OECD - Deutschland Wachstumsschlusslicht der großen Industriestaaten

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Berlin (Reuters) - Die deutsche Wirtschaft findet der OECD zufolge auch in diesem Jahr keinen Anschluss an den Aufschwung in anderen Industriestaaten.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) senkte am Donnerstag ihre Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes auf 0,2 Prozent, nachdem im Februar noch 0,3 und im November 0,6 Prozent erwartet worden waren. Für keine andere große Industrienation wird eine so schwache Konjunktur vorausgesagt. Erst 2025 soll es mit 1,1 Prozent wieder zu einem kräftigeren Wachstum reichen. Zum Vergleich: Für die Weltwirtschaft hob die in Paris ansässige OECD ihre Prognose für das laufende Jahr von 2,9 auf 3,1 Prozent an, für die Euro-Zone von 0,6 auf 0,7 Prozent.

"Dies liegt daran, dass die Produktion in der energieintensiven Industrie, welche ein größeres Gewicht in der deutschen Wirtschaft hat als in anderen Ländern der Euro-Zone, noch immer beeinträchtigt ist", erklärte OECD-Deutschlandexperte Robert Grundke die schwachen Aussichten. Als weiteren Grund für das schwache Abschneiden nennt der Industriestaatenklub die restriktive Fiskalpolitik. "Die Wiedereinsetzung der Schuldenbremse und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, welches die Nutzung von Sondervermögen zur Finanzierung von Ausgaben stark eingeschränkt hat, führen zu einer starken Reduzierung der öffentlichen Ausgaben 2024", sagte Grundke. Zudem bleibe die Unsicherheit für die Unternehmen und Haushalte hinsichtlich der Finanzierung von geplanten Subventionen und Infrastrukturprojekten hoch. "Dies dämpft die Investitionstätigkeit der Unternehmen und hält den Konsum der Haushalte trotz gestiegener Reallöhne zurück."

REFORMDISKUSSION

Unsicherheit sei grundsätzlich nicht gut für Investitionsentscheidungen, räumte die Chefökonomin Wirtschaftspolitik im Bundeswirtschaftsministerium, Elga Bartsch, auf einem Online-Panel der OECD in Berlin ein. Es gehe dabei aber nicht nur um Finanzmittel, sondern auch um Planbarkeit mit Blick auf Regularien und Klimaszenarien. Der Diskussion um eine Reform der Schuldenbremse werde aus ihrer Sicht zu viel Raum eingeräumt. Denn wegen der Koalitionsvereinbarung sei klar, das sie für diese Legislaturperiode einzuhalten sei. Bartsch verwies zugleich auf den Vorschlag von Wirtschaftsminister Robert Habeck, ein Transformationssondervermögen zu schaffen. Dies böte aus ihrer Sicht "viel mehr Sicherheit" für Unternehmen, die jetzt in neue Technologien investieren oder sich für neue Produktzyklen aufstellen müssten.

Die Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib, verwies darauf, dass Deutschland im internationalen Vergleich eine relativ hohe Unternehmensbesteuerung von Investitionserträgen aufweise. Auch andere Währungsräume arbeiteten an ihrer Wettbewerbsfähigkeit: Also gebe es einen "hohen Handlungsdruck", auch wenn die hiesige Wirtschaft Stärken aufweise - wie etwa im Logistikbereich.

(Bericht von Rene Wagner, Reinhard Becker, redigiert von Kerstin Dörr - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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