Roche springt mit Milliarden-Zukauf auf Abnehmmedikamente-Zug auf

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Zürich (Reuters) - Der Roche-Konzern kehrt mit einem milliardenschweren Zukauf ins Geschäft mit Medikamenten gegen Fettleibigkeit zurück. Der Arzneimittel- und Diagnostikriese legt nach Angaben vom Montag für die US-Biotechnologiefirma Carmot Therapeutics 2,7 Milliarden Dollar auf den Tisch.

Weitere bis zu 400 Millionen Dollar können bei Erreichen von Meilensteinen fällig werden. Der Abschluss der Transaktion wird im ersten Quartal 2024 erwartet. Es ist die zweite große Akquisition des neuen Konzernchefs Thomas Schinecker nach der teilweisen Übernahme der Biotech-Firma Roivant im Oktober. Der seit März an der Konzernspitze stehende Manager versucht, die Pipeline nach Rückschlägen mit Alzheimer- und Krebstherapien im vergangenen Jahr wieder aufzufüllen.

Die im Privatbesitz stehende, in der kalifornischen Universitätsstadt Berkeley ansässige Carmot entwickelt Wirkstoffe, die zur Behandlung von Fettleibigkeit und Diabetes eingesetzt werden könnten. Diese GLP-1/GIP-Antagonisten genannten Arzneien wurden ursprünglich entwickelt, um den Blutzucker bei Patienten mit Typ-2-Diabetes zu kontrollieren, unterdrücken aber auch den Appetit und fördern ein Sättigungsgefühl. Die bekanntesten Vertreter sind Wegovy von Novo Nordisk und Mounjaro von Eli Lilly. Um die Novo-Abnehmspritze Wegovy, die schon Prominenten wie Tesla-Chef Elon Musk und Reality-Star Kim Kardashian beim Abnehmen geholfen haben soll, ist ein regelrechter Hype entstanden - auch befeuert durch die sozialen Netzwerke. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation sind weltweit über 650 Millionen Erwachsene fettleibig, mehr als dreimal so viele wie 1975. Etwa 1,3 Milliarden Menschen gelten als übergewichtig, und damit als besonders anfällig für Herzkrankheiten und Diabetes .

MEDIKAMENT NICHT VOR 2023 AUF DEM MARKT

Bis ein Roche-Medikament gegen Fettleibigkeit auf dem Markt kommt, wird indes noch einige Zeit vergehen. "Ich denke, das ein Zeitfenster in den 2030-Jahren sein", sagte Teresa Graham, die Leiterin des Roche-Pharmageschäfts, zur Nachrichtenagentur Reuters. Der am weitesten fortgeschrittene Carmot-Wirkstoffkandidat CT-388 soll demnächst in die zweite Phase der klinischen Entwicklung kommen. Graham setzt darauf, ein wirksameres und besser verträgliches Medikament zu entwickeln als es derzeit am Markt erhältlich ist. "Es besteht die Möglichkeit, dass der Gewichtsverlust schneller stattfindet", erklärte Graham, die seit März die größte Roche-Geschäftssparte leitet. "Und ganz sicher ist die Verträglichkeit eines der größeren Probleme, die wir bei dieser Klasse von Medikamenten sehen."

An der Börse kamen die Akquisition dennoch gut an. Mit einem Kursplus von 2,1 Prozent setzten sich die Roche-Scheine an die Spitze der Schweizer Bluechips und gehörten zu den größten Gewinnern unter den europäischen Gesundheitswerten. Manche Analysten trauen dem Markt für Fettleibigkeitsmedikamente ein Volumen von bis 100 Milliarden Dollar jährlich zu. "Die Märkte sind groß genug für 'me too' Produkte, insbesondere wenn der Preis stimmt", erklärte Marcel Brand, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB).

Roche kehrt mit dem Kauf von Carmot in die Wirkstoffklasse der GLP-1-Arzneien zurück, das das Unternehmen 2018 aufgegeben hatte. Damals hatte die japanische Tochter Chugai die Rechte an einem experimentellen Mittel an Eli Lilly verkauft.

(Bericht von Oliver Hirt, Paul Arnold und Ludwig Burger. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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