Kolumne von Andreas Lipkow

Nach dem Absturz: Der chinesische Aktienmarkt bietet langfristig Chancen

onvista · Uhr

Der chinesische Aktienmarkt ist sehr schlecht gelaufen, zuletzt musste gar die Regierung mal wieder mit Eingriffen nachhelfen. Langfristig bietet das Reich der Mitte Anlegern aber auch wieder Chancen.

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China ist nicht nur ein riesiges und vielfältiges Land mit einer weitreichenden und komplexen Geschichte. Es ist mit über 1,4 Milliarden Menschen auch das bevölkerungsreichste Land der Welt. Hinter den USA stellt es die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt dar und ist auf den Weg, die Pole Position in den kommenden fünf bis zehn Jahren einnehmen zu können. 

China ist ein sich schnell entwickelndes Land mit einer wachsenden Mittelschicht. Die chinesische Regierung investiert stark in die Infrastruktur, das Bildungs- und das Gesundheitswesen. Dies hat dazu beigetragen, dass Millionen von Menschen aus der Armut befreit und eine wachsende wohlhabendere Gesellschaft erschaffen wurde.

China steht jedoch auch zugleich vor einer Reihe von Herausforderungen. Die Umwelt wird durch Verschmutzung und den Klimawandel belastet. Die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößerte sich zunehmend und in einigen Teilen der Bevölkerung wächst die Unzufriedenheit mit der Politik der Regierung. Die zuletzt publizierten Nachrichten aus dem stark angeschlagenen Immobiliensektor und die angeordnete Abwicklung des weltweit größten Immobilienkonzerns China Evergrande haben dies sehr gut zur Schau gestellt. 

Chinesische Wirtschaft 2024: Hoffnungen und Herausforderungen

Die chinesische Wirtschaft befindet sich im aktuell noch jungen Jahr 2024 in einer Phase der Transformation. Die Regierung unter Präsident Xi Jinping setzt weiter auf eine nachhaltigere und wettbewerbsfähigere Wirtschaft. Dies führt zu Veränderungen in verschiedenen Bereichen, darunter den Immobilien- und Finanzmärkten.

Der chinesische Immobilienmarkt ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Dies war vor allem auf die niedrigen Zinsen und die hohe Nachfrage nach Wohnraum zurückzuführen. Zusätzlich beflügelte der chinesische Staat den Wohnungsbausektor mit Subventionen und Wohnungsbauprogrammen.

Im Jahr 2022 kam es jedoch zu einer merklichen Abkühlung des Immobilienmarktes. Dies lag unter anderem an den steigenden Zinsen und den regulatorischen Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung von Spekulationsblasen durch extreme Immobilienpreissteigerungen in einigen Regionen und Ballungszentren.

Die Regierung unter Xi Jinping hat sich nun zum Ziel gesetzt, den Immobilienmarkt zu stabilisieren und die Spekulationsblase zu entschärfen. Im Jahr 2022 wurde daher eine Reihe von Maßnahmen ergriffen. So wurden die Eigenkapitalquote für Immobilienkäufer erhöht, stärkere Restriktionen bei der Kreditvergabe durch Banken erlassen und eine Verschärfung der Regulatorik für Immobilienunternehmen vorgenommen. Der riesige Schattenbanksektor in China sollte trockengelegt werden. 

Diese Maßnahmen haben zu einer weiteren Abkühlung des Immobilienmarktes geführt. Im Jahr 2023 ist der Hauspreisindex in den sieben größten Städten Chinas im Vergleich zum Vorjahr um etwa zehn Prozent gesunken.

Für das Jahr 2024 ist es wahrscheinlich, dass sich der Immobilienmarkt weiter abkühlen wird. Die Regierung wird sich wahrscheinlich weiterhin auf die Stabilisierung des Immobiliensektors konzentrieren müssen, um die wichtige Binnenmarktstütze in China nicht weiter zu gefährden. Dies könnte zu weiteren Einschränkungen bei der Kreditvergabe und zu höheren Eigenkapitalquoten für Immobilienkäufer führen.

