Weltraum-Sektor: Die junge Branche um Virgin Galactic, Rocket Labs, Mynaric und Co. leidet besonders unter dem derzeitigen Marktumfeld – langfristige Einstiegschance?

onvista · Uhr

Das Thema rund um die Raumfahrt-Industrie kursiert nun schon seit längerer Zeit an den Finanzmärkten, da es immer mehr Investmentvehikel gibt, in die Anleger nun einsteigen können. Während mit SpaceX von Tesla-Gründer Elon Musk und Jeff Bezos BlueOrigin zwei der prestigeträchtigsten Raumfahrtunternehmen zwar noch nicht den Schritt an die Börse gewagt haben, hat Richard Branson, der Gründer der Virgin-Unternehmensgruppe mit seinem Unternehmen Virgin Galactic im letzten Jahr für einiges Aufsehen gesorgt, nachdem er Bezos mit einem PR-Stunt die Show gestohlen hat und mit seinem eigenen Unternehmen kurz vor BlueOrigin einen erfolgreichen Flug ins All absolviert hat.

Nach der allgemeinen SPAC-Manie, die im letzten Jahr auch die Newcomer aus dem Raumfahrt-Sektor beflügelt hat, sorgen nun die Zinsängste auch hier für eine Kapitalflucht der Anleger. Besonders diese junge Industrie, die noch in einem sehr frühen Stadium steckt und Unmengen an Finanzierungen braucht, da die meisten dieser Unternehmen noch auf Jahre keinen Profit erwirtschaften werden, leidet unter den erwarteten Zinserhöhungen, da die Kapitalaufnahme wieder teurer werden wird.

Sehr langfristig gedacht steckt in diesem Sektor jedoch enormes Potenzial, da der Weltraum in Zukunft aus vielen Gründen eine wichtige Rolle für die Menschheit spielen dürfte. Der eher auf den Tourismus fokussierte Ansatz, den Branson mit Virgin Galactic verfolgt, stellt hier nur die Spitze des Eisbergs dar. Langfristig geht es um Orbitalreisen, die die Flugzeit von Langstrecken massiv verringern könnten, Ressourcenabbau im Sonnensystem, speziell Seltene Erden, die im umliegenden Asteroidengürtel vermutet werden und Expeditionen zum Mars und menschliche Siedlungen auf dem roten Planeten.

Virgin Galactic

Das Unternehmen konzentriert sich auf die Entwicklung, Herstellung und den Betrieb von Raumschiffen und verwandten Technologien zum Zwecke der Durchführung der kommerziellen bemannten Raumfahrt und des Fliegens kommerzieller Forschungs- und Entwicklungsnutzlasten in den Weltraum.

Nach der SPAC-Fusion Ende 2019 ist die Aktie in eine Phase der Volatilität übergegangen und konnte sich zwischenzeitlich verfünffachen. Bereits seit Sommer 2021 ist die Euphorie jedoch wieder vollends verfolgen und die Aktie hat bis zurück auf ihren Preis zu Börsenstart nach der Fusion korrigiert.

BlackSky Technology Inc

BlackSky ist ein führender Anbieter von Geoinformationen in Echtzeit. BlackSky überwacht Aktivitäten und Einrichtungen weltweit, indem es sich die neu entstehenden Sensornetzwerke der Welt zunutze macht und seine eigene Satellitenkonstellation wirksam einsetzt. Das Unternehmen hat derzeit 12 Satelliten im Einsatz. Das Unternehmen arbeitet zudem an einer Kooperation mit Palantir, einer bekannten US-Datenanalysefirma.

Im vergangenen September ging BlackSky durch eine Fusion mit einer SPAC an die Börse. Der Deal bewertete den Satellitenbetreiber mit 1,5 Milliarden US-Dollar und stellte 283 Millionen US-Dollar für Investitionen zur Verfügung. Seit dem Börsengang konnte die Aktie sich jedoch nicht gut entwickeln und hat sich im Zuge der aufgekommenen Zinssorgen mehr als halbiert.

Astra Space Inc

Astra Space Inc ist ein Technologieunternehmen, das Weltraumdienste anbietet, darunter Satellitenstartdienste und andere Weltraumdienste, basierend auf einer proprietären, vertikal integrierten Technologieplattform.

