Deutsche Börse

Sinn und Unsinn des Feiertagshandels

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Quelle: Westlight/Shutterstock.com

Morgen ist Fronleichnam. Dieses katholische Fest ist nicht in allen Bundesländern ein Feiertag, wohl aber in den drei bevölkerungsreichsten Bundesländern Deutschlands: Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg.

Auch im Bundesland des Börsenstandorts Frankfurt am Main ist morgen ein offizieller Feiertag. An der Börse in Frankfurt wird aber dennoch gehandelt. Die Akzeptanz des Feiertagshandels ist allerdings gering und die Sinnhaftigkeit sehr umstritten.

Kritik am Feiertagshandel

Bereits vorgestern vor 22 Jahren - am 05.06.2001 - titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung mit der Schlagzeile „Grundidee der Börse verfehltüber den Feiertagshandel. So heißt es in dem Artikel unter anderem:

„Der Gedanke der Börse ist doch, so viele Marktteilnehmer und damit so viel Umsatz wie möglich auf einen Zeitraum zu konzentrieren. Der Handel hat dann stattzufinden, wenn alle Teilnehmer da sind.“ Nicht nur die verlängerten Handelszeiten, auch der Feiertagshandel widersprächen diesem Gedanken.

Tatsächlich erfüllt der Börsenhandel an Feiertagen keineswegs die Aufgabe, Angebot und Nachfrage der größten Zahl von Investoren zusammen zu führen. Die vielen Kleinstaufträge in den Orderbüchern beweisen, dass sich die institutionellen Investoren wie etwa Fonds an Feiertagen vornehm zurückhalten. Bleibt die Mehrzahl der Teilnehmer diesem Marktplatz fern, verlieren die zu Stande kommenden Kurse ihre Aussagekraft. Der Unmut der Marktteilnehmer richtet sich besonders gegen die Deutsche Börse AG und ihre Träger, die über die Transaktionsgebühren vom Handel profitieren.

Am bundesweiten Feiertag: Die Himmelfahrtsrally 2023

Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit stellen den Sinn des Feiertagshandels klar in Frage: Nachdem sich der Dax-Future in den vier Handelstagen vor Himmelfahrt 2023, vom 12. Bis zum 17. Mai – in einer Handelsspanne von weniger als 130 Punkten bewegt hatte, explodierte der FDAX förmlich pünktlich um 9 Uhr an Christi Himmelfahrt - ein bundesweiter Feiertag seit 1934 - unter lediglich durchschnittlichen Umsätzen um mehrere hundert Punkte gen Norden.

In der Regel führt solch eine Bewegung zu stark steigenden Umsätzen, weil Stop-Loss-Orders ausgelöst werden und Momentum-Trader auf die Bewegung "draufspringen". Dies war am 18. Mai 2023 nicht der Fall, wie ein Blick auf den FDAX-Chart unschwer belegt. Die Umsätze bei den Einzelaktien im Präsenzhandel waren ebenfalls sehr dünn an dem Tag.

Quelle: Tradingview

Während sich das Gros der deutschen Kleinanleger und institutionellen Händler – in den Banken gibt es an den Feiertagen in der Regel nur eine Notbesetzung in den Handelssälen – auf einer Herren- beziehungsweise Vatertagstagspartie oder beim Familienausflug befand, bewegte sich der deutsche Leitindex somit um knapp 300 Punkte gen Norden. 

Zum Vergleich: Im Zeitraum zwischen dem 13. April und dem 17. Mai betrug die Spanne zwischen Hoch und Tief im XETRA-Dax gerade einmal 349 Punkte.

Allzeithoch am Brückentag

Am Brückentag nach Christi Himmelfahrt – erneut ein Tag mit wenig Liquidität und unterdurchschnittlichen Umsätzen – wurde dann gar ein neues Allzeithoch im deutschen Leitindex oberhalb von 16.330 Punkten markiert. Es dauerte dann lediglich zweieinhalb Handelstage in der darauffolgenden Woche um die komplette Himmelfahrtsrally wieder zu korrigieren.

Pfingstmontag - kaum Umsätze!

Bereits 2001 sorgte der Börsenhandel am Pfingstmontag für Kopfschütteln unter professionellen Marktteilnehmern. So heißt es im bereits erwähnten FAZ-Artikel vom Juni 2001:

Auch nach dem Pfingstmontag erhitzt der Feiertagshandel die Gemüter auf dem Parkett. „So etwas Idiotisches gibt es nur in Deutschland“, macht ein Aktienhändler seinem Unmut Luft. „In den USA wäre dieser Blödsinn undenkbar.“ Nicht einmal alle Dax-Werte seien am Pfingstmontag zu ordentlichen Umsätzen gehandelt worden.

Ein Blick auf die gehandelten Kontrakte im DAX-Future am vergangenen Pfingstmontag zeigt, dass lediglich knapp 28.000 Kontrakte gehandelt wurden. Das war nicht einmal die Hälfte vom Freitag zuvor und der niedrigste Wert im Kalenderjahr 2023 bislang.

Ergo: Braucht kein Mensch!

Quelle: Tradingview

In den USA war am Pfingstmontag im Übrigen ebenfalls ein Feiertag. Es wurde der so genannte "Memorial Day" gefeiert, man gedachte der gefallenen US-Militärs in den Kriegen der vergangenen 250 Jahre. Sämtliche US-Börsen waren an diesem Tag - natürlich - geschlossen.

Fazit:

In einem weiteren kritischen FAZ-Artikel vom 3. Oktober 2002 zum Feiertagshandel heißt es als Fazit

Wegen der meistens dünnen Umsätze, der damit oft verbundenen zufälligen Kursfindung und der mangelnden Akzeptanz sollte die Deutsche Börse AG ihre Position in Sachen Feiertagshandel noch einmal überdenken. Ansonsten läuft sie Gefahr, bald überall als selbstherrliche und eigenbrötlerische Institution zu gelten.

Dem ist absolut nichts hinzuzufügen.

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