Lindner im Haushaltsstreit - "Die Party ist vorbei"

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Berlin (Reuters) - Im Haushaltsstreit der Bundesregierung pochen Finanzminister Christian Lindner und seine FDP auf Zurückhaltung bei den Ausgaben.

"Die Party ist vorbei. Wir zahlen wieder Zinsen", sagte FDP-Chef Lindner am Montag in Berlin vor Steuerberatern. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) äußerte indes Unverständnis, dass Lindner im Streit über den Bundeshaushalt für 2025 einen Kabinettsbeschluss zur Rentenpolitik blockiert. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert mahnte die Koalition, "weniger Punkte-Papiere" zu veröffentlichen. Das FDP-Präsidium beschloss ein Fünf-Punkte-Papier für eine Haushaltswende. Dafür seien auch Reformen bei der Rente mit 63 und beim Bürgergeld erforderlich.

Immer mehr Verschuldung sei kein geeigneter Weg, sagte Lindner beim Deutschen Steuerberaterkongress. In diesem Jahr sind im Bundeshaushalt Zinsausgaben von über 37 Milliarden Euro eingeplant. Die Aufstellung des Haushalts für 2025 müsse für eine Inventur genutzt werden, wo sich der Staat zurückziehe oder treffsicherer werden müsse. Zweifelsfrei brauche es für die Landesverteidigung mehr Ressourcen. Allerdings müsse staatliches Handeln regelmäßig auf den Prüfstand, ebenso die Ausgaben des Staates. Als Beispiele nannte Lindner Subventionen im Energie-Bereich, Teile der Entwicklungshilfe und neue Sozialausgaben.

In der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP wird seit Wochen über die Aufstellung des Bundeshaushalts für 2025 gestritten. Mehrere Ministerien wie Auswärtiges Amt, Arbeitsministerium und Entwicklungshilfeministerium überschreiten mit ihren Ausgabenplänen die von Lindner vorgegebenen Obergrenzen. In der vorigen Woche hatte Lindner daher einen Kabinettsbeschluss zum zweiten Rentenpaket blockiert. Kanzler Olaf Scholz (SPD), Habeck und Lindner hatten daraufhin vereinbart, dass das Paket auf jeden Fall im Mai das Kabinett passieren werde. Am kommenden Mittwoch steht es nach Angaben aus der Regierung wohl noch nicht auf der Tagesordnung.

HABECK: RENTENPAKET IST ABSCHLUSSREIF

Habeck brachte bei einer Grünen-Veranstaltung Unverständnis für den Streit beim Rentenpaket zum Ausdruck. "Kurz gesagt verstehen wir den Streit (...) nicht wirklich", sagte Habeck. "Denn es gibt ja eine Einigung." Das könne man jetzt abschließen. Zudem gebe es eine Debatte, den Renteneintritt zu dynamisieren durch weitere Anreize für mehr Arbeiten auch im Alter. "Wir werben dafür, dass man das, was man an Ideen hat, hinter den Kulissen berät", fügte Habeck hinzu.

Das FDP-Präsidium unterstrich mit einem Beschluss, dass sie ein Umsteuern in der Haushaltspolitik des Bundes für nötig hält. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte: "Wir wissen, in welchem Rentensystem wir uns befinden, und wir wissen, welche Herausforderungen innerhalb dieses Systems auf uns zukommen." Dabei werde aber nicht über Rentenkürzungen diskutiert. Es werde selbstverständlich eines Tages ein drittes Rentenpaket geben.

In dem Fünf-Punkte-Papier kritisiert die FDP, dass die Rente für besonders langjährig Versicherte mit 45 Versicherungsjahren Fehlanreize setze. In einem Zwölf-Punkte-Papier für eine Wirtschaftswende hatte das Präsidium am 22. April noch die Abschaffung der Rente mit 63 gefordert.

"Wenn man ganz viele Wunschpunkte in Papiere schreibt, dann wird man irgendwann zum Sams, aber man macht keine Politik", sagte Kühnert im ZDF unter Verweis auf eine Kinderbuchfigur.

(Bericht von Holger Hansen, Christian Krämer, Alexander Ratz, Andreas Rinke.; Redigiert von Hans BusemannBei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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