US-Ölpreis erstmals im Minus - Verkäufer müssen zahlen

Reuters · Uhr

- von David Gaffen

New York/Frankfurt (Reuters) - In den USA ist der Öl-Preis wegen der Coronavirus-Pandemie erstmals in seiner Geschichte ins Minus gestürzt.

Verkäufer müssen Geld zahlen, damit jemand ihn das Öl abnimmt: Der Preis für den Terminkontrakt auf die US-Sorte WTI für Mai brach am Montag um knapp 56 Dollar auf minus 37,63 Dollar je Barrel (159 Liter) ein. Das entsprecht einem Rückgang von 306 Prozent. Käufer stehen jedoch vor dem Problem, dass die Kapazitäten der Lager bald erschöpft sein dürften. Experten schätzen, dass in ein bis zwei Monaten die Tanks weltweit zum Überquellen gefüllt sein werden. Die Pandemie hat die Öl-Nachfrage weltweit um fast ein Drittel einbrechen lassen.

Der Absturz des Mai-Kontrakts ließ auch andere fallen. US-Öl zur Lieferung im Juni verlor 18 Prozent auf 20,43 Dollar je Barrel. Die Nordsee-Sorte Brent sank fast neun Prozent auf 25,57 Dollar. "Wer keine Lager hat, muss aussteigen", sagte der Branchenexperte und Berater Phil Verleger. In den vergangenen Wochen stiegen die US-Bestände um knapp ein Fünftel und liegen mit gut 500.000 Millionen Barrel auf dem höchsten Stand seit etwa drei Jahren. Am amerikanischen Öl-Zentrum Cushing im Bundesstaat Oklahoma waren die Lager vor vier Wochen noch halbvoll, nun sind sie bei 69 Prozent. Immer mehr Tanker werden als schwimmende Lager genutzt. Insidern zufolge verdoppelte sich die dort geparkte Rohölmenge binnen zwei Wochen auf den Rekordwert von 160 Millionen Barrel.

"JETZT SETZT DIE REALITÄT EIN"

Die Öl-Analystin Louise Dickson von Rystad Energy erklärte, das Problem des Überangebots habe sich bereits im März abgezeichnet. Allerdings habe sich der Markt zunächst einer "Preis-Utopie" hingegeben. "Seitdem haben die Händler die Preise auf der Grundlage von Spekulationen, Hoffnungen, Tweets und Wunschdenken hoch und runter geschickt", sagte sie. "Aber jetzt setzt die Realität ein."

Verschärft wurde der Verfall durch den Preiskrieg zwischen den großen Förderländern Saudi-Arabien und Russland. Weil sich die "Opec+", zu der neben den Mitgliedern des Exportkartells weitere Förderländer wie Russland gehören, Anfang März nicht auf eine Förderbremse einigen konnte, drehte Saudi-Arabien den Ölhahn zeitweise bis zum Anschlag auf. Die großen Exportländer hatten zwar auf eine Drosselung der Fördermengen ab Mai um knapp zehn Millionen Barrel pro Tag geeinigt. Die Internationale Energie-Agentur IEA taxiert allerdings den Nachfrage-Rückgang durch die Beschränkungen des öffentlichen Lebens im April auf 29 Millionen Barrel pro Tag.

Eine besondere Rolle spielen die US-Produzenten. Wegen des technisch aufwändigen Fracking-Verfahrens und vertraglicher Verpflichtungen dauere die Stilllegung einer Bohrung einige Zeit. US-Schieferölförderer haben bereits Investitionen drastisch zusammengestrichen, um Kosten zu sparen. Sie benötigen Experten zufolge allerdings einen Ölpreis von etwa 50 Dollar, um profitabel zu arbeiten. Einige Firmen mussten bereits aufgeben.

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