Die noch nicht lange gelistete Aktie kam zuletzt unter Druck, da der Hedgefonds Kerrisdale Capital eine Short-Position bekannt gegeben und das Unternehmen kritisiert hatte – es sei „in einem überfüllten Markt für kleine Trägerraketen schlecht positioniert“.

„Astras Investoren-Pitch läuft darauf hinaus, den Wunschtraum einer beispiellosen Anzahl billiger Raketenstarts zu verkaufen“, schreibt Kerrisdale, aber „ein Realitätscheck ist angebracht: Bis heute hat Astra nur einen erfolgreichen Orbital-Testflug durchgeführt. Wenn Astras Fünf-Jahres-Prognose von fast täglichen erfolgreichen Starts von Raketen, die mit Teilen hergestellt wurden, die nicht für die Luft- und Raumfahrt geeignet sind, nicht unwahrscheinlich genug klingt … kein einziger Experte, den wir interviewt haben, noch eine unabhängige Marktstudie, die wir überprüft haben, bot irgendeinen Grund zu glauben, dass branchenweit eine ausreichende Marktnachfrage für Astra bestehen wird, um bis 2035, geschweige denn 2025, ungefähr tägliche Starts aufrechtzuerhalten.“

Spire Global Inc

Spire Global, Inc. bietet weltraumgestützte Daten, Analysen und Weltraumdienste. Das Unternehmen bietet Zugang zu Datensätzen und Erkenntnissen über Erde, Ozeane und Atmosphäre aus der Perspektive, die es Organisationen ermöglicht, datengesteuerte Entscheidungen im gesamten Unternehmen mit benutzerfreundlichen APIs zu treffen. Spire Global bedient Kunden weltweit. Das Unternehmen sammelt Daten in Bezug auf Luftfahrt-, Wetter-, See- und Erdinformationen und gibt sie an kommerzielle und staatliche Organisationen weiter.

Auch diese Aktie hat sich aufgrund der Marktlage vom ursprünglichen SPAC-Fusions-Preis halbiert.

AST SpaceMobile Inc

AST SpaceMobile Inc ist ein Satellitendesigner und -hersteller. Das Unternehmen baut sein globales zellulares Breitbandnetz im Weltraum auf, um es direkt mit standardmäßigen, nicht modifizierten mobilen Geräten auf der Grundlage eines umfangreichen IP- und Patentportfolios zu betreiben. Sein SpaceMobile-Dienst bietet mobile Breitbanddienste für Benutzer, die an Land, auf See oder im Flugzeug in Gebiete ohne terrestrische mobile Dienste ein- und ausreisen.

Rocket Lab USA Inc

Rocket Lab USA, Inc. stellt Lenkflugkörper und Raumfahrzeuge her. Das Unternehmen entwickelt und startet fortschrittliche Raketentechnologie, um kleinen Satelliten einen schnellen und wiederholbaren Zugang zum Orbit zu ermöglichen. Rocket Lab USA bedient Kunden in den Vereinigten Staaten, Kanada und Neuseeland. Rocket Lab stellt auch eine Satelliten-Konstellation für BlackSky auf.

Im September legte das Unternehmen zum ersten Mal die Quartalsergebnisse als börsennotiertes Unternehmen vor, nachdem es den Schritt im August mittels einer SPAC-Fusion vollzogen hatte. Der Umsatz betrug 29,5 Millionen Dollar in der ersten Jahreshälfte 2021. Weiter meldete das Unternehmen einen Auftragsbestand von mehr als 141 Millionen Dollar. „In der ersten Hälfte des Jahres 2021 haben wir unsere Erfolgsbilanz bei der konsequenten Umsetzung von Start- und Raumfahrtsystemen fortgesetzt“, so der CEO Peter Beck via Pressemitteilung.

Seit der anfänglichen Euphorie musste jedoch auch die Aktie von Rocket Lab eine deutliche Korrektur verkraften und notiert nun wieder in der Nähe des SPAC-Ausgangspreises.

Mynaric AG

Die Unternehmensbeschreibung laut der Website von Mynaric: Die Mynaric AG hat ihren Sitz in Gilching, Bayern, Deutschland und ist Teil der Computer Systems Design and Related Services Industry. Die Mynaric AG beschäftigt an allen Standorten insgesamt 82 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Umsatz von 751.237 USD (USD). Zur Firmenfamilie der Mynaric AG gehören 3 Unternehmen.

