Marktausblick Woche 29: Europa steht sich selbst im Weg

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Das Update zur Woche mit Dr. Martin Lück






BlackRock Marktausblick 14. Juli 2020


Eigentlich müßte es eine Blütezeit Europas sein. In Trumps Amerika verabschiedet sich jeglicher Rest politischer Kultur, und das immer deutlicher China-dominierte Asien versinkt in offener Autokratie. Europa, so sollte man meinen, müsste in derart trüben Zeiten attraktive Alternativen im Angebot haben.

Wenn dem so ist, dann bleibt es auf elegante Weise verborgen. Statt gemeinsam in Richtung Zukunftsfähigkeit zu gehen, was Bereiche wie nachhaltiges Wirtschaften und technologische Führerschaft ebenso einschließt wie Verteilungsgerechtigkeit und das Verteidigen einer freiheitlichen Werteordnung, setzen die Mitgliedsländer der EU auch weiterhin auf Konfrontation. Bestes Beispiel ist die festgefahrene Diskussion um den EU-Haushaltsrahmen für die Jahre 2021-27. Hier möchten einige, eher in der Nordhälfte Europas beheimatete Länder das Volumen auf 1% der Wirtschaftsleistung begrenzen, andere im Süden und Osten sprechen sich für höhere Ausgaben aus, nicht ohne Hoffnung, selbst davon zu profitieren. Noch kniffliger erscheint darüber hinaus der Versuch, EU-Ausgaben an die Einhaltung rechtstaatlicher Grundsätze zu koppeln. So würde die EU-Kommission gern so manchem osteuropäischen Autokraten, der durch Gleichschaltung der Justiz oder Unterdrückung freier Medien nicht mehr so ganz den rechtstaatlichen Grundsätzen der EU genügt, die Mittel kürzen, aber das erscheint schwierig. Denn jetzt rächt sich, was schon vor 16 Jahren absehbar war, dass man nämlich die damalige Osterweiterung nicht ohne konsequente Durchsetzung des Mehrheitsprinzips bei EU-Entscheidungen hätte geschehen lassen dürfen. So kann nun heute jedes noch so bedeutungsarme EU-Land weiter einen erheblichen Teil seines BIP aus Brüsseler Subventionskassen bezahlen lassen, ohne sich selbst bei schweren Verstößen gegen die Rechtstaatlichkeit mehr als einen erhobenen Zeigefinger gefallen lassen zu müssen. In Polen, wo am vergangenen Sonntag der nationalistische Präsident mit hauchdünner Mehrheit wiedergewählt wurde, darf man sich durch das eigene Wahlvolk bestätigt fühlen.

Aus diesem Grund führt auch das Tauziehen um den Corona-Wiederaufbaufonds mit seinem geplanten Umfang von 750 Mrd. Euro in die falsche Richtung. Denn keineswegs sind nur diejenigen „pro Europa“, die eine bedingungslose Ausschüttung nicht rückzahlbarer Hilfen befürworten. Und genauso wenig sind die als „sparsame Vier“ verschrieenen EU-Länder (Österreich, Niederlande, Schweden und Dänemark) sture Blockierer, nur weil sie angemessene Anreize für die Beihilfen, aber auch Reformen im Gegenzug verlangen. Bis vor kurzem stand ja auch die deutsche Bundesregierung auf der Seite dieser Forderungen. Nun hat aber die Bundeskanzlerin, kurz vor Ende ihrer Amtszeit und gerade rechtzeitig zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft, den Hebel umgelegt, wodurch Österreich & Co. nach dem Brexit der nächste wichtige Alliierte im Kampf gegen die bedingungslose Vergemeinschaftung von der Fahne gegangen zu sein scheint.

Und dies verdeutlicht einmal mehr das europäische Dilemma. Während nur geschlossenes Auftreten und Handeln dem alten Kontinent einen bedeutsamen Platz in der globalisierten Welt sichern kann, kämpft jede Regierung weiter für die eigenen Interessen, ob bezüglich EU-Haushalt, Migration oder Klima. Und während die Antwort auf die nicht mehr koordinierbare Vielfalt an Einzelinteressen tiefere politische Integration wäre, ist zu dem damit verbundenen Souveränitätsverzicht kaum ein Land ernsthaft bereit. Stattdessen versucht die EU weiterhin, 27 Einzelinteressen mit den jahrzehntealten, als unzureichend bekannten Mauschelmechanismen zum Einklang zu bringen. Die Tatsache, dass nun auch noch persönliche Eitelkeiten dazukommen, wie die ständigen Kabbeleien zwischen Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen und Charles Michel, dem Präsidenten des Europäischen Rates zeigen, ist alles andere als förderlich.


Was das für Anleger bedeutet

Der geneigte globale Investor schaut demzufolge mit einer gewissen Konsterniertheit nach Europa. Zurzeit mag der alte Kontinent attraktiv erscheinen, weil trotz aller oben beschriebenen Zwistigkeiten sein politischer Apparat im Vergleich mit den USA paradiesisch aussehen mag und nicht ganz so grauenhaftes Corona-Management eventuell einen früheren ökonomischen Neustart aus der Krise ermöglicht. Ein derartiger zyklischer Vorteil spräche für Europa. Längerfristig betrachtet könnte aber das Interesse an Europa und der zurzeit feste Euro eher ein Zeichen amerikanischer Schwäche sein. Bevor wir Europäer uns angesichts des vermeintlichen Verfalls Amerikas oder der Inkompatibilitäten Asiens selbstzufrieden zurücklehnen, sollten wir unsere Hausaufgaben erledigen. Ohne tiefgreifende Reform der EU - inklusive Währungsunion - dürfte Europa auf dem absteigenden Ast bleiben.



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