Wirecard und Telegram planen gemeinsame Payment- und Bankingplattform auf Blockchain-Basis

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Wirecard stößt in den Bereich der Blockchain-Technologie vor. Wie das Unternehmen am Mittwoch öffentlich gemacht hat, wird man zusammen mit dem Kurznachrichtendienst Telegram an einer gemeinsamen, blockchain-basierten Finanzplattform arbeiten, auf der Payment- und Banking-Dienstleistungen angeboten werden sollen.

Dazu wird Wirecard mit TON Labs zusammenarbeiten, die hinter der dezentralen Telegram-Open-Network-Infrastruktur (TON) stehen. TON Labs übernimmt bei der Kooperation den technischen Part, während Wirecard seine Expertise in Sachen digitaler Finanzdienstleistungen einbringen soll.

Projekt soll „synergetische Fintech-Lösung der nächsten Generation“ werden

Georg von Waldenfels, Executive Vice President für Group Business Development bei Wirecard, zeigt sich optimistisch: „Wir freuen uns sehr über die Zusammenarbeit mit TON Labs. Deren umfassende Erfahrung mit hochskalierbaren Technologien und dezentralen Lösungen, sowie das starke globale Wachstum des Telegram Messengers, werden entscheidend für den Erfolg unseres gemeinsamen Programms sein.“

Alexander Filatov, Managing Partner bei TON Labs, fügt hinzu: „Die Aufnahme von TON Blockchain in das wachsende Ökosystem von Telegram eröffnet neue Möglichkeiten für geschäftliche und technologische Innovationen. Wir freuen uns, mit einem der dynamischsten und innovativsten Finanztechnologieunternehmen der Welt zusammenzuarbeiten, um synergetische Fintech-Lösungen der nächsten Generation auf den Markt zu bringen.“

Über die Details der angebotenen Dienstleistungen ist bisher nichts bekannt, die beiden Unternehmen wollen die Einführung neuer Produkte laut eigener Aussage schrittweise ankündigen und zu gegebener Zeit weitere Einzelheiten zur Verfügbarkeit nennen.

Wer ist TON Labs?

TON Labs ist ein zentraler Infrastruktur- und Ökosystementwickler für TON (Telegram Open Network), der neuartige Möglichkeiten für die Interaktion von Benutzern mit Fintech-Diensten umsetzen will.

Das Telegram Open Network (TON) ist laut Entwicklern eine schnelle, sichere und skalierbare Blockchain- und Netzwerkplattform mit Unterstützung von Micropayment-Kanälen und Zahlungsnetzen auch außerhalb einer Blockchain. Die Integration von Telegram und TON soll das Ziel haben, Blockchain-Technologien und verteilte Dienste für Millionen von Nutzern zugänglich zu machen.

Der Messengerdienst Telegram hatte im Frühsommer 2018 bei einem Initial Coin Offering (ICO), das nicht für die breite Öffentlichkeit zugänglich war, die beeindruckende Summe von 1,7 Milliarden Dollar von etwa 200 privaten Investoren eingesammelt. Mit der eingesammelten Summe will Telegram die eigene App weiterentwickeln und die Blockchain-Plattform Telegram Open Network (TON) starten, die in die App integriert werden soll. TON ist ein Versuch, Lösungen für anonymes Browsen, Dateispeicherung und Zahlungen bereitzustellen.

Blockchain kurz erklärt

Eine Blockchain ist ein dezentrales Netzwerk aus Computern, die miteinander verbunden sind und Informationen separat abspeichern. Im bisher gängigsten Anwendungsfall von Kryptowährungen sind die gespeicherten Informationen eine Art offenes Kassenbuch, in dem eingetragen wird, welcher Netzwerkteilnehmer wie viele Einheiten von der jeweiligen Kryptowährung hat und wie sich die Verhältnisse durch ausgeführte Transaktionen ändern. Das angestrebte Ziel dahinter ist, dass Drittparteien, wie beispielsweise Banken, durch die technische Struktur einer Blockchain überflüssig werden (könnten). Man muss also niemandem mehr sein Geld „anvertrauen“, da die Sicherheit durch das dezentral organisierte Netzwerk und die kryptographische Verschlüsselung gewährleistet wird. Die Informationen werden dabei in Datenblöcken gespeichert und kryptographisch „aneinander gekettet“.

Das Telegram Open Network soll folgende blockchain-basierte Anwendungen haben:

Lagerung: Verteilte Dateispeicher-Ebene mit Torrent-ähnlichem Zugriff, um Speicherdienste bereitzustellen, die einer Dropbox ähnlich sind. (Sichere und anonyme Speicherung von Daten)

Proxy: Dezentraler VPN-Dienst basierend auf der Blockchain, die eine sichere TOR-Alternative für Browserumgebungen bietet. (anonymes Surfen im Web)

DNS: Plattform für Drittanbieter-Dienste jeglicher Art mit Smartphone-freundlichen Schnittstellen. (Websites, Streaming, Plattfromen, etc.)

Zahlungen: Plattform für Mikrozahlungen und Peer-to-Peer-Transaktionen. (In Form von Kryptowährungen?)

Wie passt Wirecard da hinein?

Wirkliche Details zur Zusammenarbeit wurden bisher nicht genannt. Es ist jedoch nachvollziehbar, dass Wirecard als ein Anbieter für digitale Zahlungsmethoden ein Interesse daran hat, in den Bereich der Blockchain-Technologie einzusteigen, da diese (zumindest in der Theorie) als disruptiver Faktor der traditionellen Finanzwelt und ihren bisherigen Bezahlstrukturen gefährlich werden kann.

Wirecard mit seiner Expertise im Online-Bezahlsegment könnte als geeignete Schnittstelle dienen zwischen der neuen Technologie und dem Endnutzer, der bisher nur an die gängigen Bezahlmethoden gewöhnt ist. Wirecard kann dies liefern und im Hintergrund die Verknüpfung mit der Blockchain erstellen, ohne das der Nutzer etwas tun muss, wie beispielsweise selbst Kryptowährungen zu kaufen, oder ähnliches. Telegram wiederum bietet mit seiner App, die monatlich mehrere hundert Millionen aktive Nutzer aufweisen kann, eine starke Infrastruktur.

Vorstellbar wäre, dass Wirecard als Einstiegsplattform für den Nutzer fungieren soll und eine Brücke von den eigenen Online-Konten hin zur Blockchain von TON bereitstellt. Ob Kryptowährungen in dem gemeinsam geplanten Projekt eine Rolle spielen, oder nur Fiat-Geld wie Euro, wird ebenfalls noch eine entscheidende Rolle für das Geschäftsmodell spielen. Viele Blockchain-Projekte scheitern bisher an der Hürde einer nicht vorhandenen Banklizenz, um ihre Projekte zu realisieren, bei dem der Umtausch von normalem Geld zu Kryptowährungen involviert ist. Mit Wirecard würde Telegram einen Partner mit einer solchen Lizenz für sein Blockchain-Netzwerk erhalten.

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Von Alexander Mayer

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Titelfoto: Production Perig/ Shutterstock.com

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