anfänglichen Gewinnen der Gesamtmarktschwäche jedoch nicht entziehen und verlor 0,9 Prozent.

Gea Group weiten Verluste seit Jahresbeginn aus

Die Aktien der Gea Group sind am Donnerstag nach Quartalszahlen auf den tiefsten Stand seit Juli vergangenen Jahres gefallen. Die Anteile des Anlagenherstellers verloren zuletzt 2,7 Prozent auf 37 Euro. Seit Jahresbeginn haben die Papiere mittlerweile fast ein Viertel an Wert eingebüßt.

Im Handel war von einer vorsichtigen Gewinnprognose die Rede, die den Kurs belaste. Der Mittelwerte der in Aussicht gestellten Prognosespanne für den operativen Gewinn (Ebitda) liege mit 660 Millionen Euro unter der Markterwartung von 680 Millionen. Analyst Daniel Gleim von Stifel nannte die Konsensschätzung „plausibel“. Im Schlussquartal 2021 habe der Umsatz zudem die Marktprognose um vier Prozent unterboten.

ProSiebenSat.1 geraten unter Druck

Nach Kursgewinnen im frühen Handel sind die Aktien von ProSiebenSat.1 unter Druck geraten. Zuletzt fielen sie um 3,7 Prozent auf 11,41 Euro. Sie rutschten auf den niedrigsten Stand seit November 2020. Der Medienkonzern habe zwar einen guten Ausblick gegeben, schrieb Analyst Daniel Kerven von JPMorgan. Anleger sollten jedoch abwarten angesichts möglicher Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine. Der militärische Konflikt drohe die positive Dynamik der Werbeeinnahmen zu bremsen.

Merck KGaA drehen ins Plus und setzen sich an Dax-Spitze

Nach anfänglichen Verlusten haben die Aktien der Merck KGaA am Donnerstagvormittag wieder zugelegt. Zuletzt führten sie mit einem Aufschlag von gut drei Prozent auf knapp 180 Euro den nachgebenden Dax an.

Der Ausblick der Darmstädter auf das laufende Jahr sei zwar nur ein qualitativer, schrieb Daniel Grigat vom Investmenthaus Stifel. Unterstelle man dem Passus „starkes Wachstum“ aber ein Plus von sieben Prozent in diesem Jahr, so wäre das mehr als die aktuelle Konsensprognose. Noch stärker könne das operative Ergebnis (Ebitda) die Markterwartungen überbieten.

onvista/dpa-AFX

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