Der chinesische Finanzmarkt ist in den letzten Jahren ebenfalls stark gewachsen. Dies war vor allem auf die zunehmende Globalisierung der chinesischen Wirtschaft zurückzuführen. Im Jahr 2022 kam es jedoch zu einer Abkühlung des Finanzmarktes. Dies lag unter anderem an der globalen Rezession und den regulatorischen Maßnahmen der Regierung.

Die Regierung unter Xi Jinping hat sich zum Ziel gesetzt, den Finanzmarkt zu regulieren und zu stabilisieren. Im Jahr 2022 wurde daher eine Reihe von Maßnahmen vorgenommen, die insbesondere eine Verschärfung der Regulatorik im Banken- und Finanzsektor vorsah. Außerdem sollte sie die Rolle der chinesischen Zentralbank, der People's Bank of China (PBOC), stärken.

Diese Maßnahmen haben zu einer weiteren Abkühlung des Finanzmarktes geführt. Im Jahr 2023 ist der Aktienindex CSI 300 im Vergleich zum Vorjahr um etwa 15 Prozent gesunken.

Für das Jahr 2024 ist es wahrscheinlich, dass sich der Finanzmarkt vorerst weiter abkühlen wird. Die Regierung wird sich weiterhin auf die Regulierung des Marktes konzentrieren. Dies könnte zu weiteren Einschränkungen bei der Kreditvergabe und zu höheren Eigenkapitalquoten für Finanzinstitute führen.

Dadurch wird sich die Konjunktur in China nur sehr langsam und allmählig in der zweiten Jahreshälfte 2024 erholen können. 

Wo Schatten ist, ist auch Licht

Trotz der Herausforderungen bietet die chinesische Wirtschaft auch Chancen für Investoren. Zu den interessanten Branchen gehören unter anderem Unternehmen aus der Technologie, nachhaltiger Energieerzeugung und dem Gesundheitswesen. 

Die chinesische Technologiebranche ist weltweit führend in Bereichen wie künstlicher Intelligenz (KI), Robotik und E-Commerce. Die Regierung unterstützt die Entwicklung der Technologiebranche und investiert in Forschung und Entwicklung. Gut zu sehen ist dies im Automobilsektor, wo Unternehmen wie BYD den technologischen Vorsprung des US-Unternehmens Tesla bereits aufgeholt haben. 

Die chinesische Wirtschaft stellt sich zunehmend auf erneuerbare Energien um. Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2060 klimaneutral zu werden. Dies bietet Chancen für Unternehmen in der chinesischen Solar-, Wind- und Wasserkraftindustrie.

Der chinesische Gesundheitssektor ist interessant, da die chinesische Bevölkerung immer älter wird. Dies bietet Chancen für Unternehmen im Gesundheitswesen, wie zum Beispiel Krankenhausbetreiber, Pharmaunternehmen und Healtcare Unternehmen.

Es gibt jedoch auch Branchen, um die Investoren vorerst einen Bogen machen sollten. Zu den problembehafteten Branchen gehören in 2024 weiterhin die Immobilienunternehmen, Banken und Finanzdienstleister und der Konsumgüterbereich, da die Immobilienkrise negativ auf den Konsum in China eingewirkt hat.

Wer konservativer an eine Anlage in China herangehen will, greift auf ETFs mit dem Schwerpunkt große chinesische Unternehmen zurück. Zusätzlich kann der Fokus auf große chinesische Technologieunternehmen lohnenswert sein. Anleger sollten jedoch einen längerfristigen Anlagehorizont mitbringen, da die beschriebenen Probleme nicht in den kommenden zwölf Handelsmonaten gelöst werden können. Zudem stellt der US-Wahlausgang im November 2024 ein zusätzliches Damoklesschwert für die Außenhandelsbeziehungen der USA mit China dar. Langfristig kann die Sonne in China wieder aufgehen, kurzfristig wird der Himmel wohl vorerst tendenziell bedeckt bleiben.  

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