Marktausblick Woche 28: Corona ist ungerecht

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Das Update zur Woche mit Dr. Martin Lück






BlackRock Marktausblick 07. Juli 2020


In den ersten Tagen der Corona-Pandemie war gelegentlich zu lesen, dass die mit dem Virus verbundene Krankheit Covid-19 eine gleichmachende Wirkung habe, da sie das Leben wohlhabender Menschen ebenso bedrohe wie das der einkommensschwächeren Bevölkerung. Aber abgesehen davon, dass diese Einschätzung schon damals falsch war (Wohlhabenden stand und steht per saldo, zumindest weltweit betrachtet, bessere medizinische Versorgung zur Verfügung), verdeckt sie die Tatsache, dass Corona im Gegenteil bestehende Ungerechtigkeiten eher verstärkt, und zwar auf verschiedenen Ebenen.

Erstens, auf der Ebene einzelner Haushalte wirken die Einschränkungen des Lockdown unterschiedlich auf die Stabilität der Familien. Gründe sind beengtere Wohnverhältnisse, häufigere Jobverluste und oft größere Bildungsferne, die besonders in einkommensschwächeren Schichten anzutreffen sind. In der Welt des Homeschooling könnte dies sogar die Ungleichheit in der nächsten Generation verstärken. Zweitens: Ungleich wirkt die Corona-Krise auch auf verschiedene Sektoren der Volkswirtschaft. So haben neben der Gesundheitsbranche im Lockdown auch Technologieunternehmen profitiert, die den Menschen in elektronischer Form das geliefert haben, worauf sie im realen Leben verzichten mussten, nämlich E-Commerce, E-Entertainment und virtuelle Technologie für das Arbeiten im Home Office. Andere Branchen dagegen, etwa Eventveranstalter, die Kultur- und Unterhaltungsbranche, der Sport und viele mehr profitieren noch nicht einmal von der inzwischen erfolgten Teilöffnung des Wirtschaftsgeschehens, weil sie von der physischen Präsenz vieler Menschen am gleichen Ort abhängig sind, die es noch lange nicht wird geben können. Drittens: Corona erhöht den wirtschaftlichen Abstand zwischen den besser und den schlechter aufgestellten Ländern Europas. Dabei sind es bezeichnenderweise die während der Eurokrise am stärksten gerupften Länder der südlichen Peripherie, welche auch in der Coronakrise die höchste Opferzahlen zu beklagen haben (Italien verzeichnet bis heute 577 Verstorbene pro Million Einwohner, Spanien sogar 607, verglichen mit nur 108 in Deutschland). Darüber haben die südeuropäischen Länder, teils als Folge der Eurokrise, weniger fiskalischen Spielraum, um ihre Volkswirtschaften in Krisenzeiten zu stützen. Viertens schließlich zeigt sich immer mehr, dass Schwellenländer dem Virus weniger entgegenzusetzen haben als Industrieländer, teils aus ökonomischen Gründen, teils aus Mangel an politischer Führung. Unter den zehn Ländern weltweit mit den höchsten bestätigten Covid-Fallzahlen befinden sich bereits sechs Schwellenländer (Brasilien, Indien, Russland, Peru, Chile, Mexiko), obwohl dort teilweise wenig getestet wird und die Fallsterblichkeit an der einen oder anderer Stelle (relativ sicher in Russland) wohl geschönt wird. Tendenz steigend. Und unter den Industrieländern befinden sich mit den USA und Großbritannien zwei Beispiele erbärmlicher politischer Führung.

Was sich also bereits jetzt für die zweite Jahreshälfte abzeichnet, ist ein Auseinanderdriften einzelner Regionen und Ländergruppen. Ärmere Länder und deren Bevölkerung haben ein erheblich größeres Risiko, an Covid-19 zu sterben als Menschen in wohlhabenderen und politisch besser geführten Ländern. Darüber hinaus dürfte sich im zweiten Halbjahr eine weitere Schwerpunktverschiebung ergeben, die ebenfalls bereits in einigen Ländern und Regionen klar absehbar wird. Stand am Anfang der Pandemie noch unumstößlich fest, dass in zivilisierten Ländern der Schutz menschlichen Lebens an allererster Stelle zu stehen hat und dafür auch schwerste ökonomische Opfer in Kauf zu nehmen sind, dürfte sich diese Maxime in den nächsten Monaten ändern. Immer lauter wird der Ruf nach Öffnung des gesellschaftlichen Lebens, selbst wenn ein erneuter Anstieg der Fallzahlen dabei nicht ausgeschlossen werden kann. Populistische Regierungen werden dem folgen. Zwar dürfte in den zivilisierteren Ländern unseres Kulturkreises die Kapazität des Gesundheitswesens auch weiter eine unverrückbare Grenze bilden, aber wie die Erfahrung aus den USA zeigt, wird vielerorts auch wieder geöffnet, selbst wenn dies absehbar zu steigenden Fallzahlen und einer Überforderung der Intensivmedizin führen wird. Mit anderen Worten: Die Wertmaßstäbe verschieben sich umso mehr, je stärker wirtschaftliche Schäden spürbar, je ungeduldiger eine coronamüde Bevölkerung und je geringer die Solidarität mit den am stärksten gefährdeten Risikogruppen wird.

Was das für Anleger bedeutet

Aus Sicht von Finanzmarktteilnehmern wird außerdem in den nächsten Wochen die Berichtssaison für die Unternehmensergebnisse des zweiten Quartals im Fokus stehen. Dies nicht so sehr wegen der erwartbar schlechten Zahlen für Q2 selbst, sondern eher wegen des Ausblicks, den die Finanzchefs in den Telefonkonferenzen für die Geschäftsaussichten der nächsten Monate geben. Denn diese dürften mit Ausnahme weniger Branchen sehr mau sein. Gut für Aktienanleger, dass die Zentralbanken mit beiden Füßen auf dem Gaspedal stehen bleiben. Denn dadurch werden selbst bei wieder sinkenden EPS-Schätzungen (nach erstem Abrutschen im April/Mai haben sich die Gewinnerwartungen zuletzt auf einem recht komfortablen Niveau stabilisiert) die Bewertungen gestützt. Aus Perspektive des KGV dürften Aktien dann zunehmend teuer aussehen, weswegen es in Zeiten zentralbankbefeuerter Aktienmärkte sinnvoller sein kann, eher auf andere Bewertungsmaße wie etwa die Aktienrisikoprämie zu schauen.



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