Das an der Nasdaq und in Frankfurt notierte Mynaric ist führend in der industriellen Revolution der Laserkommunikation, indem es optische Kommunikationsterminals für Luft-, Weltraum- und mobile Anwendungen herstellt. Laserkommunikationsnetzwerke bieten Konnektivität aus der Luft und ermöglichen ultrahohe Datenraten und sichere Datenübertragung über große Entfernungen zwischen sich bewegenden Objekten für drahtlose terrestrische, mobile, luft- und weltraumgestützte Anwendungen. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in München, Deutschland, und weitere Standorte in Los Angeles, Kalifornien, und Washington, D.C.

Mynaric hatte zuletzt mit einem Zweitlisting an der Nasdaq, bei dem einige namhafte Investoren wie Peter Thiel und Cathie Wood mit an Bord gekommen sein sollen, sowie neuen vielversprechenden Aufträgen für positive Schlagzeilen gesorgt. Dennoch konnte auch die Mynaric Aktie der sich drehenden Marktstimmung nicht standhalten und befindet sich bereits seit Sommer 2021 in einem laufenden Abwärtstrend bei dem alle Zuwächse der letzten Jahre vorerst wieder zunichte gemacht wurden.

Momentus Inc

Momentus Space Inc ist ein Raumfahrtunternehmen. Das Unternehmen bietet Infrastrukturdienste an, die erforderlich sind, damit Unternehmen und Menschen im Weltraum gedeihen können. Momentus Space arbeitet für Satellitenbetreibern, Herstellern, Startanbietern, Verteidigungsunternehmen und Regierungsbehörden.

Das Unternehmen hatte zuletzt eine Kaufempfehlung von der Deutschen Bank erhalten. Mit einem Kursziel von 10 Dollar gibt die Bank dem Unternehmen Spielraum bis zurück zum ursprünglichen SPAC-Preis, von dem auch diese Aktie durch das negative Marktumfeld mittlerweile weit entfernt ist.

Die Analysten loben derweil die „einzigartige“ Antriebstechnologie, die das Unternehmen aus ihrer Sicht langfristig vielversprechend machen. Mit dem Ziel, Satelliten schneller als typische elektrische Triebwerke zu befördern, ist Momentus „effizienter … angetrieben durch die Verwendung von Wasserplasmaantrieb. Wasser kann auch bei niedrigem Druck und über die Temperaturbereiche, in denen Raumfahrzeugausrüstung normalerweise arbeitet, effizient gespeichert werden. Dies vermeidet den Einsatz von Hochdrucktanks, die eine Explosionsgefahr darstellen“, so die Einschätzung der Analysten.

Da Wasser jenseits der Erde zugänglich ist, bietet dies der Technologie das Potenzial, in Zukunft in tieferen Weltraummissionen eingesetzt zu werden. Während Momentus in Bezug auf die Einnahmen noch keine eindeutigen Statements gegeben hat, schätzt die Deutsche den Umsatz bis 2025 auf etwa 228 Millionen US-Dollar.

Kurzfristig bleibt der Gegenwind enorm

Alle diese Raumfahrt-Startups benötigen eine Menge Kapital, da eine Profitabilität bei den meisten noch über Jahre Fehlanzeige sein dürfte. Ein Investment in diesen Sektor bleibt hoch spekulativ, ebenso für Privatinvestoren wie Venture Capital Geber – und ob diese im derzeitigen Marktumfeld bereitwillig ihre Taschen öffnen, bleibt fraglich. Es dürften sich nur die wenigsten Raumfahrtunternehmen langfristig durchsetzen, doch einige werden es, denn ganz langfristig bietet diese Industrie gigantisches Wachstumspotenzial.

Wer also in der allerersten Stunde bereits einsteigen will, der kann die nächsten unsicheren und schweren Monate, die den Finanzmärkten und speziell Wachstumswerten wie dem Raumfahrt-Sektor sehr wahrscheinlich bevorstehen werden, nutzen. Jedoch sollte die Erwartungshaltung eher auf Jahrzehnte als auf Jahre ausgerichtet sein und aufgrund der hohen Unsicherheit bietet sich eine relativ große Streuung des Kapitals an, da zu diesem Zeitpunkt das Rennen vollkommen offen ist. Auch sollte man ein Auge auf mögliche Börsengänge der Prestigewerte SpaceX und BlueOrigin werfen.

Von Alexander Mayer

Titelfoto: Oleg_Yakovlev / Shutterstock.com

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