Drei Fragen an Bernecker: Wird der Handelsstreit wieder zum Schrecken für die Finanzmärkte, eine Einschätzung zu Disney und sind die Prämien-Forderungen für den Autosektor sinnvoll?

onvista · Uhr

In unserer heutigen Ausgabe fragen wir, ob der Handelsstreit wieder ein wichtiges Thema für die Aktienmärkte werden wird, wie derzeit der Stand bei Disney nach den Zahlen ist und ob die Forderungen für den Autosektor Sinn machen.

onvista-Redaktion: Der Handelskrieg zwischen den USA und China war im gesamten letzten Jahr das Thema Nummer 1 an den Finanzmärkten – die Corona-Pandemie hatte es jedoch zwischenzeitlich aus den Köpfen der Anleger gewischt. Jetzt sorgen wachsende Spannungen jedoch wieder für Sorge, Trump ist aufgrund der schlechten Aussichten für die US-Wirtschaft in die Ecke gedrängt und sucht einen Sündenbock. Wird der Konflikt nun auch angesichts der nahenden US-Wahlen wieder eskalieren, da Trump ein Ziel zur Ablenkung braucht?

Die geopolitischen Konflikte zwischen den zwei größten Ländern/Staaten der Welt werden uns Jahrzehnte beschäftigen. Es geht ebenso um militärische wie wirtschaftliche und gesundheitspolitische Ziele und Verhaltensformen, die zu zeitweiligen Zuspitzungen neigen, aber grundsätzlich langfristig wirken. Die Europäer können nur zuschauen. In 6 Monaten wählt Amerika einen neuen Präsidenten. Ob Donald Trump es zum zweiten Mal schafft, ist offen. Er wird jedoch alles daran setzen, aus der überraschenden Coronakrise irgendwie einen Erfolg zu konstruieren. Das gehört nun mal zur Politik. Das Ganze ist aufregend als Zuschauer, aber weniger signifikant für die ökonomischen Folgen. Es genügt ein Rückblick auf die letzten vier Jahre hinsichtlich der angedrohten Maßnahmen oder Schritte und den tatsächlichen Wirkungen.

onvista-Redaktion: Disney war lange eine attraktive Aktie, doch jetzt hat der Konzern dank der Pandemie Gewinneinbußen von 90 Prozent verzeichnen müssen, obwohl der Streaming-Feldzug mit Disney+ sehr erfolgreich läuft. Reicht das am Ende doch nicht?

Disney ist der größte Unterhaltungskonzern der Welt und voll getroffen von der Coronakrise mit den umfangreichen Freizeitparks und einer Flotte eigener Kreuzfahrtschiffe, die allesamt stillstehen. Das Ergebnis war mithin zu erwarten: Totaler Einbruch von Umsatz und Gewinn und anschließend geht es so wie bei allen: Das Hochfahren ist nicht in wenigen Wochen möglich, sondern in vielen Monaten. An der Qualität von Disney als Investment ändert dies nichts. 30 % Kursverlust seit Jahresbeginn rechtfertigen ein neues Investment.

onvista-Redaktion: Kaufprämien sowohl für Elektrowagen, als auch für Verbrenner, um der Autobranche so schnell wie möglich wieder Leben einzuhauchen – Was halten Sie von der Forderung? Sinnvoll oder unnütz?

Der deutsche Automobilbau benötigt einen Anschub. Das lässt sich voraussichtlich nicht vermeiden. Nach fast vier Jahren Diskriminierung aller Autobauer, ausgehend vom Dieselskandal über vielfältige andere Eingriffe wie den CO2-Vorschriften aus Brüssel etc., steht die Autoindustrie mit 800.000 Direktbeschäftigten, aber weiteren 1,2 Mio. Peripheriejobs im Mittelpunkt der konjunkturellen Beurteilung. Wie eine Autoprämie aussehen muss, ist in der Tat umstritten. Sinnvoll wären zweifellos die Berücksichtigung der modernen Technik (E-Mobility oder Brennstoffzelle) und ferner die Bevorzugung der Käufer von kleinen Autos. Dagegen steht der typische Gleichheitsgrundsatz der Politiker, der diesen Kriterien ungern folgt. Dazu gehört auch die Frage, ob Kaufprämie oder Abwrackprämie. Letztere wäre ebenfalls sinnvoll, um damit den Klimawünschen zu genügen. Ergebnis: Um einen Anstoß für die Autoindustrie wird man nicht herumkommen. Ein Rückblick auf 2009 ergibt ein zweifelhaftes Bild. Damals profitierten zu rd. 35 % die ausländischen Anbieter von der deutschen Kaufprämie. Der Rest verteilte sich auf die bekannten Marken. Der Anstoßeffekt war gleichwohl bescheiden.

Vielen Dank für Ihre Antworten!

Foto: Bernecker

www.bernecker.info

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